Yeah! Endlich wieder Regen
Guten Morgen aus dem Hotel Post in Kirchschlag!
Wir wachen auf vom gleichmäßigen Geräusch der LKW-Reifen auf nasser Straße! Na, das werden gleich wieder Entscheidungen, was wir anziehen sollen und wie viel davon! Ich sammle zuerst einmal die tropfnasse Sturmhaube von der Terrasse ein, die ich wohl gestern beim Abnehmen der Wäsche versehentlich herunter geworfen habe! Gut, die ziehe ich heute wohl mal nicht an. 😉
Das obige Foto vom Hotel ist am Vortag entstanden, da schien noch die Sonne!
Beim Blick in unsere Zimmer möchte ich an der Rezeption anrufen und den Koffer-Pack-Service bestellen! Wie soll das jemals alles wieder in eine Rolle passen.
Wir sind heute morgen nur wenige Gäste im Hotel und sitzen daher ganz alleine am Frühstückstisch. Ich weiß zwar nicht, wie wir das gemacht haben, aber um 8:30 Uhr ist alles fix und fertig gepackt und wir sitzen auf den Motorrädern.
Reisen statt rasen
Frei nach dem Motto “reisen statt rasen” gleiten wir gemütlich durch die Landschaft. Hätten wir uns gestern in den Kurven nicht so müde gefahren, würde ich es heute bedauern, es auf der tollen Strecke nicht noch mal richtig laufen lassen zu können.
Ein lebensmüdes Eichhörnchen überlegt erst, vor mir die Straße zu überqueren, zuckt dann noch mal vor Monika und beschließt dann, dass ihm sein Leben wichtiger ist und überquert erst hinter Monika die Straße! Bei der ersten kleinen Baustelle lächeln wir noch müde. Es ist eine kleine und auch nur eben über die Brücke!
Vor Rechnitz werfen wir noch mal einen sehnsüchtigen Blick zurück in die hügelige Welt hinter uns, während sich vor uns wieder eine weite Ebene ausbreitet.
Eine Baustelle und Regenkombi, die erste!
Hinter Schandorf dann eine weitere Baustelle, diesmal mit dicken Schottersteinen. Aber anders als gestern ist sie hier halt ordentlich verdichtet und gewalzt, so dass außer einer riesengroßen Schweinerei am Motorrad uns das nichts ausmacht.
Monikas Regenmembran von der Kombi ist nicht mehr ganz wasserdicht und das Wetter weiß nicht so genau, was es will. Mal regnet es, dann hört es wieder auf, dann regnet es wieder stärker, dann wird es wieder ganz trocken. Dennoch beschließe ich am Ortseingang von Eisenberg, bei mir wenigstens die Haube über den Tankrucksack zu ziehen und Monika schlüpft mal eben, wobei die Betonung auf “mal eben” liegt, in ihre Regenkombi.
Ohrwurm und viel Kürbis
Bei der Abfahrt sagt sie mir noch schnell bevor ich den Helm schließen kann, dass sie die ganze Zeit unterm Helm singt. Das Lied “Heute kann es regnen, stürmen oder schnei’n”! Ich bin ihr so dankbar, dass ich die nächsten 50 km auch dieses Lied nicht aus dem Kopf bekomme. Das ist wahre Freundschaft! 😉
Wir fahren schon ziemlich lange die B56 entlang. Das ist zwar nicht wirklich spannend, aber ich merke, dass mein Kopf nach dem gestrigen Tag dankbar ist, sich nicht auf jedem Kilometer zu 100% konzentrieren zu müssen.
In Edlitz biegen wir noch einmal auf eine ganz kleine Straße nach links ab, um uns noch ein bisschen mehr der Grenze nach Ungarn zu nähern. Aber schon wenige Kilometer später in Kulm kommen wir wieder auf die B56. Es ist wirklich feucht, sogar die Spiegel am Motorrad beschlagen. Auf einer Wiese laufen ein paar Laufenten aufgeregt hin und her. Ich glaube, das ist das perfekte Wetter für ihr Lieblingsfutter: Schnecken!
Beste Laune, trotz Regen
Hinter Moschendorf der nächste Abzweig. Wieder wollen wir ganz dicht an der Grenze entlang und hangeln uns auf kleinsten Straßen durch Deutsch-Bieling, Reinersdorf und noch den ein oder anderen Ort. In Inzenhof findet TomTom mal wieder eine tolle Variante um eine Garage und sieben Häuser herum. Damit können wir das Thema “unbefestigt” für heute auch abhaken.
Wir stehen mitten in den Weinbergen, und dicke blaue Trauben hängen an den Reben. Wenn ein Foto in dem nassen Wetter nicht immer so kompliziert wäre, hätten wir dies auch auf Zelluloid gebannt! Unsere gute Erziehung hat uns dann auch davon abgehalten, einfach ein paar Trauben zu klauen.
In Großmürbisch gibt es eine Pension, die gleichzeitig ein Gasthof und ebenfalls ein Kaufhaus ist. Leider hat sie geschlossen, sonst hätte ich einen neugierigen Blick hineingeworfen. Wir scheuchen ein paar Pferde am Straßenrand auf, obwohl wir wirklich langsam und gemütlich vorbei rollen. Die Katze auf der rechten Seite starrt uns dagegen nur gelangweilt an!
Es regnet weiter, wenn wir links abbiegen, ebenso, wenn wir rechts abbiegen! Es regnet auch auf den kleinen Straßen, auf den großen ist es auch nicht besser.
Wir sind unglaublich gut drauf! Ehrlich! Wir haben zwar den Regen von innen im Visier, das Visier beschlägt, die Straße ist nass und rutschig, die Sicht ist mies, aber wir haben wirklich heute einen riesigen Spaß und finden es fast schade, dass wir schon so viele Kilometer gemacht haben.
Die Strecke nach Heiligenkreuz muss eine Teststrecke für Straßenbeläge sein. Wir glauben, dass in 16 Farben und 84 Materialien die Straße geflickt worden ist. Es ist fast ein Schachbrett vor meinen Augen.
Kaffeepause und Regenkombi, die zweite
In Heiligenkreuz im Lafnitztal machen wir einen Kaffeestopp und sind erstaunt, wie viel Betrieb an einem Montagmorgen in einem Gasthaus sein kann. Ausnahmslos Männer sitzen hier, spielen Karten, trinken Grüntee oder klönen im Nachbarraum mit Bier beim Frühschoppen!
Nach der erholsamen Pause wollen wir dann aber auch wieder los. Ich öffne die Tür und mir fällt die Kinnlade herunter! Es regnet in Strömen!!! Also muss Monika noch mal einen Moment auf mich warten, bis auch ich die Regenkombi aus dem Motorrad geholt habe und mich hinein operiert habe.
Weil direkt nebenan eine Tankstelle ist, versorgen wir auch die zwei treuen Rösser noch mal mit dem notwendigen flüssigen Nass.
Einmal Vollwaschgang bitte!
Die entgegenkommenden Fahrzeuge werfen die Gischt im hohen Bogen ins Feld und auch in den Gegenverkehr beim Durchfahren der Pfützen! Es regnet wirklich ordentlich. Wir sind daher froh, als wir wieder einmal die Hauptstraßen verlassen, um uns auf kleineren Straßen Jennersdorf zu nähern.Der Regen trommelt wild auf unsere Helme. Auf einmal geht es ordentlich bergauf! Leicht untertourig pöttert der 2-Zylinder meiner Strom wie ein Traktor den Berg hinauf.
Hier ist es schon richtig Herbst und auf den kleinen Straßen liegt sowohl Laub wie auch ein dichter Teppich von Kastanien! Wir rollen wirklich gemütlich hindurch und ich bewundere, wie routiniert und besonnen wir bei diesem Wetter unterwegs sind.
In Neudorf am Klausenbach folgend wir ein Stück dem “Themenweg alte Grenze”. Wir haben inzwischen das Burgenland verlassen und sind in die Steiermark eingetaucht – dem Zentrum für Kürbiskernöl!
Mir läuft so langsam das Wasser einmal vorne am Helm rein und dann den Hals hinab. Ich weiß nicht so richtig, wo der Wassereinbruch immer herkommt! Aber egal, es ist mit 17° der wärmste Regen, den wir bei unserer Reise hatten. 😉
Die slowenische Grenze
Zwischen Tauka und Kalch sehen wir das erste Mal ein Grenzschild nach Slowenien. Dies ist das fünfte an Österreich grenzende Land auf unserer Reise.
In St. Anna am Aigen hört endlich der Regen auf. Hier sind sogar die Straßen trocken! Was für eine Wohltat!! Mist, hätte ich das mal nicht so laut gedacht! Denn schon wenige Kilometer danach setzt der Dauerregen wieder ein, stärker als zuvor. Ich ziehe die Schultern ein Stück höher, wische noch einmal übers Visier und rolle auf kleinen Straßen nach Bad Radkersburg zu.
Man merkt, dass wir in der zweiten Hälfte unserer Reise sind. Ab Bad Raskersburg fahren wir quasi nur noch nach Westen, über mehrere Tage zurück nach Tirol – dem Ausgangspunkt unserer Österreich-Umrundung.
Mittagspause an der Mur
Die Mur ist unser ständiger Wegbegleiter, während wir auf der B69 Richtung Westen fahren.
In der Fleischerei Gasthaus Oberer in Mureck setzen wir zunächst mit unseren Regenklamotten das Lokal unter Wasser, bevor wir die beste Leberknödelsuppe seit Langem essen! Auch ein Espresso darf es diesmal nach dem Essen sein. Ich wechsele einmal Halstuch und Sturmhaube, der erste Satz davon ist mehr als nur feucht und darf im Topcase verschwinden.
Trocknen an der Weinstraße
Wir verlassen den Gasthof wieder und packen uns erneut dick in unsere Regenklamotten. Die Wetter-App sagt zwar, dass der Regen aufhört, aber wir wollen zumindest unsere durchweichten Regenkombis im Fahrtwind trocknen. Auf den ersten Kilometer nieselt es noch ein bisschen und unser Plan geht nur teilweise auf. Aber je weiter wir fahren, desto wärmer wird die Luft, der Regen hört auf und die Straßen trocknen ab.
Vor Gersdorf überqueren wir die Mur und biegen auf die Weinstraße ab. Meine Güte! Ist das hier schön! Wir können wegen der engen Kurven nicht wirklich schnell fahren, das möchten wir aber auch gar nicht. Denn die Ausblicke links und rechts sind einfach zu schön.
Durch die Weinberge zum Demmerkogel
Als wir durch Leutschach fahren, zweifel ich sehr an mir und meiner Routenplanung. Ich sehe auf dem Navi drei blaue (und damit geplante) Straßen auf dem Display und kann mir das selbst bei einem Blick auf die Karte durch den total beschlagene Tankrucksack nicht erklären. Also halte ich an und stelle fest, dass hier die zweite Schleife des Tages eingebaut ist. Da es trocken ist und unsere Handschuhe in Fahrtwind noch etwas trocknen sollen, fahren wir diese Schleife also wie geplant. Oh, was hätten wir verpasst. Wieder einmal geht es kreuz und quer durch die Weinberge und nicht nur einmal glaube ich, gleich in einem Weingut zu stehen.
Wir halten auf dem Weg zum Demmerkogel für einen kleinen Fotostopp – wenn’s trocken ist, geht das ja recht einfach.
Über große Straßen zur Kaffeepause
Weiter geht es kreuz und quer durch die Weinberge und der Geruch von frisch gegorenen Trauben steigt uns in die Nase. Ab und an warnt uns ein Schild davor, dass vor uns eine Hofdurchfahrt liegt. Ich frage mich eher, wann man mal nicht rechts den Hof und links die dazu gehörende Buschenschank hat.
In Heimschuh sind die kleinen Straßen vorbei. Wir liegen auf die B74 ab und steuern geradewegs auf Leibnitz zu. Mein Navi möchte uns ab hier über die Autobahn lotsen?! Das hat ja wohl ein Vogel! Kurze Orientierung beim Fahren und ich biege auf die parallel liegende Bundesstraße B10 ab. Ist zwar nicht viel besser, weil wir mitten in den Feierabendverkehr geraten, aber immerhin keine Autobahn!
In Obervogau geht es aber dann schon wieder rechts ab und in weit geschwungenen Kurven können wir uns noch ein bisschen den Wind um die Nase wehen lassen. Wir haben weniger als 40 km bis zum Hotel, aber ein Kaffee in Gamlitz muss noch sein. Hier ist der Nabel der Welt und wir müssen uns auch noch zwischen mehreren Lokalen entscheiden. Da wir gestern im Hotel zur Post übernachtet haben, heute Abend auch wieder in einem Hotel zur alten Post sind, entscheiden für uns in Gamlitz auch für das Wirtshaus zur alten Post. Eine gute Wahl!
Auf der Straße am Wirtshaus fährt ein Motorradfahrer vorbei. Uns fällt auf, dies ist der erste Motorradfahrer,den wir am heutigen Tag sehen! Wo sind die anderen?
Startschwierigkeiten auf den letzten Kilometern
Meine V-Strom möchte nach der Pause nicht anspringen. Ich tippe auf den völlig zugedreckten Seitenständer-Schalter und flute diesen ordentlich mit WD40. Aber sie möchte immer noch nicht anspringen. Quasi zeitgleich tippen Monika und ich auf einen Fehler, der mir vor drei Jahren schon mal passiert ist. An meinen verstellbaren V-Trec-Hebeln hat sich am Kupplungshebel der Schieber verstellt und dadurch trennt der Kupplungshebel nicht mehr. Den Schieber eine Stufe höher gestellt und schon schnurrt die Kleine wieder.
Die letzten 40 km vergehen wie im Flug! Ein paar schnell Kurven links, ein paar schnell Kurven rechts und in der Ferne hier lächelt uns sogar ein Hauch von Sonne an. Ich glaube, es ist der erste helle Fleck, den wir heute sehen!
Wir biegen nach Wies ab und nehmen dann die letzten Kilometer bis Bad Schwanberg zum Hotel “Zur alten Post” in Angriff. Wir dürfen unser Gepäck direkt vorm Hotel abladen und die Motorräder stehen trocken in einer schönen Garage hinterm Haus. Mit den restfeuchten Klamotten verwüsten wir wie immer in Sekundenschnelle das Hotelzimmer, bevor wir uns bei Sturm, Kässpätzle und Kürbisnudeln zum Abendessen nieder lassen.
Outtakes – das Hotelzimmer
Wir wollten es eigentlich nicht zeigen, können es euch aber quasi nicht vorenthalten: Das Hotelzimmer als Trockenraum! 😉
Morgen starten wir mit einer großen Runde hier in der Gegend, bevor es nach Ferlach geht. Drückt uns die Daumen, dass die Wettervorhersage Recht hat und es ein sonniger Tag wird.
Anmerkungen des Tages
Anmerkung 1:
Wir haben ja gestern gewaschen. Aber trotz Wäscheleine auf dem Balkon sind die Sachen nur bedingt trocken! Da wir heute eh von außen nass werden, überlegen wir kurz, ob wir nicht direkt die feuchte Kleidung anziehen! Dann ist es nicht so unangenehm, wenn es von außen nachläuft. 😉
Anmerkung 2:
Diese Anmerkung ist wieder eine von vor ein paar Tagen. Ich weiß nicht mehr, wann und wo es war. Aber am Horizont haben wir große Pumpen (wie die Ölförderpumpen) gesehen, die sich in gemütlichen Tempo am Horizont heben und senken. Was wird hier gefördert? Oder wird hier nur entwässert?
Anmerkung 3:
Bei der ersten Kaffeepause stellen wir bei einem Blick auf die Karte fest, dass es gar nicht mehr weit bis Schwanberg ist. Nur so 30 cm! Das geht ja! 😉
Anmerkung 4:
In dem Lokal in Heiligenkreutz kostet das Menü mit Suppe, Hauptspeise und Nachtisch 7 €! Ich frage mich wieder, wovon die eigentlich leben!
Anmerkung 5:
Vorhin hatte ich einen Krümel im Auge, jetzt einen Frosch im Hals. Und welches Zipperlein kommt dann?
Anmerkung 6:
Noch ein Kinderreim aus “Hottentoten, grüne Motten”
Du kleine Fliege, wenn ich Dich kriege
dann reiß ich dir das linke Beinchen aus..
dann mußt du hinken, auf einem Schinken.
Anmerkung 7:
Ich glaube, der Wassereinbruch an meinem Helm kommt vom Polster des Kinnriemens, der an der Seite herausschaut. Muss ich beim nächsten Mal drauf achten.
Anmerkung 8:
Bei der Mittagspause gestern reden drei ältere Personen an unserem Tisch ein komisches Kauderwelsch aus unverständlichen Lauten, gemischt mit italienisch klingenden Wörtern. Das kommt mir doch bekannt vor. Ich frage höflich, welche Sprache sie sprechen und siehe da, es ist tatsächlich Rumänisch. Wir kommen nett ins Gespräch und tauschen ein paar Anekdoten ihres Heimatlandes uns unserer Reise 2019 aus. #
Anmerkung 8:
Während bei mir das Wasser vorne in die Kombi läuft, kriecht es Monika in den Nacken. Irgendwie gleicht sich das dann doch aus, oder?
Anmerkung 9:
Warum hat eine Regenkombi nicht-wasserdichte Taschen und sind die nicht beschrifteten dann immer regendicht? Fragen über Fragen!
Die Route
„Kürbisfeld voller geschredderter Kürbisse – warum tut man das?“
Weil das Kernölkürbisse sind – die werden direkt von der Erntemaschine am Feld „geschreddert“ und die dabei gewonnenen Kürbiskerne werden dann getrocknet, geröstet und gepresst -> Steirisches Kürbiskernöl. Wurde früher alles von Hand (ebenfalls direkt am Feld) erledigt…
In Niederösterreich fördert die OMV Erdöl.
Deine Vermutung ist also richtig
Ist ja genial! Danke für die Aufklärung…