Wenn Hexen hexen
Heute nacht habe ich gut geschlafen. Ich gebe zwar zu, dass ich auch rechtschaffend müde gewesen bin, da ich Sonny und Raven den ganzen Vortag durch den Harz gescheut habe (*räusper* 😉 ), aber auch meine Schlaftechnik habe ich angepasst. In den Ohren meine sonst nur auf langen Autobahnetappen verwendeten Ohrstöpsel, auf den Augen eines der Ersatzshirts, so ließ es sich echt gut schlafen. Könnnt ihr euch vielleicht nicht vorstellen, war aber so.
Kurz nach mir höre ich auch aus dem Schlafsack zu meinen Füßen erste Lebenszeichen, so dass ich mich auch nun endlich offiziell in meiner Knistertüte einmal umdrehen kann. Es gibt Flüsterasphalt, Schallschutzdecken, aber geräuschlose Schlafsäcke scheinen echt noch eine Marktlücke zu sein. 😉
Nach der zweiten Nacht werfe ich mich routiniert in meine Motorradsachen, um mit frischem Shirt vor dem Haus Ragnar und seiner unendlichen Liebe zu mir in die Pfoten zu fallen. Nachdem der Wolf mit seinem “Guten-Morgen-Begrüßungs-Ritual” fertig ist, sehe ich von oben bis unten aus, als wäre ich von Gilla persönlich zur Trüffelsuche im schlammigen Nordhang abberufen worden. Ich trage es mit Fassung und Stolz – also das nun dreckige Shirt. Denn irgendwie kann man diesem “kleinen” Kerl nicht böse sein . 😉
In die schon ganz schön helle Sonne blinzeln mache ich mich dann alsbald auf, Gillas Küche zu erobern, um anschließend mit Lappen und Handtuch bewaffnet aus den verlasssenen Abendessens-Tischen eine saubere Frühstückstafel zu zaubern.
Mijjahn bedient virtuos die Kaffeemaschinen, während Siegrid und Christine den Frühstückstisch decken. Mit dem ersten Kaffee in der Hand sammeln sich so langsam die Stromer aus Haus und von der Wiese, so dass wie am Vortag mit der Brötchen-Lieferung das fröhliche Futter-Fassen beginnt.
Heute sind wir allerdings ein Gast mehr – es scheint sich herum gesprochen zu haben, wie außergewöhnlich gastfreundlich es hier zugeht.
Ich ziehe mich danach dann doch noch mal um, damit ich nicht unterwegs weiterhin angesicht meines schlammigen T-Shirts so komisch angeschaut werde. Doch dann geht es schon wieder los – heute zieht es uns ins Eichsfeld.
M-O-M-E-N-T!!! Einen kleinen Schluck Öl fülle ich noch in die kleine Schwarze. Aus unerfindlichen Gründen scheint sie dann doch gestern ein bißchen von dem schwarzen Gold verbraucht zu haben. 😉
Es ist zwar immer noch frisch an der Luft, aber die Sonne entwickelt schon ordentlich Kraft, so dass wir alle über beide Wangen strahlend die ersten Kilometer des Weges in Angriff nehmen. Waren es gestern eher die größeren Straßen, so lernen wir heute das Gegenteil kennen. Wobei?! So winzig sind die Straßen gar nicht, aber manche haben so eigentümliche Bodenwellen, dass ich es fast bereue, meine Reisetabletten gegen Seekrankheit nicht genommen zu haben. Ich teste den Fahrmodus “HHR” (Hoppe-Hoppe-Reiter) und “WES” (Wie ein Springbock) und beide schütteln mich ordentlich durch. Ganz kurz überlege ich, ob es wohl gar nicht an den Straßen, sondern vielleicht an einem defekten Fahrwerk liegt, dass die Maschine so bockt.
Wir biegen nach rechts ab und sehen schon die ersten anderen Stromer auf dem Parkplatz stehen. Olaf steigt ab mit den Worten “ich glaube, ich muss mein Federbein anders einstellen” und ich bin froh, nicht der einzige gewesen zu sein, der an irgendeinen Fehler am Motorrad geglaubt hat.
Aber genug der Beschwerden über die Straßen, übers Wetter können wir ja leider nicht meckern und auch der ausgesuuchte Rastpunkt an einem kleinen Wasserfall ist so gut gewählt, dass einem einfach kein Kritikpunkt dazu einfällt. 😉
Nicht nur die wenigen Stufen zum kühlen Nass wurden angesichts des tollen Ausblicks gerne gemeistert, es wurde auch einfach so aus dem puren Vergnügen die Zeit zum Quatschen und für Fotos genutzt. Diese Stromer – lassen sich ihre gute Laune nicht einmal durch Sonne und nette Gesellschaft vermiesen 🙂
Weiter ging es in der nun immer kräftigeren Sonne. Zuverlässig kurvt Sonny mit uns um Umleitungen und Strassensperrungen, seiner MIttwochs-Testrunde sei Dank. Damit ihm aber nicht allzu langweilig wird vor unserer GRuppe, hatte Gilla ihm noch eine kleine Herausforderung in die Route gebaut. Denn die letzte Straßensperrung vor unserem Ziel ist dann doch noch in der Route verblieben.
So biegt Sonny ab, Raven an seinem Hinterrad klebend hinterher, aber ich sehe noch Sonnys Zeichen,d ass wir weiter geradeaus müssen. Aber da flitzt schon die nächste Gruppe dem Navi folgend um die Ecke bis zu Sonny, der eigentlich nur wenden wollte. Es werden Worte gewechselt, dann die Straßenseiten, doch die zweite Gruppe fährt unbeirrt weiter. Was ist da los?
Sonny und Raven drehen zu uns um und so können wir in einer kleinen Schleife noch ein paar Extra-Kilometer fahren. Ein scharfe enge Rechtskurve bergab führt uns zum Parkplatz führt unseres Mittagspausenpunktes.
Wir sind die ersten und so suchen wir uns direkt die schönsten Sonnenplätze auf der Terasse aus. Es ist zwar windig, aber trotzdem geniessen wir jeden einzelnen Strahl.
Nach und nach gesellen sich die anderen Stromer und Friend-Stromer zu uns und verteilen sich auf Terasse und Empore im Restaurant. Trotz Ankündigung und Abstimmung ist der Wirt angesichts unseres Auftauchens sichtlich überfordert. Schnell flitze ich zur Theke und versorge unseren Tisch schon mal schnell mit Getränken.
Fehler – großer Fehler! 😉
Mit einer kumpelhaften Frage bin ich somit ins Geschehen involviert und darf Zettel und Stift schwingend draußen die Bestellungen entgegen nehmen. Ob mein Zettel mit den Hinweisen wie “mein Tisch” oder “Gillas Tisch” ihm dann wirklich weitergeholfen hat?! Ich glaube es nicht. Da einer nach dem anderen dann auch noch an der Theke Getränke abholt, ist die Verwirrung perfekt.
Ab jetzt heißt es “Geduld haben”, denn auch die Lieferung des Essens dauert und dauert. Sonny versucht gute Miene zum bösen Spiel zu machen, während sich Truder durch nichts und niemanden seine gute Laune verderben lässt. Daryl kämpft mit dem unfreundlichen Hinweis, dass kleine Gerichte nicht bestellt werden können, während ich mir das Getränke-Chaos anschaue. Aber schlechte Laune, die habe ich nicht. Ich sitze mit tollen Menschen nach einer tollen Fahrt an einem tollen Ort. Da lasse ich mir doch von so einem blöden Mttagsessen nicht die Stimmung verderben. 🙂
Aber irgendwann ist es dann doch so weit und wir können Wildschwein, Roulade oder Schnitzel geniessen. Den anschließenden Kaffee verkneifen wir uns aber lieber. Immerhin hat Sonny schon vorher noch einen Stop mit leckerem Kuchen angekündigt.
Was vorhin noch eine enge Kurve rechts bergab war, ist nun eine enge Linkskehre bergauf, aber selbstverständlich meistern dies alle vortrefflich. Bei Olaf wissen wir es leider nicht. Er musste uns schon kurz nach dem Essen verlassen, Berlin rief!
Mit der Sonne als Begleitung fahren wir weiter und weiter durch die Landschaft und Orte des Eichsfelds. Für ein verlängertes Wochenende und einen Sonntag ist unvorstellbar wenig Verkehr unterwegs, so dass Überholmanöver in der Gruppe oder minutenlanges Grüßen einem entgegenkommender Großgruppen an Bikern eher selten vorkommt.
Viel zu schnell vergeht auch diese Etappe, denn bei dem Wetter könnte ich bis in den Sonnenuntergang fahren. OK, Sonne passt, Temperaturen passen, aber der Wind hat schon das ein oder andere Mal versucht, uns seine Vorstellungen der Ideallinie aufzuzwängen. 🙂
Aber es ist auch eben dieser Wind, dem wir trotzen, als wir uns am nachmittag dann zu Kaffee und Kuchen niederlassen.
Während wir Newbies die Terasse stürmen und die besten Plätze sichern, machen die Kenner des Cafés dies mit den besten Kuchenstücken. Diese gibt es nur gegen Zettel, damit nicht mehr Kuchen verkauft wird als eigentlich da ist.
Aber wenn in einem guten Café eines nicht Mangelware ist, dann leckerer Kuchen. Also konnten wir kurz danach auch von den Leckereien naschen. Ich war zu gierig, und konnte daher nur ein “fast-nachher”-Bild machen. 😉
Sonny ist allerdings noch gieriger und ich weiß jetzt, dass genau drei Stück Kuchen auf einen Teller passen! 🙂 Zu seiner Verteidigung sei aber gesagt, dass er beim Mittagsessen auch nicht so zugeschlagen hat wie wir anderen und daher durchaus noch etwas Kalorien zuführen darf. 🙂
Nun endlich mehr als obersatt geht es zurück nach Tettenborn. Noch einmal wechseln sich Wälder und Wiesen ab, noch einmal habe ich keinen Tourguide und keinen Raven vor mir und noch einmal geniesse ich die Sonne heute!
Verfluchtes Vergnügen – kann das Leben schön sein!
Aber auch der schönste Tag geht einmal zu Ende und so rollen wir wenig später wieder auf Tettenborner Grund und Boden ein. Man sieht, wie schlecht es denen geht, die früher angekommen sind. Planlos lungern sie in der Sonne und wissen außer trinken und reden nichts mit sich anzufangen,
Das sieht aber so gemütlich aus, dass wir uns direkt dazu gesellen. 🙂
Da die letzte Mahlzeit ja schon wenige Stunden her ist, wird der Caterer herzlich wilkommen geheißen und endlich gibt es auch mal ein Beweisfoto vom Essen!
Angesichts des im Vergleich wirklich milden Abends sammeln sich alle recht zeitnah nach dem Essen wieder draußen. Jörg stocht kräftig das Feuer an und alle freuen sich, mich zu sehen – Es steht ja noch die große Hexenverbrennung aus! In dem Moment fällt mir ein – ich muss los, ich hab ja noch einen Termin, oder zwei, oder drei! 😉
Nein im Ernst, es ist ein toller Abend mit ganz unterschiedlichen Gesprächen, da man sich anders als beim Sitzen ständig neu gruppiert! Und Feuer macht einfach eine tolle Stimmung. Mehr Worte muss ich darüber nicht verlieren..
In diesem Sinne – einen schönen Abend!
Tolle Serie!
Bravo Julia!!!
Seeehr schön ! Vielen Dank !
Ein schöner Bericht bis hier. Auch für Nicht-Biker. Aber seit der Überschrift habe ich Kopfkino von Jule auf einem Besen rund um den Brocken reitend… Kommt das Bild noch? *duckundschnellwegrenn *
Du hast nicht zu viel versprochen. Macht Spass zu lesen! (Und: ich brauche wieder ein Moppped!)
Nett. Danke für diesen Blog.