Zwei Damen im Nebel
Heute haben wir für unsere Verhältnisse mal echt lange geschlafen. Es ist nach 7 Uhr, als wir das erste Mal unsere Augen öffnen! Da wir ja das Frühstück abbestellt haben, es ist ganz ungewohnt, quasi direkt aus dem Schlafanzug in die Motorrad-Klamotten zu steigen und alles andere sofort in den Taschen zu verstauen.
Ich muss in langer Unterwäsche einmal schnell zum Motorrad auf dem Parkplatz, da das regendichte Inlett meiner Kombi im Topcase liegt. Und wer aus dem Fenster schaut, wird verstehen, warum wir uns wasserdicht einpacken. Dichter Nebel hängt nach wie vor über der Insel und wird sich sicherlich nach wenigen Kilometern bis in jede Ritze gefressen haben. Also lieber wasserdicht einpacken!
Es ist 8:15 Uhr, als wir Katharinenhof auf Fehmarn verlassen. Irgendwer hat behauptet, diese Insel wäre wunderschön! Ich bemühe mich, das nachzuvollziehen. Aber auf den 70 m Sichtweite, die wir haben, ist leider die Schönheit nicht wirklich zu spüren! 😉 Lediglich ein Hauch von gelb, dass der in voller Blüte stehende Raps in den Nebel spiegelt, zaubert einen Hauch von Farbe in das graue Trüb.
Wir sparen uns daher die Ausflüge Richtung Meer und zu den Leuchttürmen, denn sehen wird man auch hier nichts!
Ganz fasziniert mache ich ein paar Fotos von den Bäumen, die hier die Straße säumen! Man sieht deutlich, dass aus unserer Fahrtrichtung betrachtet der Wind wohl stetig von rechts weht!
Angemessenes Frühstück
In Orth fahren wir runter bis an den Hafen, um dort das versäumte Frühstück nachzuholen! Wir sitzen vor einem wunderschönen Café draußen unter der Markise, der Nieselregen hört auf und die Temperaturen sind perfekt! Kann ein Tag besser starten!?
Wir könnten hier ewig sitzen! So fällt es wirklich schwer uns vorzustellen, das noch 330 km vor uns liegen! Wie weit war es noch mal auf direktem Weg bis Süderlügum? 😉
Etwas unwillig ziehen wir uns wieder an, um am Wasser entlang die Insel zu verlassen. Aber irgendwie möchte auf dieser Reise jemand nicht, dass wir am Wasser entlang fahren. Schon wieder eine Straßensperrung! Das kann uns nicht mehr erschüttern und so fahren wir durchs Innenland Richtung Fehmarnsundbrücke. Ist dieses im Nebel erscheinende Stahlbauwerk das Gleiche, welches wir gestern bei Starkwind überquert haben?
Bei einem Blick nach links und rechts frage ich mich, warum hier überhaupt überhaupt eine Brücke ist! Denn Meer, Mehr scheint es hier nicht zu geben. Das würde ich ja sonst sehen können! 😉
Geduldsprobe in Heiligenhafen
Heiligenhafen begrüßt um uns am Ortseingang mit einem digitalen “Danke”, da wir nur 18 km/h fahren! Ich gebe zu, dass ich die Anzeige gerne umtreten würde. Sie bedeutet nämlich, dass wir seit einigen Kilometern im Berufsverkehr in einer langen Autoschlange hintereinander her zockeln. Ich freue mich, dass die Autoschlange rechts Richtung Zentrum abbiegt und entscheide mich für den Weg geradeaus. Volltreffer! Jetzt können wir immerhin 20 kmh fahren, da wir dem großen gelben Kramer Bagger tapfer den Berg hinauf folgen! Ich kann es einfach! 😉
Bloggerpause – notgedrungen
In Oldenburg landen wir den Coup des Tages! An einer Tankstelle deute ich Monika an, ob tanken notwendig ist!
Im regennassen Display kann sie die Balken nicht richtig erkennen und winkt mich durch – reicht noch! Dies rächt sich in Hohwacht, als die dringend benötigte Tankstelle augenscheinlich seit mindestens zehn Jahren geschlossen ist! Guter Rat ist teuer!
Wir beschließen konsequent, uns erst einmal an den Strand zu begeben und ein paar Stimmungsbilder aufzunehmen.
Wir entscheiden, dass Monika eben zurück nach Lütjenburg zum Tanken fährt und ich die Gelegenheit nutze, den gestern mangels Internet nicht vervollständigten Tagesbericht eben online zu setzen. So einen Blog-Arbeitsplatz hatte ich auch noch nicht! Ich könnte mich an diese Aussicht gewöhnen!
Vollgetankt fahren wir am Meer entlang bis kurz vor Schönberg. Jetzt wird’s international! Ein kurzer Stop in Brasilien und direkt danach in Kalifornien! Mann, das liegt so nah beieinander, das hätte ich nicht gedacht!
Wir nehmen einen Schlenker nach Heidkate aus der Planung raus und prompt lotst mich das Navi nicht mehr am Meer entlang. In Probsteierhagen biege ich daher wieder nach rechts ab um über Lutterbek, Stein nach Laboe zu fahren!
Stadtstress
Wir nähern uns Kiel! Ein kleines Stück fahren wir Bundesstraße und dann wollte ich schön immer an der Kieler Förde entlang durch die Innenstadt. Nun ja, schön ist vielleicht etwas anderes! Aber immerhin haben wir uns schon mal einmal angesehen, wo die Fähren ablegen, falls wir doch einmal zum Nordkap wollen! Aber leider ist es uns heute wie so oft auch hier nicht vergönnt, weiter am Wasser zu fahren. Eine Baustelle stellt sich uns wieder einmal in den Weg. Haben die sich eigentlich alle abgesprochen?
Aber das Wetter wird langsam besser, zumindest wird der Nebel wärmer! 😉
Als wir aber über Friedrichsort Richtung Strande, Stohl und Dänisch-Nienhof fahren, blinzelt immer öfter die Sonne durch und wir wissen gar nicht, welche Klamotten wir zuerst von uns werfen sollen! Meine vielen Versuche, links und rechts der Straße den Gaststätten-Schildern folgend eine Mittagsrast auszumachen, sind leider erfolglos! Entweder geschlossen oder schon gar nicht mehr da! Daraufhin entscheidet Monika, dass wir bis Eckernförde durchziehen und dort im Hafen sicherlich etwas passendes finden!
Mittagspause
Eine halbe Stunde später möchte ich Sie für diese Idee küssen! Wir sitzen mitten im Hafen, essen köstlichen Pfannekuchen mit hausgebeiztem Lachs und fragen uns allerdings ein bisschen, wo eigentlich die viele Zeit von heute geblieben ist!
Nach hinten raus könnte es auch heute wieder einmal etwas eng werden. Vorsichtshalber rufe ich schonmal im Hotel an und kündige uns erst gegen 19 Uhr an!
Hinter Eckernförde hangeln wir uns wieder nah an der gleichnamigen Bucht über Ludwigsburg und Waabs bis kurz vor Damp. Diesen Abstecher sparen wir uns allerdings und biegen direkt auf kleinsten Straßen Richtung Schuby ab.
Die Durchfahrt von Kappeln ist ein Kinderspiel! Und schön ist es dort dazu auch noch! Aber unser Ziel heißt Falshöft, wo wir neben den obligatorischen Fotos vom Leuchtturm auch ein paar vom wunderschönen Strand machen. Schlug uns die Ostsee gestern noch in wilden Wogen entgegen, so ist sie heute spiegelglatt und nur ein leises gluckern ab und an zeugt von Wellengang!
Ist schon Zeit für einen Kaffee?
Vorbei an der Geltinger Bucht und durch das zweite Niebi des Tages fahren wir bis Langballigau, wo ich wohl den geheimen Bikertreff der Flensburger erwische! Hatte ich von der Straße wieder einmal gedacht, nur ich sehe die vielen schönen Cafes am Hafen, scheinen wohl andere schon vor mir auf die Idee gekommen zu sein! 😉 Für einen Latte Macchiato ist immer Zeit!
In Glücksburg sammeln wir noch eine Portion Glück für uns ein, bevor wir uns im Feierabendverkehr auf Flensburg zu begeben. Der Verkehr ist schrecklich, aber zumindest das Wetter passt! Es sind zwar 50 Grad in der Motorradkombi bei strahlendem Sonnenschein, aber irgendwas ist ja immer! 😉
In Harrislee machen wir noch eine Schleife so nördlich wie möglich, bevor wir abbiegen und es für 34 km quasi geradeaus geht. Und wenn ich geradeaus schreibe, dann meine ich aus geradeaus!
Die wenigen Kurven haben ca. 4 Grad, und das auch noch verteilt auf 2 Kilometer Straße! 😉
Ich befürchte, mir so bis nach Süderlügum doch noch eine Kante in den Reifen zu fahren!
Wichtiges Jubiläum
Die Fahrt an sich wäre vermutlich sterbenslangweilig, wenn ich nicht wie ein hypnotisiertes Kaninchen auf meinen Kilometerzähler starren würde 97, 98, 99 – STOPP!!!! Ein Foto muss her!
Das muss dokumentiert werden. 99999 km alt ist meine Vstrom jetzt!
Einen Kilometer weiter möchte ich vor Freude fast vom Motorrad springen! Sechsstellig! Meine V-Strom feiert heute ihren 100.000 km Geburtstag! Alles Gute meine kleine schwarze Schönheit!
Kurz vor Süderlügum biegen wir nach links ab und werden nach ewigen Kilometern der Einsamkeit von der Realität eingeholt! Wir sind im Einkaufszentrum der Dänen gelandet! Die Geschäfte sind dänisch beschriftet und ca 15 Supermärkte bevölkern die Hauptstraße! Und ich dachte vorher, wir wären hier irgendwo im Nirgendwo! Auf unserem vorab gebuchten Reiterhof stellen wir nun auch unsere zwei Rösser ab und verpflegen uns im nahegelegenen Supermarkt mit Brot, Wurst, und natürlich Bier!
Die Wetterberichte aus Westdeutschland sind ja wohl katastrophal! Und wir sitzen hier im Sonnenschein vor dem Haus! Aber für morgen ist ja auch Regen angekündigt. Wir lassen uns einfach mal überraschen! Denn meistens ist das Wetter morgens einfach da!
Gute Nacht oder “godnat”, wie der Däne sagen würde.
Anmerkung des Tages
Anmerkung 1:
Hoppala, sprach die Hauptstraße in Kembs und bog plötzlich sehr eng nach rechts ab! Wie gut, dass mein Motorrad so viele Gänge hat! Ich suche mir einfach mal einen neuen aus, der besser passt! 😉
Anmerkung 2:
Beim letzten Kaffeestopp und gefüllten 35 Grad treffen wir einen Biker, der vor dem Losfahren immer sein Shirt feucht macht, damit es unter der Lederkombi nicht so warm ist! Seine Probleme hätte ich heute morgen bei 11 Grad mal haben wollen!
Anmerkung 3:
Wir sind für zwei Nächte auf einem Reiterhof untergekommen. Und jetzt überlege ich, ob ich es nicht morgen mal mit einem PS versuche! Nein, Scherz gemacht! Das möchte ich keinen Pferd der Welt antun!
Anmerkung 4:
Es ist ein echt tierreicher Urlaub! Neben dem Standard, wie Hund, Katze, Pferd, Rind, Schaf und Ziege haben wir aber auch Ente, Fasan, roter Milan, Sperber, Schwan und Möwe, einen Fuchs, Feldhasen, zwei Rehe und ein paar tolle freilebende Hausschweine gesehen! Und einen Esel!
Anmerkung 5:
Irrsinn liegt immer im Auge des Betrachters! Während alle Spaziergänger und Autofahrer Spaß an unserer Fotosession in Brasilien und Kalifornien hatten, musste uns ein älterer Herr dagegen durch wildes Gestikulieren, Kopfschütteln und ähnliche Wisch-Wasch-Gesten klar machen, dass er so gar kein Verständnis für so viel Vergnügen hat! Junger Mann – einfach mal wieder lachen! 🙂
Anmerkung 6:
Ute, Moni, dieses Foto ist extra für euch!
Anmerkung 7:
Wer sich fragt, warum wir unter anderem Kiel nicht weiträumig umfahren: Wir wollen ja Deutschland umrunden und daher meistens so nah wie möglich an der Grenzlinie entlang. Manchmal bereuen wir diese Entscheidung, manchmal ist es genau die richtige. Es ist halt wie so oft – mal gewinnt man, mal verliert man! 😉 Aber wir würden es jederzeit wieder genauso entscheiden!
Anmerkung 8:
Wir hatten beim Frühstück heute morgen übrigens einen kleinen frechen Besucher. Er hat versucht, mir meinen Keks vom Tee zu klauen!
Danke dafür das ihr in Brasilien und Kalifornien wart. Ein längst verstorbener Kollege sprach immer ganz aufgeregt mit leuchtenden Augen von Kalifornien und Brasilien, Gott hab ihn seelig den guten alten Schombi!
Und danke wie immer fürs mitnehmen 😉
Grüße aus Ober-Olm
Capa
Viele Grüße zurück!
Oooohhh, Lutterbeck. Da kommen viele Erinnerungen hoch. Von Pingunzimmer über Carcassonne und Wirsing und “ich will nur eben noch gute Nacht sagen” bis hin zu 8 Orgis… Meine Güte…
Mal wieder ein sehr amüsanter und interessanter Bericht. Toll wie viel Du immer zu einem Tag schreiben kannst…Wünsche Euch weiterhin eine tolle Reise
Letzte Woche war ich nach dem “Raps und Meer”-Treffen auch noch kurz auf Fehmarn und konnte dank Sonnenschein sehen, wie schön die Insel ist. Die krummen Bäume sind mir auch aufgefallen 🙂
Hast du Fotos? Sonst glaube ich kein Wort. 😉
Das “Lutterbeker”… So viele schöne Erinnerungen!
Ich lese wieder mit größtem Vergnügen – und liebe die Anmerkungen! 🙂
Weiterhin gute Reise und viel Spaß!
Hallo Jule,
da du auch immer unsere Berichte gelesen hast, weißt du, dass Dagmar und ich auch in Brasilien, Kalifornien, Schönberg und Laboe waren. Natürlich habe ich auch das U-Boot fotografiert.
Eine gute Weiterfahrt wünscht W.S. aus L.
Oooohhh, Lutterbeck. Da kommen viele Erinnerungen hoch. Von Pingunzimmer über Carcassonne und Wirsing und “ich will nur eben noch gute Nacht sagen” bis hin zu 8 Orgis… Meine Güte…