Pyrenäen – Tag Minus 1 – die vorverlegte Abfahrt

Prolog

Ich kann Schnee machen! Diesen Satz müssten sowohl meine motorradfahrenden Freunde, meine Familie und auch alle anderen Personen von mir schon gehört haben, ob sie es hören wollten oder nicht.

Egal, ob ich im Mai in den Bergen war –  oder im August –  oder im Herbst  – ziemlich verlässlich hat das Wetter genau in dem Moment umgeschlagen, als ich dort war. Bilder von kleinen Schneemännern kennt fast jeder in meinem Status und böse Zungen behaupten, ich solle dies doch auch ab und zu bei Schneemangel im Skigebiet mitten im Winter versuchen.

 

Eine Entscheidung muss her

Jetzt jetzt lebe ich dort, in Tirol auf über 1400 Metern. Morgen früh soll es eigentlich in die Pyrenäen losgehen.

Und was macht das Wetter? Es gibt einen Wintereinbruch! Und was für einen! Bei uns sind morgen früh bis zu 6 cm Schnee gemeldet und auf dem Weg zum ersten Treffpunkt mit Monika muss ich über den über 1700 m hohen Arlbergpass. Und nun?

Route ändern, früher fahren, es einfach riskieren? Ich entscheide mich hin, dann wieder her und dann noch mal einmal rund herum. Heute Vormittag bei einem letzten Blick in den Wetterbericht fällt dann die Entscheidung: Ich packe spontan mein Motorrad und mache mich am Nachmittag auf den Weg Richtung Vorarlberg. Zumindest den Arlbergpass will ich schon hinter mir lassen.

 

Der Schneeräumdienst steht schon bereit

 

Besondere Fracht

Kurz vor meiner Abreise meldet sich bei einem privaten Verkaufsportal eine junge Dame und möchte meine Schnittschutzkleidung kaufen. Das passt mir jetzt aber gar nicht! Weder kann ich den Geldeingang kontrollieren, noch schaffe ich es, das Paket vorher noch zur Post zu bringen! Da schreibt sie mir, dass sie aus Bregenz kommt. Mein gebuchtes Hotel liegt nur 30 km entfernt. Sie hat sogar Zeit, abends im Hotel vorbeizukommen, also nehme ich einfach zusätzlich zu meinem Gepäck für 14 Tage Motorradreise noch eine Schnittschutzhose, eine Forstjacke und den Forsthelm mit!

 

Es findet sich immer noch etwas Platz

 

Verkehrte Welt

Eingemummelt in 80% meiner Kleidung plus Regenkombi gegen Nässe und Kälte fahre ich nahezu bewegungsunfähig die elf Kehren von Fiss ins Tal hinunter. Ein Cabrio mit offenem Verdeck kommt mir fröhlich brummend entgegen! Ich fühle mich fehl am Platz als Michelin-Männchen.

 

Beim Start war wettertechnisch die Welt noch in Ordnung

 

Nur wenige Kilometer später zeigt sich aber dass ich den richtigen Riecher gehabt habe! Bei 5 Grad setzt heftiger Regen ein und ich bin um jede Schicht froh, die zwischen meinem Körper und dem grausigen Wetter liegt. Richtung St Christoph geht es wirklich zügig voran und trotz des schlechten Wetters ist meine Laune prächtig! Auf den Kehren herunter nach Stuben bremst mich und einige Mitstreiter in Autos ein unendlich langsamer LKW aus. Das hätte mir morgen bei den prognostizierten winterlichen Straßenverhältnissen noch genau gefehlt!

 

Endlich passt das Wetter zu meiner Kleidung

 

Der blaue LKW war nicht der Schleicher – er ist auch Leidtragender

 

Wechselhaftes Wetter

Trockene Phasen und Regen wechseln sich brav ab, so dass ich immer wieder einen regenfreien Blick auf die wolkenverhangen Berge und meine Umgebung habe! Ein Fahrradfahrer kommt mir voll bepackt den Berg hinaufstrampelnd entgegen. Es gibt noch Verrücktere als mich.

 

Dunkle Wolken drohen in der Ferne

 

Die letzte Etappe ist dankenswerterweise eine trockene, so dass ich nicht tropfend wie ein nasser Hund im Hotel einchecken kann. Der Blick des Seniorchefs ist trotzdem etwas kritisch, als ich das Foyer betrete. Nach einer heißen Dusche treffe ich mich dann mit der jungen Dame aus dem Verkaufsportal und wir machen den Verkauf der Schnittschutzkleidung perfekt. Was hätte ich eigentlich bei einer Absage ihrerseits gemacht? Zwei Wochen lang den Helm spazieren gefahren?!

 

Besonderer Parkplatz direkt vor dem Hotel

 

Mahlzeit

Habe ich beim Zimmer gespart und bewusst die günstigere Variante des noch nicht renovierten Zimmer gewählt, gönne ich mir beim Abendessen etwas! Das Essen ist wirklich sehr lecker und zauberhaft angerichtet! Satt und zufrieden verbringe ich den Abend auf dem Zimmer. Es fühlt sich falsch an, die erste Reisenacht ohne Monika zu verbringen. Gott sei Dank ändert sich das ab morgen.

 

“I KA NET UFHÖRA”-Dip – da ist der Name Programm

 

KÖSTLICH – Lamm mit Kartoffelgratin

 

 

Anmerkungen des Tages

Anmerkung 1:

Ich hätte jetzt gerne als Nachtisch ein kleines Stück Schokolade. Ich stelle fest, dass die am Motorrad im Koffer liegt. Ich stelle fest, dass es regnet. Ich stelle fest, dass ich doch keine Schokolade möchte.

Anmerkung 2:

Ich bin ja so geduldig. Das weiß auch mein kleiner Reiselaptop. Deshalb lässt er sich heute mit allem viel Zeit: Mit dem Anzeigen von Bildern, mit dem Kopieren und auch beim Tippen kann ich ganz gemütlich zuschauen, wie die Buchstaben langsam vor mir auf dem Bildschirm erscheinen. Das macht mir gar nicht aus!

Anmerkung 3:

Warum ich so viele Bilder im Sitzen gemacht habe? Es waren genau 455! So viele Bilder macht die Kamera zwischen Fiss und dem Moment, als ich gemerkt habe, dass ich vergessen habe, das 5-Sekunden-Interval wieder auszuschalten.

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24 comments on “Pyrenäen – Tag Minus 1 – die vorverlegte Abfahrt

  1. Deine Entscheidung war vollkommen richtig, möchte so eine Strecke auch nicht im Schnee fahren wollen. Wünsche euch beiden ab morgen besseres Wetter und für alle Leser viele Bilder mit spannenden und inspirierenden Texten.

  2. Viel Spaß. Und die richtige Entscheidung. Wir sind 2 Tage früher nach Hause gefahren. Gestern noch Großglockner bei schönstem Wetter und heute Schnee ohne Ende.

    1. Guten Morgen! Danke schön. Ja, ich hatte gelesen, dass ihr auch frühzeitig quasi umgedreht seid bzw etwas schneller Richtung Heimat wolltet. Auch da habe ich schon gedacht, dass das die richtige Entscheidung war. Warum ich selbst so lange gezögert habe? Keine Ahnung….

  3. Gute Reise. Arlberg bei 5 Grad und Starkregen hatten wir im letzten Jahr Ende August, ach was hätte ich gern den Tunnel genommen. Pyrenäen sind Klasse, vor allem die spanische Seite. Freue mich auf deine Schreibe.

    1. Danke schön… Ich glaube, vor drei oder vier Jahren hatte ich das auch schon mal, da bin ich dann auch den verhassten Tunnel gefahren in die Gegenrichtung. Am Ende war ich fast trocken und wieder warm und motiviert für die letzten 80 Kilometer. 😉
      Euch auch weiterhin eine gute Zeit und gute Fahrt.

  4. Liebe Julia, ich wünsche euch eine tolle Tour mit vielen schönen neuen Eindrücken. Und natürlich nur bestes Wetter. Passt gut auf euch auf und kommt vor allen Dingen gesund wieder nach Hause.
    Ich habe gerade mit meinen Freunden die Irland Tour gemacht. Viele Eindrücke die ich von dir gewonnen habe, habe ich dabei in unsere Tour eingebaut. Dafür noch einmal herzlichen Dank.

  5. liebe Julia – wünsche dir einen guten Tripp durch die Landen. Vergnügt euch! Und: Regen hat nur ein schlechtes Image, sorgt aber in Wirklichkeit nicht selten für tolle Eindrücke (s. WebLink)
    lg von der Fisser downTown – Stefan

  6. Gute Reise, ich hänge mit meiner Frau in Villach fest. Nach 36 Std starken Dauerregen konnten wir nur im Zimmer verweilen und wir haben noch 7 Tage bis zur Heimfahrt. Hoffentlich wird es trocken dann können wir noch ein paar schöne Touren fahren. Bin mal gespannt wie es im Oktober aussieht da möchte ich eine Tour durch CZ machen. Gruß Roland

  7. Gerade gestern überlegt, ob das jetzt nicht die Zeit ist, in der ihr immer startet. Also, ICH wäre jetzt losgezockelt – wenn es in diesem Jahr einen Motorradherbst bei mir geben würden 🙂

  8. Also ich finde deine Berichte immer sehr Gut und ich wünsche Euch ganz viel Spaß auf Eurer Reise. Genießt es immer wieder, egal was das Wetter macht und wie es auch läuft. Manche Schlechte Momente gibt es immer mal, aber irgendwie ist da auch was positives drin. Genießt Euer Leben auf den Bike und seid Glücklich wie es grade ist. Passt auf Euch einfach auf

    Liebe Grüße aus Oberbayern Markt Holzkirchen

    Lars

  9. Schön, wieder von dir zu hören,
    Schön, dass du / ihr wieder gemeinsam auf Tour geht,
    (Und du rechtzeitig losgefahren bist, damit das auch klappt),
    Und am schönsten ist, dass du darüber auch wieder schreibst und uns mit nimmst.
    Freuen mich schon auf alle weiteren Reiseberichte und wünsche euch einen tollen Urlaub.
    Viele Grüße

  10. Ich hätte dir ein Stück Schokolade gerade heute am “Tag der Schokolade” sehr gegönnt! Aber das kann man ja nachholen… Bis dahin esse ich ein Stück für dich mit!
    Freue mich auf die tollen Reiseberichte und wünsche dir und Monika gutes Wetter und viele schöne Erlebnisse!

  11. Super, endlich gibt´s wieder einen spannenden und unterhaltsamen Reisebericht – wünsche euch eine tolle ereignisreiche Zeit, gute Fahrt!
    Was mich interessiert: Ich lese oft vom leidigen Regenkombi-AN-AUS-Spiel, das ich selber auch immer gehasst habe. Seitdem wir in wasserdichten Tourenkombis (in meinem Fall KLIM, mein Kumpel in Stadler) unterwegs sind, stellt sich die Frage überhaupt nicht mehr – sehr komfortabel, man macht einfach die Zips zu und fertig. Wäre das nicht etwas für euch?

    1. Hallo Walter, ich habe seit zwei Jahren auch eine KLIM-Kombi, aus genau dem Grund. Aber: Ohne Futter ist sie mir auf Reisen wie Ende September nach Irland oder jetzt bei unter 5 Grad einfach zu kalt. Für die Midlayer von KLIM bin ich einfach zu geizig und eine Regenkombi isoliert toll. Das ist aber nicht der Hauptgrund, sondern nur ein Nebeneffekt. Dann hatte ich bei der Modeka (dem Vorgänger) das Problem, dass zwischen Helm und Kombi bei Regen es immer einen Wassereinbruch gab. Ich habe dies auf die Kombi geschoben. Aber ich habe – trotz Regenkragens – bei der Klim das gleiche Problem. Nur in Kombination mit der Kapuze der Regenkombi (als Sturmhaube) bleibe ich trocken am Hals. Das schlimmste war aber, dass nach der ersten Wäsche die schweineteure KLIM-Kombi undicht war und ich genau an dem Tag KEINE Regenkombi bei hatte und mit wirklich tropfnassem Hintern in der Kälte zwei Stunden nach Hause fahren durfte. Und ich spreche von einem massiven Wassereinbruch innerhalb von 15 Minuten. Klim hat die Kombi zwar repariert, aber für lange Touren ist das Vertrauen einfach weg – nicht mehr ohne Regenkombi und das bei dem Preis für eine Klim-Kombi. Beim nächsten Mal wieder Modeka!

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