Durchgetrocknet
Pula hat Mücken! Daher hatten wir heute Nacht lieber die Klimaanlage an als das Fenster auf. Ein bisschen rächt sich das beim Wachwerden durch dicken Kopf und trockene Augen. Aber immer noch besser, als der nächsten Mückengeneration als Energieriegel gedient zu haben.
Außerdem hat es der Vorteil, dass unserer Schwimmsachen trocken sind – knochentrocken.
Auch das Mikrofasertuch, welches über Nacht die Fliegen am Visier einweichen sollte, kann nun bretthart vom selben geschält werden.
Monika würde gerne noch weiter schlafen, hat sie doch nachts eine Stunde hustend im Bad gesessen, um mich nicht zu wecken. Ein bisschen bleiben wir also noch liegen, die Zeit sollten wir haben.
Aber irgendwann ist auch der gemütliche Teil vorbei und es heißt schon wieder, den gesamten Hausstand in die Rolle zu stopfen! Heute haben wir eine bessere Planung als die Tage zuvor und starten den Tag direkt mit dem Einkauf im Supermarkt. Baguette, Salami, Wasser und Trauben finden den Weg in unsere Koffer. Noch ein paar Kilometer weiter mal eben Luft prüfen, die Tanks am Motorrad auffüllen und so können wir um 9:15 Uhr dann andlich Richtung Cagliari starten.
Auf der touristisch berühmten Route “die schönsten Gewerbegebiete Süd-Sardiniens” zeige ich Monika noch das Gewerbegebiet von Sarroch. Klangvolle Namen wie “AirLiquide”, “Eny-Chem” “Saras” laden zum Verweilen ein, aber wir müssen ja leider weiter. Also ab auf die Schnellstraße Richtung Norden.
Zur Costa Rei
Die Stadt Durchfahrt durch Cagliari habe ich mir an einem Samstagmorgen viel schlimmer vorgestellt! Trotzdem bin ich stolz auf mich, jeden Abzweig gefunden zu haben und nicht als Verkehrshindernis auf irgendeiner Kreuzung gestrandet zu sein. Die Traverse von Poetto ist wohl der große Stadtstrand von Cagliari. Die Geschwindigkeitsbegrenzung ist zwischen 30 und 50 kmh, und jeder hält sich daran. Das ist verdächtig und so rollen auch wir gehorsam in der immer wärmer werden in Luft am Wasser entlang.
Unser Ziel heißt Villasimius, aber heute scheint dieses Ziel zu Beginn für uns unerreichbar. Wollten wir gestern auch gerne mal ein Stück gerade Strecke fahren, so sehnen wir uns heute am Vormittag eher nach etwas Abwechslung. Das Zockeln durch Orte, Ortschaften oder andere Langsam-Fahr-Zonen scheint kein Ende zu nehmen , so dass nicht einmal mehr Wohnmobile mich aus meinem Dösen wecken.
Dies ändert sich aber schlagartig, als wir die Küstenstraße SP17 erreichen und wieder einmal ein Ausblick schöner als der nächste ist. Ich glaube, am Ende des Urlaubs kann ich diese Bilder nur noch anhand ihres Zeitstempels unterscheiden können.
Steil fallen die Küsten in das türkise Wasser. Die Strände füllen sich heute aber auch zunehmend. Klar, es ist ja auch Samstag und auch die Einheimischen werden heute das schöne Wetter und die Sonne genießen. Irgendwie sind wir froh, dass wir heute eher wieder ins Landesinnere fahren und damit dem Verkehrswahnsinn entkommen können.
Da auf der angepriesenen Piazza von Villasimius absolutes Parkverbot herrscht und wir nur ein einziges Motorrad entdecken, fahren wir bis runter an den Strand und genießen dort im Schatten sitzen Kaffe, Cola und den Ausblick.
Da sich aber auch hier der Srand zunehmend füllt, fahren wir über die SP18 weiter Richtung Costa Rey.
Rechte Hand Richtung Meer liegen viele Residenzen hinter gut gesicherten Toren, die sich aber erstaunlich schön und harmonisch in die Landschaft eingliedern und fast zum Baustil passen.
Die Schlucht Gola Riu Cannas
Das Capo Ferrato lassen wir im wahrsten Sinne des Wortes rechts liegen und fahren ein Stück parallel zur Schnellstraße Richtung San Priamo. Dem Tipp unseres Reisebüros folgend, biegen wir noch einmal auf die ss125 zurück Richtung Cagliari ab und folgen dem Gola Riu Cannas. Was für eine geile Strecke! Beginnt sie am Anfang noch harmlos mit ein paar leichten Kurven in einer sehr offenen Schlucht, windet sich die Straße auf der nächsten 25 km in engen Kurven links und rechts der Schlucht.
Wart ihr schon mal in Frankreich in einem der engen Gorges? Ich fühle mich sowohl von den Temperaturen wie auch von der Landschaft dorthin versetzt! Kurz hinter der Passhöhe rollen wir auf San Gregorio zu und haben wieder Blick auf Cagliari. Für uns ist dies der Moment, kurz anzuhalten und dem Gleichgewichtsorgan den dringenden Wunsch nach Pause nachzugeben. Ich hätte mir nie vorstellen können, dass mir vom Motorradfahren schwindelig wird. Wir fahren wieder ein Stück zurück den Berg hinauf und machen im Schatten unsere Mittagspause.
Uns ist warm! Wie erinnern uns daran, dass wir vor genau einer Woche uns frierend bei einem Tee in der Nähe von Koblenz getroffen haben. Es kommt uns vor wie vor einem Jahr!
Nach den guten Erfahrungen mit den Kaktusfeigen wagen wir uns diesmal an Corbezollo, den Früchten des sardischen Erdbeerbaum. Genießbar, auch lecker, wird aber nicht mein Lieblingsobst!
Nach der Pause fahren wir die gigantischen Kilometer durch die Schlucht wieder zurück. Nur ein paar Kurven lang werden wir vom Postbus ausgebremst, der uns aber wie am Vortag (an der Westküste) bei erster Gelegenheit freundlich vorbei winkt!
Nach endlosen Kilometern des Hin- und Herwerfens der Motorräder im Kurven-Wirrwarr der Schlucht sehen wir dann dieses Schild:
Vielen Dank für den Hinweis, wir hätten es sonst vielleicht nicht bemerkt!
Weiter in das Landesinnere
Aber auch diese wilde Hatz geht einmal vorbei und wir fahren ein Stück auf die Schnellstraße bis kurz vor Muravera. Dort biegen wir ab auf die SS 387 Richtung Ballao. Doch schon kurz nach dem Abzweig in San Vito tanken wir die Motorräder noch mal voll. Sicher ist sicher! Auf der ersten Gerade hinter San Vito habe ich es dann geschafft: Ich bin seit meiner Abreise vor genau 7,5 Tagen 3000 km gefahren!
Noch vor einer Woche hätte ich die Straße nach Ballao übrigens nicht sonderlich erwähnenswert gefunden. Aber jetzt genieße ich es sehr, mal wieder mit etwas Geschwindigkeit weite Kurven fahren zu können. Nahezu erholsam!
In Ballao biegen wir nach Escalaplano ab. Entgegen der Farbe auf der Karte ist diese Straße aber auch sehr zügig und schön zu fahren. Wir haben guten Blick auf den Fortgang der Straße am gegenüberliegenden Hang und auf die vielen bewaldeten Hänge.
Mein Herz schlägt für Nurri
Orroli möchte uns nicht, weit und breit gibt es keinen Kaffee. Na gut, dann nehmen wir halt den nächsten Ort Nurri und gönnen uns den letzten Kaffee vor unserem Ziel. Wenn ich das auf der Karte richtig sehe, werden wir wohl wieder schwindelig in Arezzo ankommen. Aber das verrate ich Monika noch nicht.
In der Bar sitzen vier brummelige Männer, die uns zwar noch freundlich begrüßen, dann aber auch beim Verabschieden zunächst keines Blickes würdigen. Einer fasst sich dann doch ein Herz und möchte mir hinter der Kirche auf dem Dorfplatz etwas zeigen. Am Abend ist nämlich eine Feier und stolz präsentiert man mir, dass man schon das Festmahl zubereitet.
Keiner der Männer auf dem Dorfplatz spricht englisch oder deutsch, ich kein Wort italienisch. Aber dennoch fühle ich mich herzlich aufgenommen.
Die “Chiesa” (die Kirche) solle ich mir auch noch anschauen. Gut! Gehe ich halt auch noch in den alten Steinhaufen hinein! Wow!!! So ein kleiner Ort und so eine tolle Kirche!
[Leider verweigert WordPress gerade den Upload des Fotos – ich liefer es nach, wenn es denn geht! ]
Die Männer, der Ort Nurri und der Moment haben sich in mein Herz gebrannt. Ich schenke einen letzten Blick diesem Ort und seiner einzigartigen Begegnung.
Wir nehmen die letzten Kilometer über Isili und Laconi in Angriff! Da! Endlich eine Nuraghe, endlich nicht im Hinterland nur für Wanderer erreichbar. FOTOSTOPP!
Monika möchte nicht wenden, da hinten käme man auch wieder auf die Route! Jetzt weiß ich, warum ich sonst vorfahre! 😉
Wir nehmen noch mal unsere gesamte Konzentration für die letzten Kilometer zusammen. Die tiefstehende Abendsonne verbunden mit den nun wieder engen Kurven verlangen noch mal danach!
Endlich in Aritzo
Aus der Ferne sehe ich Aritzo. Endlich! Mir ist schwindelig, ich mag keine Kurven mehr sehen. Zumindest für heute! 😉
Und ich weiß, dass dort ein Pool auf mich wartet! Also dem Ross die Sporen geben und die letzten 5 Kilometer in Angriff genommen. Die steile Hotelauffahrt bringt uns noch mal mächtig ins Schwitzen, aber beim Betreten des Zimmers sind alle Anstrengungen verflogen. Das “Sa Muvara” ist definitiv eine Reise wert!
Wie schon am Vortag fackeln wir nicht lange und stapfen in unsere Bikinis gehüllt Richtung Pool.
Ein paar andere Gäste räkeln sich in der Sonne, wir haben das Wasser für uns.
Warum das so ist, wird uns schnell klar. Es ist s s-s-s-s-e-e-e-e-e-h-h-h-r-r-r k-k-k-k-k-a-l-l-l-l-l-t! Wir lesen erst später, dass die Besonderheit die Klarheit des Wassers ist, da es direkt aus einer Bergquelle gespeist wird! Nun ja, immerhin hatte es noch keine Eisschicht!
Beim Abendessen werden wir mit 4 Gängen und dem Hauswein abgefüllt – das Internet ist anschließend so träge wie ich! Daher dauert alles etwas länger bis ich dann auch endlich in das warme Bett schlüpfe kann!
Gute Nacht!
PS: Zur Krönung gerade Shampoo auf die Zahnbürste geschmiert! Ich sollte nun wirklich schlafen gehen! 😉
Anmerkung des Tages
Anmerkung 1:
Wir haben morgens extra frische Trauben für unser Picknick gekauft. Diese werfe ich vorm Supermarkt das erst Mal auf den Boden. Beim Auspacken am Motorrad mittags das zweite Mal. Monika stellt fest, dass aber nur 2 bis 3 Stück geplatzt sind. Leider ist die Vergleichsmenges auch 2-3 Stück.. …. Schmecken tun sie trotzdem…
Anmerkung 2:
“Hoppala” sprach die schnelle Kurve und zog sich plötzlich zu. Wir sind wieder wach!
Anmerkung 3:
Monika und ich stellen beide fest, dass bei 30° Grad definitiv das Ende unserer Wohlfühltemperatur erreicht ist. Wir beschweren uns allerdings nicht wirklich über das Wetter, was soll es hier in der vergangenen Woche geregnet haben. Aber wärmer muss es auch nicht werden. Ich glaube, wir haben eine ziemlich geniale Zeit erwischt!
Anmerkung 4:
An the gold medal for the “schnellste-Verwüstung-eines-Hotelzimmers” goes to…..
Monika und Julia! Congratulations! 😉
Ach ja, bei zwei Nächten in diesem Hotel haben wir die Chance auf ein bisschen Handwäsche genutzt. Irgendwo zwischen der Wäsche muss sich auch unser Zimmer befinden!
Anmerkung 5:
Meine TomTom Bandit macht in das Gegenlicht bessere Bilder als mein schweineteures Handy. Irgendwie genial, aber irgendwie auch frustrierend.
Anmerkung 6:
An alle, die geschrieben haben, dass man so was wie meinen Blog auch mal in einer Zeitschrift lesen müsste: Macht Werbung für uns Blogger, für die andere Art der Berichterstattung. Es ist Intermot! Geht zu den Ständen der Zeitschriften und berichtet von euren Wünschen. Print-Medien kämpfen ums Überleben, wollen aber dennoch immer nur den gleichen Stil an Reiseberichten. Vielleicht verändert sich was, vielleicht werden die Verlage auch mal mutiger!
Vielen Dank für die tollen Bilder und die herzerfrischenden Berichte. Da kommt ein wenig Neid auf.
Euch weiterhin alles erdenklich Gute.
Klasse Bericht, fühl mich gerade 17 Jahre zurück versetzt viele deiner Orte kenne ich von damals, Tip: der Montarbu Nationalpark ist eine Durchquerung wert, damals ein paar Stunden kein Mensch nur wilde Rinder, Ziegen und Wildschweine. Noch viele schöne Kilometer!
Den vielen Regen aus der vorigen Woche haben wir abbekommen. Und so wurde es nicht nur von außen sondern dank Regenkombi alias Gummikondom auch von innen schön nass. Aber immerhin wurde mein Flehen erhöht wenigstens ohne Regen das Einchecken am Fährhafen erledigen zu können.
…Begegnungen wie in Nurri … unbezahlbare Reisemomente
PS: Ist das Zimmer morgens hinter der Wäsche wieder aufgetaucht *lol* ?