Pyrenäen – Tag 12 – hart nordwärts

Schlafen in der Höhle

Was für eine Nacht. Das Bett war gemütlich, die Bettdecke ein Traum und dennoch haben wir beiden nicht wirklich gut geschlafen. Keine Ahnung, woran das gelegen hat. War es zu warm? War das Zimmer durch die dicken Wände zu finster? Wir wissen es nicht, aber haben uns auf unseren Reisen an solche Nächte inzwischen gewöhnt. Da unser Zimmer im ersten Stock und der Aufenthaltsraum zum Ausbreiten unten ist, verbringen wir den Morgen mit planlosem Rauf- und Herunterrennen, bis dann auch alles halbwegs verstaut ist, und wir das Gefühl haben, den Überblick zu haben!

Bevor wir frühstücken, bekommt die kleine Schwarze noch mal etwas Öl. Aber um 7:30 Uhr sitzen dann auch wir am toll gedeckten Frühstückstisch. Ich finde es bei den Privatzimmervermietern in Frankreich bewundernswert, wie die Gastgeber ihre Privaträume öffnen und damit leben, dass Gäste in Ihrem privaten Wohnzimmer und an ihrem eigenen Küchentisch sitzen. Aber es ist einfach persönlicher als in jedem Hotel!

 

Start am Maison de la Dromandise

 

Die Sonne kämpft sich durch die Schleierwolken

 

Abfahrt in einen kühlen Morgen

Ich bin unsicher, ob ich mich erkältet habe und ziehe daher heute morgen mal lieber eine Schicht mehr an! Ausziehen ist mittags einfacher, als zwischendrin sich wärmere Sachen drunter zu ziehen. Es ist ein toller Morgen, als wir um 8:30 Uhr unsere Etappe nach Macon starten. Es sind schattige sechs Grad, als wir über die über 1000 m hohen Hügel der Auvergne Region fahren. Wir sind heilfroh, alle Sachen anzuhaben, die wir so anhaben. Wir genießen dennoch die Eindrücke und Ausblicke, die in dieser Luft so ganz anders sind. Durch die kühle Luft beschlägt nicht nur mein Visier, auch Monika im Rückspiegel wird immer verwaschener!

 

Blick über die Auvergne am Morgen

 

Es ist kühl aber wunderschön

 

Immer diese kurvigen Strecken

 

Französisch in der Praxis

Diese Region ist landwirtschaftlich sehr geprägt. Ich muss daher auf den ersten zehn Kilometern aufpassen, damit ich Monika nicht sämtlichen Dreck von der Straße vor ihr Visier werfe! Wir wollen Richtung Monastiere und große Warnschilder warnen vor einer gesperrten Straße. Monika bewundert mich für die Zuversicht, mit der ich an allen Hinweistafeln vorbeibrause und anders als noch vor ein paar Tagen, lieber nicht nach einer Alternative Ausschau halte. Hinweis an alle Motorradfahrer, die Abkürzung “PL” auf Warnschildern steht für “poids lourds”, also den Schwerverkehr. Ich ahne also, dass es für uns dort weitergehen wird. Tatsächlich, die Straße ist auf einer Hälfte komplett abgesackt, und ich bin froh, dass wir hier nur mit unseren Leichtgewichten drüber fahren müssen.

 

Hinter le Pont des Moulines zeigt sich die Sonne über den Wiesen

 

Gorges de la Loire

Über den im Dunst liegenden Hügeln taucht ein Heißluftballon auf. Leider lohnt sich ein Foto nicht, man würde diesen kleinen Punkt am Himmel gar nicht erkennen! Wir lassen Le Puy-en-Velay im wahrsten Sinne des Wortes links liegen und folgen den Gorges de la Loire. Aber wie breit hier alles ist im Vergleich zu den Gorges der Cevennen. Wir kommen gut und entspannt voran. Bei Lavoute-sur-Loire schlagartig dichter Nebel über der Landschaft. Links taucht wie aus dem Nichts ein Schloss im Nebel auf und verschwindet so schnell, wie es erschienen ist. Der vor mir fahrende Lkw schlägt mit seinem Aufbau den Tau des Platanenlaubs direkt aufs Visier! Heh! Lass das!

 

Viaduct bei Orzilhac

 

Einstieg zur Loire bei Chadrac

 

Wunderschön und so friedlich liegt die Loire vor uns

 

Breite Straßen in den Gorges, hier kann man es laufen lassen

 

Nebel zieht über die Loire und…

 

… wenige Sekunden später ist die Sicht dann weg

 

Ich habe kalte Hände und schalte die Griffheizung ein. Es bleibt aber leider bei dem Versuch, denn das Display bleibt dunkel! Wann habe ich die eigentlich das letzte Mal angehabt? Nun ja, so langsam kommt die kleine Schwarze dann wohl in die Jahre.

 

Kaffeepause an der Loire

In Retournac halte ich noch mal für einen Fotostopp an einer tollen Brücke. Eine kleine Bar bietet sich direkt daneben für eine kurze Pause an. Wir genießen es, in der Sonne zu sitzen und müssen anschließend tatsächlich 3 € für zwei Milchkaffee bezahlen. Wovon leben die Leute hier?

 

Kurz vor Retournac noch einmal hoch über der Loire

 

So eine friedliche Stimmung

 

Tolle Blumen umrahmen die Brücke

 

Ich werde beim Fotografieren fotografiert

 

Posing getrennt nach Monika..

 

… und Julia

 

Aber ein Selfie muss natürlich auch sein

 

Eine tolle Bar am Straßenrand

 

So günstig haben wir noch nie Kaffee getrunken

 

Die beiden Motorräder stehen vor einem Lost Place

 

Ob dieses Auto noch fährt?

 

Weiter? Noch weiter!

Wir gehen zurück an die Motorräder, und innerhalb von 5 Minuten entsteht spontan eine neue Idee! Da die Wettervorhersage für den morgigen Tag und unsere Etappe bis in die Nähe von Basel noch schlechter ist als an unserem Regentag in Spanien, schauen wir kurz auf die große Frankreichkarte, tippen ein bisschen auf meinem Navigationsgerät herum und entscheiden spontan, unser heutiges Hotel in Macon ausfallen zu lassen. Wir wollen schauen, wie weit wir es heute noch nach Norden schaffen. Wir haben so tolle Tage gehabt und wundervolle Strecken gefahren, da wollen wir jetzt tatsächlich nichts mehr riskieren! Jeder Kilometer im Trockenen zählt!

 

Regenradar für den morgigen Tag

 

Fahre ich normalerweise mit Übersichtskarten im Maßstab von ungefähr 1:200.000, nützt mir das auf der Weiterfahrt ab hier gar nichts! Ich müsste alle halbe Stunde die Karte drehen, um die Orientierung zu behalten. Wie gut, dass Monika eine Übersichtskarte von Frankreich im Maßstab 1:1.000.000 dabei hat. Für die Orientierung ist dies genau das, was ich brauche, um auch die entfernt ausgeschilderten Ortschaften schnell zu finden! Ab jetzt ist Monika orientierungslos. Das Navi hat den Dienst quittiert, die Freundin ihr die Karte geklaut. Was für eine Reise.

 

Abschied von der Loire – schön war’s mit Dir

 

Wir geben als grobe Richtung das eigentlich für den letzten Tag geplante Hotel ein, und ich aktiviere die Funktion “Autobahn vermeiden” auf dem Navigationsgerät. Los geht es! Fahren wir die ersten Kilometer noch auf der großen N88, so wechseln wir in Saint-Étienne auf die Autobahn nach Lyon. Ich bin mir nicht sicher, was mein Navi an “Autobahn vermeiden” nicht verstanden hat! Aber es ist mir jetzt egal, dann kommen wir halt noch schneller und mautfrei rund um Lyon herum.

 

Durch die Großstadt

Bingo! Einen Kilometer vor dem Autobahnkreuz zur Peripherique um Lyon beschließt mein Navi komplett auszusteigen und einfach keine Route mehr anzuzeigen. In den Gewühl zur Mittagszeit weiß ich mir nicht anders zu helfen, als einfach an der nächsten Ausfahrt abzufahren. Wir stehen in einer riesigen Baustelle, und mein Navi und ich müssen uns noch einmal von Grund auf neu sortieren! Jetzt sollte es funktionieren. Weiter geht es! Wir umrunden Lyon in einem großen Bogen und verlassen die Großstadt nördlich über die D1083 Richtung Bourg-en-Bresse.

 

Auf der autobahnähnlichen N88 überqueren wir die Rhone

 

An der ersten Tankstelle nach der Autobahn ein kurzer Halt

 

Mittagspause in schnell

Ich habe Hunger und das eintönige Fahren auf den großen Straßen lässt einen darüber noch mehr nachdenken! Ein McDonald’s wirft sich mir den Weg. Hier können wir sicherlich eine besonders schnelle Pause machen! Es ist vielleicht zur Mittagszeit nicht die beste Idee, in einem Schnellrestaurant an ein schnelles Restaurant zu glauben. Hinz und Kunz und auch deren Freunde tummeln sich in dem völlig chaotischen Bestellbereich, und das wild durcheinandere laufende Personal sorgt nicht gerade für Entspannung. Aber egal, wir sitzen, essen, wärmen uns auf und beratschlagen grob über die Optionen des Tages. “So weit wir kommen”, lautet die Devise. Also geht es eine Dreiviertelstunde später schon wieder weiter, immer weiter Richtung Nordosten. Mich fasziniert es immer wieder, wie Landes- oder Bundesstraßen manchmal auf 30 km/h in den Ortschaften beschränkt sind und sich der gesamte Verkehr durch diese Nadelöhre quält, um sich wenige Kilometer später autobahnähnlich ausgebaut vierspurig durch die Landschaft zu winden.

 

Schneller Stopp am schnellen Restaurant

 

Wir kommen wirklich gut voran und so langsam reift der Gedanke, dass wir es doch bis zu unserem eigentlich letzten Hotel in der Nähe von Basel in einem Rutsch schaffen. Dann könnten wir am nächsten Tag einen kompletten Pausentag einlegen und müssten uns nicht noch einmal für 100 Kilometer in die Regensachen zwängen! Ob wir das wohl schaffen?

 

Fahren – Pause – Fahren – Pause

Mehrere Schwertransporte kommen uns entgegen, und das vorausfahrende Begleitfahrzeug drängt uns an den Straßenrand! Bei der sich hinter dem Schwerfahrzeug befindlichen unendlichen Schlange an Autos bin ich froh, dass wir diese Fahrzeuge nicht in unsere Fahrtrichtung haben. Wir kämen keinen Meter vorwärts. So aber kommen wir wirklich gut voran und lassen auch schon Lons-en-Saunier hinter uns. Haben wir hier nicht die erste Übernachtung gehabt? Genau! Das Hotel mit der Pizzeria im Foyer!

 

Wieder einmal diese unendlich hohen Platanen

 

Auch wenn wir gut und lange im Sattel sitzen bleiben können, ganz ohne Pausen geht es auch bei uns nicht.

 

Es zieht sich

Die Großstadt Besancon ist unser nächstes Ziel und wir fahren Kilometer um Kilometer gegen die Uhr. Wir würden gerne vor der Dämmerung unser Tagesziel erreichen. Hinter Besancon verfranst sich das Navigationsgerät wieder ein wenig. Es geht ein Stück nach Vesoul, dann finde ich in einer Baustelle nicht zurück und schlussendlich entscheidet sich das elektronische Helferlein für eine Route quer übers Land. Wir queren über Montbozon und Villersexel Richtung Belfort.

 

Vor Besancon überqueren wir die Loue

 

Es geht ziemlich lange ziemlich weit geradeaus.

 

Endspurt

Es sind noch 100 Kilometer bis zum Hotel und wir entscheiden: Das schaffen wir! Wir halten noch einmal kurz am Straßenrand, um Geist und Körper noch mal ein wenig auszuruhen. Ich nutze den Halt für eine feste Reservierung im Hotel, bisher waren wir nur grob angekündigt.

 

Eine letzte Rast zum Energie sammeln

 

In Villersexell bekommen die beiden durstigen Damen an einer Tankstelle noch mal Nachschub, aber nun sollte auf den letzten 85 Kilometern alles rund laufen. Die Dämmerung setzt ein und wir fahren mit wachsamen Augen auf den Wald links und rechts von uns durch ein Wildwechselgebiet. Aber Fortuna reist mit uns, und wir können um 19 Uhr auf den Hotelparkplatz des Hotels Au Soleil rollen. Wir freuen uns darüber, es so gut bis hierher geschafft zu haben.

 

Hart erarbeitetes Abendessen

Hatte ich mich bei der Buchung noch sehr gefreut, dass sie sogar ein spezielles Arrangement für Motorradfahrer anbieten, so bin ich beim Betreten des Hotels relativ ernüchtert. So schön wie auf den Prospekten ist es hier dann doch nicht. Aber wir haben ehrlichen Hunger, als wären wir heute wirklich lange Motorrad gefahren. Das Essen im Restaurant ist typisch für das Elsass. Es ist rechts fleischlastig und Monikas Frage nach einem vegetarischen Gericht führt fast zu einer Ohnmacht der Bedienung. Zu Monikas Erschrecken gönne ich mir meine geliebten Schnecken, bevor wir dann ziemlich müde die Hauptspeise genießen. Viel passiert heute nicht mehr bei uns!

 

Ich glaube, man sieht mir meine Freude über die Schnecken an

 

Ich gönne mir den einzigen Luxus, den dieses Hotelzimmer bietet! Ich lege mich nach dem 580 Kilometer langen Ritt von heute für eine halbe Stunde in die heiße Badewanne! Das tut gut! Lange sind die Lichter bei uns nicht mehr an und wir fallen erschöpft in die Betten! Hören wir beim Einschlafen etwa schon etwas Regen?

Gute Nacht!

 

Anmerkungen des Tages:

Anmerkung 1:

Wenn man im Schrittverkehr einen Kilometer lang einer Kuhherde folgt, werden die Reifen schmutzig. Wenn die Unterkunft ungefähr sechs Meter hinter dem Kuhstall liegt, werden die Reifen auch nicht mehr sauber.

 

So sahen die Reifen am Morgen aus.

 

Anmerkung 2:

Ich diktiere ja die meisten der Texte zunächst in mein Handy, um dann abends daraus verständliche Beiträge zu schreiben. Mit den Ortsnamen tut sich die Texterkennung eh immer schwer, das bin ich gewohnt, aber dieser Satz hat mich dann auch ratlos zurückgelassen:

“Hinter diesem Song für Franz sich das Navigationsgerät wieder ein wenig.”

Es dämmert mir: “Hinter Besancon verfranst sich das Navigationsgerät wieder. ”

Das ist wie bei Schwedisch: einfach langsam immer wieder vorsprechen, dann ergibt alles im Leben einen Sinn.

 

Anmerkung 3:

Viele werden nicht verstehen können, warum wir heute die lange Etappe auf uns genommen haben. Müssen sie auch nicht. Ist ja unsere Reise.

 

Unsere heutige Etappe – von links unten nach recchts oben

 

Anmerkung 4:

Ich nutze zum Verkleinern der Bilder und zum Verwenden des Wasserzeichens das Tool “Fast Stone Foto Resizer”. Ich bin jedesmal begeistert, in welcher Qualität und wie schnell die Bilder verkleinert werden. Ich reduziere bei den Bildern auf etwa 10 % der urspünglichen Größe und dies dauert bei 50 Bildern nicht einmal eine Minute.

 

Die Route

Die dargestellte Route wäre die urspünglich geplante Route nach Macon gewesen.

12_MI_St. Arcons_Macon_341  GPX

50 100 150 200 5 10 15 Entfernung (km) (m)
Keine Höhendaten
Name: Keine Daten
Entfernung: Keine Daten
Minimalhöhe: Keine Daten
Maximalhöhe: Keine Daten
Höhengewinn: Keine Daten
Höhenverlust: Keine Daten
Dauer: Keine Daten
 

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4 comments on “Pyrenäen – Tag 12 – hart nordwärts

  1. Eine Tagesetappe von 580 Kilometern Landstraße. Das spricht nicht nur für euer Durchhaltevermögen, sondern auch für eine V-Strom als Reisemaschine. Seit es diese neue 800DE gibt, bin ich ganz hingerissen von der Suzuki.
    PS: Textmarker auf Landkarte vom Regen verlaufen. Ich erinnere mich. Hmpff…

  2. Wir verwenden für solch einen Tag den Spruch: “Alles richtig gemacht!” Erinnere mich zaghaft, dass das Nordkap noch auf eurer Bucket-List steht. Dann war diese Distanz ein gutes Training, denn das Nordkap macht ihr bestimmt in 14 Tagen.!

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