Buen Dia Elizondo
Guten Morgen Elizondo. Diesmal war es Monika, die gut und ich, die nicht gut geschlafen hat. Vermutlich ist der Wein schuld, da reicht bei mir derzeit schon ein Glas aus, um mir die Nachtruhe zu rauben. Es ist ein komisches Gefühl beim Aufstehen. Wir bleiben zwei Nächte hier und und müssen daher heute mal nicht packen. Es ist, als würde man etwas vergessen.
Das Frühstück ist typisch spanisch, lässt aber im Prinzip keine Wünsche offen! Der Orangensaft ist frisch gepresst, und es gibt sogar etwas Wurst und Käse. “Jamon” – würde mich der Spanier jetzt korrigieren, nicht “Wurst”.Als wir uns allerdings noch zwei Äpfel als Tagesproviant mitnehmen möchten, scheint dies unter Todesstrafe verboten! Zumindest ist es das, was wir aus dem spanischen Wortschwall als Antwort auf unsere Frage heraushören. Wir könnten die beiden Äpfel kaufen, aber das tun wir jetzt einfach aus Prinzip nicht. Dann lieber irgendeiner netten Marktdame in irgendeinem spanischen Küstenort zwei Äpfel abkaufen. als dieses Geld hier im Hotel zu lassen.
Frankreich – wir kommen
Um 8:45 Uhr sind wir soweit und lassen den Hotelparkplatz hinter uns. Ich habe immer noch das Gefühl, irgendwas Wichtiges vergessen zu haben, weil noch so viele Sachen im Zimmer liegen. Wir verlassen Elizondo für mich gefühlt in die falsche Himmelsrichtung. Aber die Sonne kommt von rechts, also fahren wir nach Norden. Es ist also alles in Ordnung! Dunstwolken hängen noch über den Wäldern, und die Sonne hat noch etwas Mühe, sich durch den Morgendunst zu kämpfen.
Über die wunderbar ausgebaute N121B geht es über den Puerte de Otxondo Richtung französischer Grenze. Da auf spanischer Seite die Spritpreise fast 50 Cent günstiger sind als in Frankreich, reiht sich kurz vor der Grenze bei Dancharia Tankstelle an Tankstelle! Ich mache einen kurzen Abstecher nach Ainhoa. Mein Navi möchte mitten in den Ort rein und dort hinter der Kirche wieder eine Treppe runter. Verzweifelt halte ich am Straßenrand und blättere in unseren Unterlagen, ob dort die Gebeine von Theodor dem Neunten oder die letzten gotischen Fresken auf französischer Seite vorhanden sind. Aber nichts dergleichen, es ist einfach nur ein von mir falsch gesetzter Wegpunkt.
Willkommen im Trubel
Über tolle Straßen geht es weiter bis nach Dare. An den Häusern sind die Bäume exakt so geschnitten, dass man im ersten Stock noch Licht hat! Hinter Ascain ist eine Baustellenampel so ungünstig gesetzt, dass wir über fünf Minuten brauchen, um links abzubiegen zu können! Nach Tagen der Einsamkeit in den französischen Pyrenäen erschlägt uns dieses Gewusel.
Wir nehmen aber auch tatsächlich alles mit, was es geht: den Müllwagen, der fleißig seine Arbeit macht, die eben schon erwähnte Baustelle und dann noch einen vor uns zum nächsten Grün fahrenden Rasentraktor. Das alles verträgt sich mit dem morgendlichen Berufsverkehr nur relativ schwierig. In Saint-Jean-de-Luz machen wir einen ganz kurzen Fotostopp, denn wir erhaschen einen ersten Blick auf den Atlantik.
Kaffeepause mit Meerblick
Es geht an der Küstenstraße entlang mit Blick auf den Corniche Basque. Direkt am Strand von Hendaye finde ich ein kleines Café und wir gönnen uns die erste Pause. Fahrerisch wird es heute sicherlich nicht die anspruchsvollste Tour, aber wir genießen, dass genau an unserem Strand- und Küstentag uns das Wetter so wohlgesonnen ist. Für diese tolle Lage ist der Kaffee wirklich günstig (und gut), die öffentliche Toilette dahinter wie erwartet aber eher nur erträglich. Wir genießen die Zeit und die Ruhe, und machen uns ganz entspannt nach 11 Uhr auf unseren Weg weiter am Atlantik entlang.
Verfahrene Situation
Es ist anstrengend, aus Hendaye wieder Richtuung Hondaribbia heraus zu kommen. Vielleicht haben wir auch einfach nur in den letzten Tagen verlernt, mit dem Stadtverkehr umzugehen. Ein Wohnmobil aus Estland versaut mir die ersten vier Kilometer Richtung Alto de Jaizkibel. Als wir ihn endlich überholen können, geht es zügig mit tollen Ausblicken auf den Atlantik Richtung San Sebastian.
Im Hafen von San Sebastian haben wir Blick auf tausende Autos, die auf ihre Verladung warten! Wir biegen allerdings ab Richtung Lezo und in einem weiten Bogen umfahren wir die Stadt Richtung Hernani. Gewonnen! Ich übersehe einen Wegpunkt im Navi und anschließend kreisen Monika und ich durch die Industrieviertel des Ortes. Ist das schön hier. Immerhin springt mir eine Tankstelle in den Weg, so dass wir die zwei treuen Rösser mal wieder volltanken können. Ich könnte schreien, so anstrengend ist die Fahrerei und das Suchen der richtigen Strecke im dichten Stadtverkehr. Da schallt es aus Monikas Helm: “Ich bin ein Gänseblümchen im Sonnenschein!” Umgehend schickt sie mir von ihrer Gelassenheit etwas rüber und ich versuche, bei der Weiterfahrt etwas entspannter zu sein.
Pause am Meer?
Wir machen uns auf Richtung N634, wir wollen wieder ans Meer! Es könnte eigentlich so schön sein, aber diese Idee mit genau dieser Straße hatten wohl noch ein paar andere. Wohnmobile, Autos, einheimische Motorradfahrer, einheimische Rollerfahrer und eigentlich alle, die nur auf der Straße sein könnten, haben sich zum Stelldichein verabredet! Sogar Fahrradfahrer und Fußgänger befinden sich hier auf der Nationalstraße! Es ist ein fröhliches und chaotisches Durcheinander, und Monikas herübergeworfene Entspanntheit schwindet zunehmend.
In Zarautz fahren wir direkt am Meer entlang. Eigentlich bin ich auf der Suche nach etwas mit Meeresfrüchten zum Mittag. Aber sämtliche Motorradparkplätze sind voll und auch bei den Autoparkplätzen finde ich keine Lücke. So bleibt mir nichts anderes übrig, als zwischen den Häusern hindurch auf die Strandpromenade zu schauen. Also geht es gleich weiter über Getaria bis nach Zumaia. Jetzt habe ich aber wirklich Hunger! Ich quäle Monika bei fast 30 Grad im Schritttempo bis zu einem zentralen Parkplatz, und wir finden tatsächlich ein schattiges Plätzchen, wo ich meiner Lust auf Meeresfrüchte nachgehen kann.
Leider dauert es eine halbe bis zu einer ganzen Ewigkeit, bis das Essen kommt. Aber wir sind Gänseblümchen im Sonnenschein!
Schwimmen im Atlantik
Wir haben fast zwei Stunden Zeit verloren durch die Pause! Viele Kilometer haben wir nicht vor uns, denn unser nächster Stopp ist direkt in Debe. Wir finden einen Parkplatz mit Zugang zum Strand und halten die Füße ins Wasser. Ist das Wasser warm? Wir brauchen uns nicht lange anzusehen und entscheiden spontan, eine Schwimmpause einzulegen.
Wir genießen es einfach, im Wasser zu treiben und uns dem sanften Wellengang hinzugeben. Weitere Tageskilometer? Wir erinnern uns nicht!
Irgendwann siegt dann aber doch die Vernunft. Wir versuchen, halbwegs sandfrei wieder in die Funktionswäsche und die Motorradkombis zu gelangen. Ich bin mir allerdings sicher, dass ich noch in vielen Jahren Sand von diesem Tag irgendwo finden werde.
Abkürzung gefunden
Es ist inzwischen fast 16 Uhr und wir kürzen einiges aus unserer Route heraus! Ondarroa und die Schleife über Elgoibar fallen schon mal direkt dem Schwimmvergnügen zum Opfer. Zunächst geht es ein Stück die Küstenstraße zurück bis kurz vor Zumaia. Dann biegen wir aber rechts ab, und über die breite GI631 kommen wir schnell nach Azpeita. Es ist der Wahnsinn! Diese Straße gleicht fast einer Autobahn und lässt sich fantastisch fahren!
Unser nächstes Ziel ist die Puerto de Irurburu. Im Schnitt 8% Steigung werden uns angezeigt, und es lässt sich wirklich toll fahren. Wir vermissen keine Sekunde lang den Stadtverkehr vom Vormittag! Ein Schwerlaster kommt uns entgegen und zieht eine lange Schlange von Autos hinter sich her! Wir dagegen haben wirklich Glück, es sind in unserer Richtung kaum Autos unterwegs.
Auf den letzten Kilometern den Berg hinunter gähne ich mir den Helm voll, ich bin echt müde. Auch die Schleife ab Tolosa über Hernani und dann in einem Bogen durch die Walachei der Pyrenäen zurück nach Arkiskill fällt der Müdigkeit und der voran geschrittenen Zeit zum Opfer. Wir müssen an einer Stoppstraße links abbiegen, und ich lasse mir sehr viel Zeit und entscheide besonders lange, ob die Lücke wohl groß genug sein könnte. Monika kennt mich gut genug und fragt mich, ob alles in Ordnung ist. Wenn ihr es schon auffällt, dass ich nicht wie gewohnt unterwegs bin, dann ist es wirklich Zeit für eine Pause. Auf einer Parkbank vor einem Wohnblock in Leitza finde ich im Schatten noch mal ein gemütliches Plätzchen für uns.
Endspurt und Picknick
Die letzten Kilometer sind noch einmal fantastisch. Bis auf einen sehr, sehr, sehr lästigen LKW, der überhaupt kein Einsehen mit schnelleren Motorradfahrern hat, kommen wir sehr gut in der Abendstimmung weiter nach Elizondo. Da es schon fast 18:30 Uhr ist, verlegen wir unseren Tankstopp auf den morgigen Tag.
Für unser heutiges Abendessen haben wir ein Picknick direkt beim Hotel geplant. Der Baztan-Fluß liegt direkt vor der Haustüre und so haben wir eine traumhafte Kulisse. Gemütlich sitzen wir auf der Mauer, genießen den immer kühler werdenden Abend und quatschen noch ein bisschen über die heutigen Erlebnisse. Die Wettervorhersage für morgen ist leider durchwachsen. Nach jetzigem Stand werden wir trocken losfahren können. Was uns den Rest des Tages erwartet, werden wir dann morgen sehen.
Heute abend wird nur noch geduscht, gelesen und gebloggt. Wir haben morgen Halbzeit und das merken wir auch. Neben den etwa 2.500 Fahrkilometern hat uns heute auch die Wärme zugesetzt. Vor wenigen Tagen kratzten wir noch an der Frostgrenze.
In diesem Sinne: Gute Nacht!
Anmerkungen des Tages:
Anmerkung 1:
Bisher bin ich mit wasserfesten Karten von Foly Maps oder dem Know-How Verlag unterwegs gewesen. Für unseren heutigen Tag an der Küste musste eine Michelin Karte aus Papier herhalten. Während ich dieses Wunderwerk an Falttechnik in den Tankrucksack quetsche, stelle ich mir vor, wie ich nach einem riesigen Regenschauer aus dem Rest der Karte Pappmache mache, um mir eine Maske zu basteln.
Anmerkung 2:
In Hendaye am Strand beim Kaffee taucht ein recht großes Fluzeug am Himmel auf und scheint gefühlt in zweiter Reihe hinter dem Strand landen zu wollen. Uns war nicht bewusst, dass der Flughafen von St. Sebastian so nah ist.
Anmerkung 3:
Wir haben morgens schnell ein paar Sachen durchgewaschen und im Badezimmer aufgehangen. Monika meint, wahrscheinlich steht auch irgendwo auf einem Zettel: “esta prohibido lavar la Wäsche”. Ich glaube, sie hat den Ärger mit dem Apfel vom Frühstück nicht verdaut.
Anmerkung 4:
Am Vormittag bremsen uns zwei Traktoren lange Zeit aus. Aber Navida, die Göttin der Navigationsgeräte, hat ein Einsehen und flüstert ihnen ein leises “nach links” ins Ohr. Es hat funktioniert, denn wir müssen nach rechts.
Anmerkung 5:
Eine große Gruppe Harley-Fahrer kommt uns in einer Stadt entgegen, es sind sicherlich 40 Motorräder, die laut knatternd an uns vorbeifahren. Hinten dran ist ein junges Mädchen im rosafarbenen Top auf ihrem Roller. Sie hatte wohl noch nie so sicheren Geleitschutz.
Anmerkung 6:
Heute hat sich im Gewühl des Stadtverkehrs ein Auto zwischen Monika und mich geschoben. Wir hatten uns nach wenigen hundert Metern natürlich wieder. Aber selbst wenn ich sie einmal verlieren würde, wäre ich vollkommen sorgenfrei. Denn es ist unser ungeschriebenes Gesetz, dass sie so lange geradeaus fährt, bis ich am Straßenrand wieder warte. Das ist allerspätestens an der nächsten Abbiegung. So muss aber niemand an unübersichtlichen Stellen halten oder drehen, so finden wir uns immer wieder.
Anmerkung 7:
Ich habe bei den Fahrbildern normalerweise eine Trefferquote von über 90 %, wenn ich ein Motiv ins Auge fasse. Heute habe ich bei den Bildern von der Küstenstraße eine Trefferquote von 0,5 %. Ich bin ganz schön traurig, dass die tollen Bilder und Eindrücke mit den Farben, dem Wasser und den Felsen nichts geworden sind. Ich weiß nicht einmal, woran es gelegen hat.
Anmerkung 8:
Wir haben ja heute einiges von unserer Route gekürzt. Wer die gekürzten Passagen kennt, darf uns gerne schreiben, was wir verpasst haben.
Die Route
LOL – das mit dem Gänseblümchen gefällt mir.
Ich habe in solchen Situationen gerne die Terrorgruppe im Ohr und singe: “Manchmal bin ich ein Schmetterling…” 🙂
Wer einen Ohrwurm sucht wird hier fündig: https://youtu.be/f8Yf2dWkxxA?si=SthDnIHdttWbVpEp
😉