Aufräumarbeiten
Wir haben eigentlich ganz gut geschlafen. Irgendwie muss da Holz, aus dem die Hütte gebaut ist, beruhigend auf uns wirken.
Allerdings haben wir es gestern geschafft, unsere Klamotten einmal komplett durcheinander zu wirbeln, so dass wir heute morgen vor einem großen Kleiderhaufen stehen und überlegen, wem was gehört.
Da die Geschwister Eisenarsch heute fast 500 km vor sich haben, sind wir froh, dass man uns gestern Frühstück für 8:00 Uhr avisiert hat. Wie beladen die Motorräder, befüllen die Trinkrucksäcke und gehen erwartungsvoll zum Frühstück. Aber nichts da! Tür zu, Licht aus! Und weit und breit niemand zu sehen.
Ganz ehrlich, bevor wir jetzt noch eine Viertelstunde warten, bis jemand langsam und gemütlich beginnt, das Frühstück zuzubereiten, machen wir uns lieber auf den Weg! Es wird sich ja irgendwo unterwegs etwas finden, wo wir frühstücken können.
Als ich den Schlüssel um 8:15 Uhr abgebe, ist dann auch endlich jemand da. Aber jetzt sind wir schon komplett angezogen und haben einfach keine Lust mehr zu warten.
Vartoppass
Von Garda de Sus aus steigt der Vartoppass steil in die Höhe! Hatte ich schon mal eine topographische Karte erwähnt?! Wieder einmal sind wir überrascht, wie schnell wir Höhenmeter machen und wie viele Kurven es auf so wenig Kilometer gibt. Wobei, so wenig ist untertrieben, immerhin kurven wir 40 Kilometer durch die Landschaft.
Starten wir noch in dichtem dunklen Nadelwald, ist die andere Seite des Bergs ein lichter Laubwald. Ähnlich unähnlich verhält es sich mit den Temperaturen. Sind wir noch bei 6 Grad losgefahren, sind es inzwischen 14 Grad auf der anderen Pass-Seite.
Kaffeestopp
Wir sind ohne Frühstück gestartet und haben schon 1,5 Stunden auf dem Motorrad gesessen. Hunger, Durst, müde, alles und auch ein bisschen “und überhaupt”!
In Beius finden wir ein nettes Café, in dem wir einen wirklich leckeren Latte Macchiato trinken! Da uns ein ausgewogenes Frühstück wichtig ist, nehmen wir Milchprodukte, Getreide und Kohlenhydrate zu uns. Andere würden es Neapolitaner Waffeln nennen! Aber es ist wirklich sehr nett hier und es macht uns gar nichts aus, das etwas andere Frühstück zu essen!
Baustellen auf der E79
Wir manövrieren unsere beiden beladenen Motorräder wieder in den fließenden Verkehr auf der E79.
Sind wir zuvor noch durch kühle Wälder gefahren, wird die Landschaft wieder karger, brauner und flacher.
Die E79 entwickelt sich auf den kommenden 30 km bis Oradea zu einer einzigen endlosen Baustelle! Zwar stehen wir nicht wie zwischen Brasov und Bran permanent mehrere Minuten an Ampeln, aber die Geschwindigkeit ist reduziert, immer wieder müssen Autos stark abbremsen wegen unbefestigter Stücke und auch die unzähligen einspurigen Passagen bremsen immer wieder uns und die LKWs aus! Ganz ehrlich, so macht man keine Kilometer!
Bei dem neu zu bauenden Kanal am Straßenrand macht man sich aber mal so was von keine Sorgen, wie zukünftig die Hausbesitzer ihre schon existierenden Zufahrten und Tore wieder an Straße, Kanal und Kanalhöhe anpassen können. Vermutlich wird mit rumänischer Gelassenheit und Improvisationsgeschick das schon irgendwie werden. 😉
Oradea und die Grenze
In Oradea nehmen wir die große LKW-Umfahrung außenrum. Diese ist zwar nicht hübsch, aber wirklich sehr komfortabel und schnell zu passieren! Aber als ich auch hier ein Pferdefuhrwerk sehe, falle ich fast vom Glauben ab! Aber niemanden stört dies, trotz großer Verbotsschilder.
Wir vertanken eben noch schnell die allerletzten Lei, stärken und mit Birne und Müsliriegel (ein Frühstück hatten wir ja immer noch nicht) und schon geht es weiter Richtung Grenze in Bors.
Wie anders geht es hier zu als an der beschaulichen Grenze hinter Vallaij, die wir auf der Hinfahrt genommen haben. Kilometer vorher beginnt auf der rechten Spur die LKW-Schlange für die Zollabfertigung und auch wir müssen uns wenig später in einer Schlange hinten anstellen. Wir verlieren zwar nur 20 Minuten, aber wieder verlieren wir Zeit! Wir wollen doch noch zum Balaton.
Willkommen in Ungarn
Ungarn empfängt uns so, wie wir es in Erinnerung haben. Flach und die Straßen gerade aus. Die ersten Kilometer bis Berettyoujfaiu sind anstrengend. Die lange LKW Kolonne von der Grenze teilt sich erst spät auf. Wir biegen dort aber Richtung Gyomeandrod ab. Immerhin wollen wir ziemlich gerade nach Westen!
Hunger haben wir so langsam, aber so richtig! Immerhin sitzen wir schon fast 240 km im Sattel der Motorräder! Leider finden wir aber in mehreren Orten nichts Passendes, wo wir sowohl nett sitzen, wie auch eine Kleinigkeit zu uns nehmen können. Als wir fast aufgegeben haben, stolpern wir in Szarvas über eine kleine Pizzeria. Was für ein Glücksfall! Die Motorräder im Blick, eine tolle Terrasse, köstliche Limonade und hätten wir geahnt, wie groß und schmackhaft die Pannini sind, wir hätten uns das Lokal schon vorher als Favorit abgespeichert.
Wir haben uns eine lange Pause verdient, die wir auch entsprechend genießen.
Autopilot
Auf den folgenden Kilometern schalte ich komplett den Autopiloten ein. Es geht immer wieder kilometerlang geradeaus, und nach 60 km weckt mich die Ansage meines Navis, dass irgendein Fahrmanöver erforderlich ist. Das Überholen der LKWs oder langsameren Autos geht aber problemlos und wir machen wirklich Meter! Kecskemet selber kostet uns wieder viel Zeit und ist einfach auch nicht schön! Entweder bauen Sie die Anschlussstelle zur Autobahn neu, oder auch die Umgehungsstraße wird neu gemacht, auf jeden Fall folgt Umleitung auf Umleitung.
Ein ganzes Stück unterhalb von Budapest überqueren wir bei Solt die Donau! Was für ein super Ausblick! Aber leider hat mein Autopilot vergessen, davon ein Foto zu machen. Kam auch irgendwie zu überraschend.
Unsere Ziele sind heute klein gesteckt. Unter 300 km, unter 200 km, nur noch zweistellig bei den Restkilometern, nur noch 50 und so weiter. Durch Ungarn durch hat man keine großen Ansprüche! Als wir Enying erreichen, wissen wir, dass wir es fast geschafft haben.
Yachtclub Balatonkenese
Balatonkenese ist nicht mehr weit. Bis in den Ort finden wir problemlos, aber als wir in ein ruhiges und nobles Wohnviertel stoßen, bin ich nun doch etwas unsicher. Ich nehme noch mal Google Maps zur Hilfe und zielstrebig finden wir die gut gesicherte Einfahrt zum Balaton Yachtclub in Balatonkenese. Standesgemäß öffnen sich lautlos die Gittertore und wir dürfen mit unseren staubigen Motorrädern auf das Privatgelände rollen.
So haben wir uns das vorgestellt, himmlische Ruhe, und ein kleiner Privatstrand. Schnell schmeißen wir uns in unsere Badesachen und lassen den anstrengenden Tag angemessen ausklingen!
Feierabend
Wir essen ebenfalls im Yachtclub zu Abend! Ein Abendessen zu zweit, inclusive Nachtisch und einer Flasche Wein bei dem Aublick für 30 Euro – unbezahlbar! 😉
Anmerkungen des Tages
Anmerkung 1:
Wenn der Kopf auf Autopilot ist, gehen die Anmerkungen durch einen Speicherfehler im Gehirn verloren!
Anmerkung 2:
Ich glaube, den nächsten Blog gibt es erst von der zusammengefassten Rückreise. Oder erst ein Fazit zu Rumänien! Heute, hier am Balaton, fühlt sich alles nach “Ich habe fertig” an!
Anmerkung 3:
Wir lassen uns nun treiben! Schnell bis zur österreichischen Grenze, ab da kurvenreich zu Monika. Mal sehen, ob wir das in zwei oder in drei Tagen schaffen. Ich muss ja dann auch noch nach Hause.
Anmerkung 4:
Jetzt ist mir doch noch eine Anmerkung eingefallen: Auf den letzten 150 Kilometern fliegen riesige Insektenschwärme an und um die Bäume am Straßenrand. Wir dachten zuerst, dort würde etwas brennen und dies wären Rauchwolken! Nur wenn man hindurchfährt, sieht man anschließend nichts mehr!
Anmerkung 5:
Hier stehen überall Schilder mit “toll”! Ich finde uns auch toll, aber brauche ich dafür wirklich eine Vignette?
Die Route
Toll…einfach toll, wie Du es jeden Abend schaffst, und Leser zu begeistern! Chapeau für Deine Ausdauer, Jule.
Nur mal eine Frage: habt ihr aus Gewichtsgründen nur einen Nagellack für die Füße dabei?
Gute Heimreise Euch beiden!
Ich beneide euch so sehr um diese Reise. Wollte ich doch auch noch im September auf die Transfagarasan und Transalpina. Dank Deines Blogs erlebe ich es zumindes im 2D Modus.
Liebe Grüße aus Wien
Es ist jedes Mal phantastisch, Euch via Tagebuch auf Eurer Reise begleiten zu dürfen! Da mir eine solch große Tour gesundheitlich leider nicht vergönnt ist, genieße ich umso mehr alle Deine Berichte, die derart kurzweilig und humorvoll verfasst ist, dass das Lesen richtig Freude macht und man insgeheim hofft, dass sie nie enden mögen!
Ich wünsche Euch eine gute und unfallfreie Heimreise und freue mich schon auf das (hoffentlich) nächste Abenteuer!!!
Liebe Grüße aus der Pfalz
Und jetzt? Wo ist Tag 13??? Oder seid ihr noch immer am Balaton? Oder ist etwas passiert? Mir fehlt der tägliche Literaturbeitrag von euch.
Grüße aus Wien
…rate mal warum dieser Bericht mein Favorit unter alles Tagesreports eurer Rumänienreise ist
Komm’ gut heim, ich freu mich auf die abschließende Gesamtbetrachtung