Angenehm kühle Nacht
Wir haben gestern per Klimaanlage unser Zimmer ein wenig heruntergekühlt und daher eine von den Temperaturen her sehr angenehme Nacht verbracht! Geschlafen haben wir eigentlich ganz gut, vermutlich waren wir erschöpft genug. 😉 Natürlich waren wir wieder unglaublich früh wach und haben darüber nachgedacht, ob und wie das alles heute morgen an der Fähre funktionieren wird. Da sind wir dann vielleicht doch ein bisschen zu sehr kopfgesteuert und lassen die Dinge nicht einfach auf uns zukommen!
Wir packen unser Zeug zusammen und verladen schon kurz nach 7 Uhr alles auf die Motorräder! Wir verzichten auf das Frühstück in der Vila Franceze und starten um 7:30 Uhr auf die wenigen Kilometer bis zur Fähre!
Die Straßen sind auf den folgenden 1500 Metern so herausfordernd wie am Abend zuvor, aber ab der Brücke geht es dann endlich auf frischem Asphalt zügig bis zum Tunnel, den wir auch in einem Schwung bis auf die andere Seite durchfahren können. Das wollten wir nämlich auf keinen Fall: Im stickigen Tunnel darauf hoffen, dass einen die anderen Fahrzeuge vorbei lassen.
Abenteuer Fährverladung
Die Jungs von der Fähre sind happy, dass wir so früh da sind, weil unsere beiden Motorräder dann wirklich in die hinterste Ecke der Fähre geschoben werden können. Mit einem beherzten Ruck werden sie ganz am Ende auf dem Hauptständer stehend zwischen die weißen Pfeiler gezogen. Wir schlagen die Hände über dem Kopf zusammen, aber man sieht, dass die Jungs das nicht zum ersten Mal machen. Wir finden, so viel Hilfe ist ein kleines Trinkgeld wert.
Am Fähranleger holen wir das ausgefallene Frühstück nach und schauen dann dem lustigen Treiben zu. Einem kleinen Straßenverkäufer kaufen wir noch etwas Obst ab und sind dann gerüstet, für die Überfahrt.
Fährverladung zum Zuschauen
Eine Stunde nach unserer Ankunft herrscht inzwischen absolutes Chaos am Hafen. Ich weiß nicht, wer hier noch einen Überblick behält, wer auf welche Fähre und wohin muss. Es war in doppelter Hinsicht eine gute Entscheidung, so früh da zu sein: Zum Einen sind wir ganz entspannt auf die Fähre gekommen, zum Anderen haben wir nun die Zeit, das Chaos in Ruhe von außen zu betrachten.
Musik liegt in der Luft, wir sind zu Scherzen aufgelegt.
Traumfjord Koman-Stausee
Es geht mit etwas Verspätung zwischen den vielen kleinen Tagestouristenbooten dann irgendwann los. Es ist ein bisschen unwirklich, dass wir nun wirklich in Albanien auf dieser Fähre sind. Es ist recht kühl auf dem Wasser, in Motorradsachen sind wir aber perfekt gekleidet. Die vielen jungen Backpacker in Hotpants und Top scheinen aber zu frieren und hüllen sich in ihre serviettengroßen Handtücher.
Es ist voll geworden auf der Fähre und wir sind froh, einen der begehrten Sitzplätze ergattert zu haben. Andere sitzen oder liegen auf dem Boden, die junge Generation hält ein Schläfchen!
Abwechseld fallen karge Felsen direkt bis ins Wasser, um kurz danach von dicht und grün bewaldeten Hängen abgelöst zu werden, Die Berge sehen als, als würden sie sich in alle Richtungen biegen oder falten.
Wir genießen die Ausblicke in alle Richtungen und fragen uns bei dem ein oder anderen Haus, warum es genau hier gebaut wurde und warum es tatsächlich bewohnt ist! Nach ungefähr zwei Stunden wird uns so richtig bewusst, dass wir uns immer noch auf einem Stausee befinden und die kleine Staumauer in Koman dieses ganze Wasser zusammenhält!
Wir fühlen uns wie in norwegischen Fjorden
Weiter geht es auf dem See mit immer neuen Ausblicken. Immer mal wieder sieht man allerdings auch kleine Ansammlungen von weggeworfenen Plastikflaschen und Bechern im Wasser treiben. Das ist wirklich schade, ich habe es mir aber schlimmer vorgestellt!
Nach einer Engstelle mit Meter hohen Felswänden öffnet sich das Tal wieder und die Landschaft wirkt nicht mehr so unwirtlich. Es tauchen Straßen auf, so richtige, mit Leitplanken, der Mobilfunkempfang wird besser und bewohnte Landzungen lassen auf Zivilisation schließen.
Ankunft in Fierze
Nach knapp dreistündiger Fahrt kommen wir in Fierze an. Das Entladen der Menschen, der Wohnmobile, der Autos und Motorräder geht dann tatsächlich relativ schnell! Ein beherztes Querziehen am Motorrad und die V-Strom steht so, dass ich wieder herausfahren kann! Die Jungs von Berisha Ferry sind einfach super nett und hilfsbereit. Mich spricht ein unglaublich schlecht gelaunter andere deutscher Motorradfahrer an und erzählt, er wolle schnell runter von diesem Viehtransporter. Ich möchte schnell weg von so viel schlechter Energie.
TomTom verweigert die Kooperation und ich lasse mir von Monika den ersten Abbiegehinweis geben. Aber es nützt einfach nichts, mein Navi mag mich auch nach drei Kilometern noch nicht. Also halten wir in Bregelume schon direkt am Kreisverkehr wieder in einer Bar. Wir hatten zwar eigentlich die letzten 3 Stunden schon Pause, aber ohne Navi macht das Weiterfahren keinen Spaß. Eine kleine Stärkung vor der Weiterfahrt kann auch nicht schaden. Der Salat ist fantastisch, die Pommes eher nur sättigend. Dafür entspricht die Toilette nicht unbedingt westlichem Standard, ist aber durchaus sauber!
Fierza-Stausee
Wir verabschieden uns von den vielen anderen Motorradfahrer, die ebenfalls in der Bar angehalten haben und machen uns nun auf den Weg zu unserem heutigen Etappenziel Kukes. Am Ortsausgang von Bregelume möchte ein kleiner Junge, der von der Schule kommt, mit mir abklatschen. Die Freude gönne ich ihm natürlich und rolle langsam mit ausgestreckter Hand an ihm vorbei.
Schon auf den ersten Metern sind wir so fasziniert von der vollkommen anderen Landschaft, dass wir prompt beide die erste Kehre neben der Staumauer des Fierza-Stausees fast verpassen. Wo kommt die denn auf einmal her?
Wir klettern die wenigen Kehren hoch und befinden uns schlagartig gefühlt über den Bergen! Diese rotbraune mit Bäumen gespickte Landschaft und am Horizont mit schroffen hellen Bergen endend hätte ich hier nicht erwartet! Tief unter uns schlängelt sich kilometerlang der Fierza-Stausee, den wir in Kukes wiedertreffen werden.
Höchste Konzentration
Die Straße lässt sich eigentlich ganz gut fahren, ist aber dennoch herausfordernd. Ganz unerwartet tauchen medizinballgroße tiefe Schlaglöcher, sandige Pistenabschnitte oder komplett fehlende Straßenstücke auf. Wenn das alles mal nicht zutrifft, dann kommt Gegenverkehr. Wobei dieser so selten ist, dass eben genau dies dann so überrascht.
Wir müssen uns wirklich sehr konzentrieren, die Hitze macht es nicht leichter. Nach 20 km in der Einsamkeit taucht vor uns das Hotel Alpina auf! Was tut man hier? Urlaub machen? Kein Skilift, kein Strand und Natur zum Wandern wäre davor und danach auch genug! Ich finde ein paar Kilometer weiter einen geeigneten Platz zum Anhalten. Wir nutzen die Pause für einen Fotostopp, etwas Traubenzucker, reichlich Wasser und einen kurzen Moment des Abschaltens.
Wir haben inzwischen auch die felsige Gebirgslandschaft verlassen und Kiefern verbreiten ihren typischen Duft in der Nachmittagshitze! Ein Schild begrenzt die Geschwindigkeit auf maximal 40 km/h! Monika und ich denken gleichzeitig, wie sollen wir denn nur bloß so schnell fahren! Heute ist wie gestern einer der wenigen Tage, wo nicht wir dem Navi Zeit abnehmen, sondern das Navi uns!
Straßenkategorien in Landkarten
Wir müssen und wollen wieder weiter. Ich bin fasziniert über die blauen Straßenschilder, die in Ortschaften weisen. Schaut man in die entsprechende Fahrtrichtung, geht es einfach nur eine steile Schotterpiste hinab!
Luftlinie wären wir vermutlich schon längst im Hotel, aber die Straße schlängelt sich in unendlichen Windungen an den Berghängen entlang und kennt keine Abkürzung über Brücken oder durch Tunnel. Wir kurven weitere 25 Kilometer, bevor wir irgendwo im nirgendwo nach links auf die SH5 abbiegen können! Jetzt weiß ich auch was der Unterschied zwischen orangfarbenen (SH22 ab Fierze) und roten Straßen (SH5 nach Kukes) ist. Rote Straßen sind wie orangefarbene Straßen, nur mit LKWs und mehr Verkehr! Denn glaube ich zunächst nach den ersten 500 Metern, dass die Straße nun breiter und flüssig zu fahren ist, klafft auf der linken Seite plötzlich ein ca. zwei Quadratmeter großes Loch im Asphalt und ich kann durch das Loch hindurch den Hang darunter deutlich erkennen!
Wurde ich vor zwei Wochen noch für meine sehr gute Fahrlinie gelobt, fahren Monika und ich hier wieder unsere “rumänische Acht”. Man fährt die Kurven mal auf der eigenen Fahrbahn, mal auf der Gegenspur, dann links, rechts oder auch mal in der Mitte. Wenn gar nichts mehr geht, wechselt man mitten in der Kurve halt noch mal die Fahrbahnseite.
Wir laufen auf einen Lkw auf, bei dem ich zunächst überlege, ihn zu überholen! Aber ich gebe ganz offen zu, für die Straßenverhältnisse ist der echt flott unterwegs. Aus dem Nichts heraus taucht seine Firma – die Lajthiza Wasser GmbH- auf und ich habe das Gefühl, wir fahren mitten über das Werksgelände! Aber immerhin ist der LKW jetzt weg und wir können in unserem Tempo weiterfahren.
Dringender Kaffeestop
Eigentlich ist die Straße gar nicht so schlecht zu fahren. Sie hat zwar quasi auf unserer Ideallinie eine tiefe Rinne, die zu unserer Freude bereits stellenweise grün bewachsen ist, aber wir sind auch wirklich müde durch die Hitze und die Anstrengung. Im Hotel Rrahimi finde ich dann endlich einen Pausenpunkt, bei dem wir im Schatten sitzen und ein bisschen die Füße baumeln lassen können.
Autobahn Richtung Kosovo
Gestärkt starten wir wieder die Motoren unseren beiden treuen Begleiterinnen. Die Straße ist jetzt viel besser zu fahren als vorher. Natürlich merkt man auch, dass wir beide jetzt etwas ausgeruht sind und viel Flüssigkeit getankt haben! Aber die Schlaglöcher sind zum Großteil wie weggeblasen, aber die Konzentration darf man deshalb nicht schleifen lassen. Der Überraschung lauert immer noch auf der Strecke. Was auf meiner Karte noch aussieht wie die gut ausgebaute SH5 ist die inzwischen fertiggestellte A1 Richtung Kosovo. Es ist bereits Pristina aus geschildert, was uns bewusst macht, wo wir uns eigentlich gerade befinden!
Wir fahren auf der Autobahn, diese ist für jede Richtung zweispurig und hervorragend ausgebaut. Trotzdem herrscht auch hier eine Geschwindigkeitsbegrenzung auf 60 km/h, an die sich niemand, aber auch gar niemand hält.
Ein ganz kleines Stück vor Kukes ist die Autobahn noch nicht fertig. Die im Bau befindliche Stahlbrücke steht rostend rechter Hand und wartet darauf, auf die bereits betonierten Pfeiler gezogen zu werden. Aus der Ferne sah die Brücke leider aus wie Industrieschrott, scheint aber nigelnagelneu zu sein.
Luxushotel vor der Grenze
Weiter geht es die SH5 bzw. A1 Richtung Grenze zum Kosovo, bevor wir im wunderschönen und frisch renovierten Hotelkomplex “Dardania” unser Nachtlager aufschlagen!
Wenn hier der erste Eindruck zählt, erwartet uns Hervorragendes! Die Zimmer sehen wirklich fantastisch aus, der Service ist exzellent, wir haben einen Parkplatz direkt vom Hotel und bekommen unmittelbar nach Einzug in unser Zimmer zwei eisgekühlte Flaschen Wasser per Zimmerservice vorbeigebracht. Das Hotel ist so neu, dass allerdings die Kleiderbügel noch nicht gekauft und die Klebefolie vom Badezimmerfenster noch nicht abgemacht wurde. Aber ansonsten haben wir nichts zu beanstanden.
Lallend im Sonnenuntergang
Das albanische Bier auf der Hotelterrasse schmeckt hervorragend und ich werde so schnell betrunken, dass ich nicht weiß, ob ich heute noch fehlerfrei über den Abend berichten kann. Prost!
Wenig später entscheiden Monika und ich, dass wir in Motorradkleidung direkt zu Abend essen. Mühsam lallen wir unsere englischsprachige Bestellung dem albanischen Kellner ins Ohr. Wir brauchen dringend eine Grundlage vor dem zweiten Bier.
Dusche und gute Nacht
Die Nudeln haben geholfen! Auf unserer heutigen Gesamtrechnung stehen 64 €. Darin enthalten ist das Doppelzimmer inklusive Frühstück, zweimal Nudeln und vier Bier! Dieser Urlaub wird definitiv eine Mischkalkulation.
Ich gehe heute als erstes unter die Dusche und da wir die einzigen Gäste sind, warte ich ca 5 Minuten, bis warmes Wasser kommt! Aber ansonsten ist bisher hier alles perfekt! Bei eingeschalteter Klimaanlage sinnieren wir über unseren heutigen Tag. Ich sortiere Bilder, lache über Videos und schaue Monika beim Einschlafen zu.
Gute Nacht Kukes, gute Nacht Hotel Dardania.
Anmerkungen des Tages:
Anmerkung 1:
Irgendwie herrscht eine unglaublich hohe Luftfeuchtigkeit! Monika und ich sind jedes Mal nass geschwitzt, nur weil wir die Motorradjacke angezogen haben. Das hinterlässt Spuren! Als ich gestern Abend von draußen in unser Zimmer in Koman reinkomme, bin ich mir sicher, wir schlafen in einem Ziegenstall! Wir sind uns gemeinsam sicher, dass unsere Kleidung nach dieser Reise als Sondermüll gilt. Da hilft kein Waschen mehr.
Anmerkung 2:
Bevor jemand glaubt, wir wären der Straße ab Fierze nicht gewachsen gewesen: mit “herausfordernd” meine ich an dieser Stelle vor allen Dingen bezüglich der Konzentration! Wir sind im Prinzip über 120 Kilometer lang kleinste Straßen gefahren, was einfach auf der Länge der Strecke ermüdend ist!
Anmerkung 3:
Als Monika und ich das Foto mit den Feigen auf dem Boot gemacht haben, ist mir die erste Feige aus der Hand gerutscht, unter dem Sonnendach herunter gekullert und ist vermutlich einem Gast auf dem unteren Deck auf den Kopf gefallen. Ich konnte mich von oben nicht entschuldigen, aber mir ist das wirklich peinlich!
Anmerkung 4:
Ich sitze beim zweiten Bier und blogge noch ein bisschen mit Spracherkennung. Monika muss mich bei jedem zweiten Satz korrigieren, die deutsche Sprache scheint nicht mehr so fehlerfrei zu funktionieren.
Anmerkung 5:
Das Hotel Rrahimi bei unserem letzten Kaffeestop war echt nett und die Gastgeber super freundlich und bemüht. Zwei Wasser, ein Apfelsaft und ein Espresso kosteten nur 5 Euro. Aber die Elektrik im Toilettenbereich war sensationell.
Anmerkung 6:
Wegen einer Bemerkung bei Facebook noch mal der Hinweis: Wer falsch geschriebene Ortsnamen findet oder fehlende Sonderzeichen, darf sich dies notieren, kopieren und dann einfach wegwerfen. Ich bemühe mich redlich um Rechtschreibung und Fehlerfreiheit, aber die Sonderzeichen abends auf einer für Mäusefinger gedachten Tastatur zu finden, tue ich mir einfach nicht an. Der Kommentierende meinte, das wäre aber eine schlechte Visitenkarte im Netz für mich. Ist es nicht, es ist mein Tagebuch!
Die Route:
Ihr zwei macht es schon richtig!
Diese Etappe – Koman Fähre nach Kukes habe ich heuer im Juni gemacht – und habe (fast) die gleichen Eindrücke gewonnen 🙂 . Lass dich von”Bürokraten” nicht ärgern! lg
Mei diese alten Facebook-Unken – sollen doch weinen gehen, gehen mir die auf die Nüsse, echt.
Ich find euer Tagebuch supercool und lese es jeden Tag mit viel Vergnügen.