Beschaulicher Morgen
Was für ein ruhiger morgen in Räderloh!
Die Spatzen schimpfen von den Dächern, die Schwalben füttern ihre Jungen und der Haus- und Hofhund vertreibt irgendetwas, was außer ihm wohl niemand sieht. Wie immer sind wir früh auf den Beinen und genießen das Frühstücksbuffet. Bei dem wunderbaren Wetter ist es sehr schade, dass der Frühstücksraum recht spärlich beleuchtet ist und etwas düster wirkt. Aber Tee und Brötchen sind lecker, der Obstsalat oberhochköstlich!
Wir nutzen die Zeit, um mit den beiden dänischen Motorradfahrern noch einen kurzen Schwatz zu halten. Sehr nett, aber irgendwie auch sehr kurios.
Beide sind Motorradfahrer, aber nur einer hat ein Motorrad. Der andere ist mit dem Auto da. Heute macht der mit Motorrad ein Schräglagentraining in Wesendorf mit – das für Frauen. Und danach geht es zusammen weiter ins Sauerland, wo der mit dem Auto sich dann ein Motorrad leiht….. ähm…. Also alles sehr spannend! 😉
Die Jungs sind beide schon weg, als wir gegen 9 Uhr auch vom Hof rollen. Durch die Wälder geht es Richtung Blickwedel, am Straßenrand sind die tiefen Furchen der Wildschweine stumme Zeugen nächtlicher Aktivität.
Nebelschwaden, die aus den Wäldern über die nun sonnenbeschienenen Felder wabern, tauchen die Landschaft in den ganz surreales Licht. Dort, wo der Nebel weg ist, blendet die noch tiefstehende Sonne. Meine nächsten Routenplane ich wie ein Seefahrer im Gegenwind. Zickzack gegen den Sonnenschein, da mich tatsächlich die morgendliche oder späte Abendsonne extrem blenden.
Eine Gruppe des Reiseveranstalters Y-Tours fährt ein paar Kilometer vor uns. Sie fahren zwar nicht offiziell in Kolonne, ich möchte aber doch nicht durch diese Gruppe hindurch LKW- Hopping spielen.
Aber schon bald biegen wir ab und haben wieder freie Fahrt!
Rechter Hand taucht unerwartet ein riesiger Bauwerk am Horizont auf. Ich setze spontan den Blinker und schon stehen wir unetrhalb der gigantischen Schleusenanlage Uelzen-Esterholz. Der Weg bis zur Besucherplattform ist uns dann doch zu weit, aber einen Blick aus der Ferne werfen wir noch drauf.
Wildwechsel
Man merkt, dass Sonntagmorgen ist und noch nicht einmal die Kirchgänger auf den Straßen sind. Die Orte sind menschenleer und auch auf den Straßen sind keine Autos, Motorräder oder Fahrräder unterwegs! So könnte ich gerade stundenlang weiterfahren!
Was sich früh morgens durch die Wildschweinspuren am Straßenrand schon andeutete, wird kurz hinter Oetzen bestätigt – Wildwechsel! Zwei 2 plötzlich von rechts auf die Straße springenden Rehe lassen uns einmal etwas fester in die Bremsen greifen. Es war nicht wirklich knapp, aber wach sind wir jetzt defintiiv!
Auf den weiteren Kilometern von Himbergen bis Röthen durch den Göhrder Staatsforst sind wir entsprechend aufmerksam und reizen die Maximalgeschwindigkeit nicht ganz so aus.
Der ehemalige Grenzfluß
Unser erstes kleines Ziel ist die Elbfähre in Neu Darchau!
Wie so oft haben wir totales Glück und stehen gerade mal zwei Minuten, bevor die Fähre anlegt und uns unmittelbar auf die andere Seite der Elbe bringen möcht. Halt – Zeit für ein Foto muss aber noch sein!
Auf der anderen Seite angekommen, holt sie uns das erste Mal ein – unsere letztjährige Deutschlandtour. Denn wieder einmal fahren wir über die ehemalige deutsch-deutsche Grenze.
Eigentlich wäre es so langsam Zeit für einen Kaffee, aber weder Dellien, Preten, Besitz oder Tessin sind willig, uns mit einem Café am Straßenrand diesen Gefallen zu tun! Daher ist es ein kleines Waldstück vor Kogel, das somit Schauplatz unserer kleinen Rast bei Wasser und Müsliriegel wird. Auf geht’s, nächster Treffpunkt ist groß Sarau, wo wir vermutlich termingerecht unsere Mittags-Verabredung treffen.
Mittagspause
In Zarrentin schließt sich ein zweites Mal der Kreis zu unserer Reise im vergangenen Jahr. Hier sind wir 2018 von unserer geplanten Route abgewichen, weil ich auf schnellsten Wege nach Lübeck musste, um die neue Batterie in die V-Strom einbauen zu lassen. Heute aber nehmen wir also endlich auf der Ostseite des Ratzeburger Sees die Genussroute unter die Räder.
Extra für Monika biege ich noch mal links von der Straße ab und drehe eine kleine Schleife am See entlang. Juhu! Kopfsteinpflaster, welches an unseren treuen zwei motorisierten Damen mal wieder alles rappeln und klappern lässt!
Vor dem Restaurant Noris Krug werden wir schon erwartet. Ralf und Carola sind aus Lübeck die paar Kilometer zu uns gekommen und in der Sonne verbringen wir eine unglaubliche kurzweiliger, nette und sehr leckere Mittagspause. Ich könnte stundenlang sitzen, aber es nützt ja nichts, wir haben noch ein paar Kilometer vor uns.
Wir düsen zur Fähre nach Priwall und werden vom ersten Wetterumschwung total überrascht. War es gerade noch 24 Grad und sonnig, verhängt nun dichter Nebel die Sonne und die Temperaturen sinken schlagartig auf den nur knapp zweistelligen Bereich. Somit ist die Aussicht auf der Fähre auch eher diesig – im wahrsten Sinne des Wortes.
Ostseewahnsinn
Wir ahnen in etwa, was auf uns zukommt, da wir uns an einem Sonntag sowohl Travemünde, wie auch den Timmendorfer Strand und Haffkrug vorgenommen haben. Wir haben aber die Rechnung ohne die unglaublich vielen Sperrungen und Baustellen gemacht, so dass unsere Zeit mit Umleitungen, ausweichen und dadurch entstehende Staus vertrödelt wird. So haben wir uns das dann doch nicht vorgestellt!
So langsam wird die Zeit auch nach hinten raus knapp. Aber egal! Jammern können wir auch morgen noch! In Pelzerhaken gönnen wir uns daher das wohlverdiente Eis! Es gibt so Tage, da isst man einfach gerade das leckerste Eis der Welt!
Wettersturz
Nach Pelzerhaken wechselt das Wetter nun im Minutentakt zwischen toller Sonne und dichtem Nebel, der einen eiskalt umhüllt.
Wir beschließen, die weiterhin geplanten Schleifen nach Dahme und Süssau ausfallen zu lassen, uns auf direktem Wege Richtung Fehmarn zu fahren. Leider haben wir dies nicht mit TomTom besprochen. Nach dem Löschen der Wegpunkte beschließt mein Navi, uns dann halt statt der Straßen in Strandnähe dann einfach doch mal das Binnenland zwischen B501 und A1 zeigen zu müssen. Tolle Idee – aber nach einer kleinen Schleife setze ich mich durch und wir können schon wenige Minuten später in der steifen Brise der Fehmarnsundbrücke auf die Insel segeln.
Einzig das Leuchtfeuer Staberhuk möchte ich unbedingt noch sehen – komme, was wolle.
Gut, es kam einiges! 😉 Zuerst einmal, kann man gar nicht bis an das Leuchtfeuer heranfahren. Und sagane wir mal so 1,5 km Fußweg sind indiskutabel.
Dann hatten wir auch noch Wetter – viel Wetter – nebliges Wetter! Es war also nicht mal aus der Ferne ein Leuchtfeuer auszumachen. Vielleicht gibt es das ja gar nicht – kann doch sein.
Also suchen wir uns in der Nähe einfach einen Ersatz – erkennt im Nebel eh keiner!
Und weil es gerade so gemütlich ist und der Wind das Meer waagerecht zu uns an den Strand pustet, nehmen wir uns die Zeit für ein kleines Picknick! Läuft – würde ich sagen!
Abendliche Ernüchterung
Auf Fehmarn hatten wir uns extra ein Hotel direkt am Strand mit Seeblick-Terasse gegönnt. Gut, zu Windstärke 10 und Nebel kann ja keiner was – trotzdem frustierend. Nett könnte man auch zu zwei frierenden Motorrad-Damen sein. Oder uns vorher mal Bescheid geben, dass man 2 km vorher in einem anderen Hotel den Check-In machen muss. Also wieder rauf aufs Motorrad, und noch mal zurück in den Ort gefahren. Dort haben wir dann erfahren, dass wir für unsere 12 Euro Aufpreis für das Frühstück allerdings auch dieses nicht auf der Seeterasse oder zumindest mit Seeblick im Strandhotel einnehmen können, sondern auch im zurückgelegenen Aparthotel.
Ähm – nein danke! Das Geld sparen wir uns dann und gönnen uns einfach morgen früh ein Frühstück irgendwo in einem netten Café in Strandnähe.
Den Abend lassen wir daher auch nicht im hoteleigenen Restaurant, sondern wenige Meter weiter bei einem Griechen ausklingen. Lecker war es! Ich mag nur nicht morgen an das leckere Tzaziki und meinen geschlossenen Helm denken! Das gibt Netzhautablösung!
Anmerkung des Tages
Anmerkung 1:
Monika hat sich gestern über meine doch recht schwungvolle Fahrweise innerhalb geschlossener Ortschaften beschwert. Ich weiß gar nicht, was sie meint! Muss man sich wirklich an die Schilder halten oder gilt auch gefühlte 50 km/h.
Ich halte mich da ganz an Loriots 3-Minute-Ei: Ich habe das im Gefühl! 😉
Anmerkung 2:
Ich habe seit Freitag auch ein anderes Ritzel auf meiner V-Strom. Statt 15 fahre ich nun vorne mit 14 Zähnen. Angesichts der Landschaft kann ich allerdings noch nicht beurteilen, wie sie sich bei zügigen Bergfahrten verhält. Aber ich bin jetzt schon total begeistert, da oftmals mein wildes Schalten rauf und runter in oder nach Ortschaften nun der Vergangenheit angehört. Für mich hat sie jetzt auch ein viel runderes Fahrverhalten.
Anmerkung 3:
Warum habe ich 80.000 km auf das kleinere Ritzel gewartet? Das hätte ich viel früher machen müssen!
Anmerkung 4:
Eigentlich wollte ich direkt nach Monika mich im Wald mal erleichtern. Sie meint aber, dass dort Ameisen der Größe eines Kleinwagens herumlaufen. Ich beschließe, ich kann noch eine Stunde warten. 😉
Sinnvolle Infos:
Ein neues Kapitel im Blog! Wenn es was wichtiges zu erzählen gibt, schreibe ich dies in die sinnvollen Infos!
Info 1:
Kennt ihr morecast? Bei Morecast könnt ihr analog zu google-Maps eure Route (also von – nach) eingeben und erhalten für jeden Routenabschnitt euer Reisewetter. Auch den Reisetag kann man vorgeben, macht aber – analog zu allen anderen Wetterapps – nur mit recht nahen Reisedaten Sinn. Und wie findet ihr die Seite?
Hallo Julia,
nicht nur, dass du mich bestärkt hast, mir die V-Strom zuzulegen. Nein, ich liebe deine Bloggs!
Die Tipps und dein Humor beim Schreiben. Einfach Herrlich!
Vielleicht schaffst du es ja auch mal in meine Ecke ;0)
DLzG
Elke aus Bernburg
Nimm für die “Handbremse” nächstes mal einfach n Einmachgummi mit! 😉
Danke für den Morecast-Tipp. Genau das, was ich bislang vermisst hab!
Fehlt jetzt nur noch eine Option “Führ-uns-automatisch–um-Regen-und-Kälte-herum”… 😉
Servus Alex, es gibt auch Motorräder mit Handbremse. 😉
Oh, wie immer köstlich zu lesen. Wir waren am Sonntag in Timmendorf, Nebel Kalt und lausig. Auf der Rückfrahrt noch einen Abstecher in Richtung Norden. Mein Kumpel wollte uns unbedingt den Campingplatz in Pelzerhaken (Südstrand) und dessen Wohndose zeigen… wären wir bloß früher dort aufgeschlagen 🙂
Sonne pur, traumhaftes Wetter und dies nur wenige Kilometer entfernt. Als Beifahrer im Bulli (Ausflug mit den alten Damen der Familien) hätte ich ein leckeres Bierchen auf der Terrasse trinken dürfen, doch mit dem Kassenschluss und Feierabend wurde daraus nur ein Sightseeing…
Es war mal wieder extrem spannend Deine Berichte von der Tour zu lesen. Dankeschön aus Bremen, vom V-Strom Fahrer, den Du am Treffen am Rennsteig/Thüringen letztes Jahr von der “Abreise nach Ankunft” überzeugen konntest, nicht zu fahren, sondern zu bleiben und ein tolles Wochenende erleben zu können.
Ebenso habe ich mich gefreut wie ich vor einigen Wochen das Kradblatt, von Marcus aufzuschlagen konnte, und im Vorwort sehe ich Dein Profilbild. Top . Und wie immer, sehr schön geschrieben…
Ciao Frank (Schraubensucher alias Pingelfred oder Zimzausel)
Hallo Frank! Ganz lieben Dank für deinen langen Kommentar! Heute sind wir auch erst mal vier Stunden im Nebel gefahren und sitzen jetzt in Eckernförde in der Sonne
Sehr bildhaft wie immer *freu* und im übrigen ich mag mein TomTom auch nicht 😉
VG Timo
Hey cool, Morecast kannte ich noch nicht. Anna kann sowas auch anzeigen, aber das noch detaillierter am Rechner zu haben ist eine Hilfe. Danke für den Tip!