Fifty shades of Tettenborn
Nein, ich habe nicht gut geschlafen! Bis drei Uhr fühlte ich mich, als hätte ich heimlich die Kaffee – Vorräte vor Mitternacht vernichtet. Ich meine, immerhin hatte ich ja das große Glück, mich auf der Schlafcouch niedergelassen zu haben. Dass ausgerechnet auf dem halben Quadratmeter, auf dem mein Kopf liegt, das Zentrum der Leuchtkraft der Straßenlaterne liegt, konnte ich davor ja nicht ahnen. Zwar waren die Vorhänge zugezogen, aber als bekennender „Finsternis-Schläfer“ reichte das Licht, um mich nicht zur Ruhe kommen zu lassen.
Um niemanden zu wecken, taste ich nach dem Erstbesten, was ich mir über die Augen ziehen kann. Mein rotes Halstuch aus Seide ist der erste Treffer und liegt fortan auf meinen Augen. Besser schlafen kann ich auch nicht, denn mit dem Seidenschal über den Augen blitzte „Fifty shades of Tettenborn“ durch mein müdes Hirn. Nun grinse ich darüber in mich hinein und hindere mich so selber am Weiterschlafen.
Aber irgendwann siegte dann wohl doch die Müdigkeit und so hat immerhin von drei bis sechs die müde Seele Ruhe gefunden.
Noch im Bett liegend überlege ich mir, ob meine Müdigkeit in Kombination mit der zügigen Gruppe eine gute Kombination sein wird. Aber darüber mache ich mir später noch mal Gedanken, wenn ich wieder denken kann! 😉
Der erste Morgen ist noch neu für mich. Ein paar „alte Hasen“ haben schon mit den Frühstücksvorbereitungen losgelegt und so laufen die Kaffeemaschinen im Akkord. Ich mache mich nützlich und helfe zumindest ein bißchen beim Tischdecken. So sind wir ratz fatz fertig und als Gilla mit den beiden Brötchenkisten erscheint, stürzen sich die hungrigen Gesellen auf Wurst, Käse und leckeren Süßkram als Stärkung für den Tag.
Vor den Toren des Hauptquartiers sammeln sich die „Heim“- und Auswärtsschläfer und sortieren sich in ihre Gruppen. Ich bin wieder wach und freue mich auf den Tag mit meiner Gruppe und Sonny.
Während ich noch zu Dokumentationszwecken ein Bild von „meinem“ Tourguide mache, bekomme ich gar nicht mit, dass außer mir schon alle fertig angezogen auf ihren Zweirädern sitzen. Schnell Helm auf und los geht es.
Aber schon nach wenigen Kilometern stoppen wir am Straßenrand! Ravens Maschine hat glatte 100.000 km auf dem Tacho stehen und das muss gebührend dokumentiert werden. Da wir nicht so ganz glücklich am Straßenrand stehen, machen die ersten sich schon mal wieder auf den Weg, die anderen werden ja folgen. Wild jagen wir die herrlichen Kurven weiter, biegen dann rechts auf eine tolle neu asphaltierte Straße ab und warten an dessen Ende auf die Nachzügler… und warten…. und warten…. und warten… Leider hat am Abzweig der letzte Verfolger nicht gewartet und so sind die Nachzügler natürlich nicht abgezweigt. Da Raven aber die Route auf seinem Navi hat, machen wir uns keine allzu großen Sorgen. Weiter geht es zum ersten Treffpunkt am Netzkater, wo die anderen wieder zu uns stoßen.
Wir durchqueren wunderschöne Orte, die mit Deko und Hexen darauf aufmerksam machen, dass Walpurgiszeit ist und man überall, in Dörfern und Städten, sich auf das bevorstehende Vergnügen vorbereitet.
Weiter geht es auf größeren Straßen Richtung Mittagspausen-Punkt. Der Harz macht mit seinen deutlich einstelligen Temperaturen seinem Ruf alle Ehre, die schnelle Hatz in den weiten Kurven tut mit dem Fahrtwind ihr übriges dazu, dass mir einfach nur kalt ist. Kalt – kalt – kalt.
Als wir daher im Kartoffelhaus fast eine Stunde vor der Zeit ankommen, mache ich ein Selfie der ganz anderen Art. Aber ich bin auf dem Bild!!!
Nachdem meine Füße aufgetaut waren, konnten wir uns dann auch endlich auf das Buffet stürzen. Gekocht wurde für eine ganze Hundertschaft, zumindest lassen die Mengen an Resten darauf schließen. Aber lecker war es, das muss man sagen. Gut, auf die Frage „Haben Sie auch Milchkaffee“ zu antworten „da muss ich einmal nachfragen“, hat uns zunächst misstrauisch gemacht. Als ich kurz danach den Cappucchino, oder das, was einer sein sollte, gesehen habe, wusste ich, dass ich mit „Tee“ die richtige Entscheidung getroffen hatte.
Weiter geht es quer durch den Harz, der uns nach 14 Uhr zum ersten Mal zweistellige Temperaturen beschert. Ich lasse meine Kamera am Motorrad fleißig fotografieren, denn die Chance muss ich nutzen. Die Chance, dass ich nach vorne fast immer freie Sicht habe! 😉 Raven und Sonny warten aber immer brav auf uns an den Abzweigen und bei Richtungswechseln.
Ich bin angesichts der nicht durchgeschlafenen Nacht und den Temperaturen nicht böse, dass heute kein Langstreckenrekord aufgestellt werden soll.
Noch einmal biegen wir links ab und müssen kurz danach in den Rasten stehend ein kleines Stück Kopfsteinpflaster meistern. Sitzend geht gar nicht, da fallen einem die nicht vorhandenen Implantate sonst reihenweise aus der Helmschale.
Ein vor uns fahrender Geländewagen meint, uns die gute Stimmung vermiesen zu müssen. Das beinahe Abdrängen von Sonny von der Straße wollten wir alle zunächst wohlwollend als Versehen abhaken. Als aber auch Raven mit hektischen Links- und Rechts-Manövern am Überholen gehindert werden sollte, war uns klar, dass wir auf einen selbsternannten Sherrif gestoßen sind. Wild gestikulierend und brüllend machte er uns auf ein nicht vorhandenes Durchfahrverbot aufmerksam, um dann ebenso falsch liegend uns auf die geltende 30 km/h Geschwindigkeitsbegrenzung hinzuweisen. Feige wie ich bin habe ich das Feld den hinter mir fahrenden überlassen.
So fröhlich ich dann wirke, so sehr nimmt mich so was mit. Der Tag wäre vollständig für mich gelaufen gewesen, wenn es mich direkt erwischt hätte.
Kurz erklären wir Sonny die Situation, fahren dann aber zügig zum letzten geplanten Treffpunkt, einer kleinen Talsperre. Wir nutzen den kleinen Stopp für eine ausgiebige Fotosession incl. WaPu2017-Gruppenbild.
Wir schwingen uns wieder auf die Zweiräder und nehmen die letzten Kilometer nach Tettenborn unter die Räder. Warm ist anders, aber die Gedanken an die bevorstehende heiße Dusche lassen mich das auf dem Restweg vergessen.
Nacheinander trudeln auch die anderen Gruppen wieder ein, so dass kleine Inspektionen an der ein oder anderen Maschine vorgenommen werden können.
Um 19 Uhr sorgt der Caterer erneut dafür, dass erst der “Wolf” vollkommen ausrastet, da die vielen Menschen so große silberne Dinger tragen. Kurz danach rasten wir quasi wieder aus, denn lecker ist das Essen auch heute.
Dass ich entgegen weitläufiger Meinungen lernfähig bin, beweise ich durch meinen nur einmaligen Gang zum Buffet. Stolz wie Oskar über mich selbst bediene ich mich kurz darauf genüsslich von den drei Eissorten. Kalt? War mir heute mal kalt? Mein Eis schleckend beschließe ich, dass ich keine Ahnung habe, wovon die reden.
Hiess der Schnaps gestern noch “Ingwer von Tonii”, so heißt er heute “Pflaume oder Traube von Christine”. Genüsslich schlürfen wir ihr leckeres mitgebrachtes Getränk und klönen über dies und das und über den einen und dann die andere. 😉
Anmerkung 1:
Gerüchten zufolge soll auch der ein oder andere Whiskey den Weg in die ein oder andere Kehle gefunden haben. Aber auf Gerüchte geben wir ja nichts. 🙂
Anmerkung 2:
Bis heute habe ich Birgitts Heizsocken ja belächelt. Nach meiner Rückkehr muss ich sie fragen, wo man so was kaufen kann! 😉
Oh jepp, Mister „Sheriff“ hatte ich schon ganz vergessen.
Er wechselte die Farbe von schnaub-rot zu plötzlich nasenspitzen-weiss, als ich ihn auf die mitgeführten Kameras hinwies … natürlich mit zuckersüßem, ex-ehemannantrainiertem Lächeln.
Jule, ich beneide Dich! Darfst Du doch Deine Motorradstiefel kostengünstig mit Kinderrabatt kaufen.
Schuhgröße 35- 38 ist da auf den Socken zu lesen…
Ach so… gibt es die Heizsocken auch in Größe 45?
Ich nehm ein paar!!!