Heute beginnt der offiziell letzte große Fahr-Tag! Beim Aufwachen sind wir schon ein bisschen wehmütig, dass es irgendwie jetzt vorbei ist. Aber ich gebe auch zu, dass sich leichte Erschöpfung breit macht! Aber Betten sind ja auch soooooooo gemütlich!
Wir starten bei Traumwetter (also sonnig, aber recht kühl) in Tartu, der aus unserer Sicht bisher schönsten Stadt unserer Reise.
In Vara (mit Namen von irgendeinem Vorort) gehe ich in die Eisen. Tweety kommt aus Vara – da muss ich doch einfach ein Foto machen als echte Varatweety. 😉
Noch während wir uns unterhalten und das Foto machen, stürmt eine begeisterte Frau händeklatschend auf uns zu. “Woman, woman, deutsch, deutsch!” Sie freut sich sichtlich ein Loch in den Bauch. Wir können kein estnisch, sie nur das Deutsch, was sie aus dem Radio “100 Prozent Paloma” kennt, aber dennoch erfahren wir, dass sie Freunde in Leipzig hat. Sie wünscht uns von Herzen eine gute Reise (und noch 100 weitere Worte auf estnisch) und findet das alles so aufregend. Ich glaube, sie steht abends noch klatschend und freuend am Straßenrand! Aber mal ganz unter uns: Vielleicht waren auch einfach nur die Radiowellen von “Radio 100 Prozent Paloma” etwas zu stark.
Aber dennoch war es irgendwie auch eine tolle Begegnung.
Immer der Sonne entgegen fahren wir nach Varnja, dem Beginn unserer Tour immer am Peipussee entlang. Beim ersten Glitzern des Sees rechts hinter einer Wegbiegung halten wir an und nutzen die Chance, auch dieses Highlight unserer Reise direkt auf das nicht vorhandene Zelluloid zu bannen. Gegenlicht?! Egal! Schatten? Egal!
Es ist irgendwie immer noch unvorstellbar für uns, tatsächlich hier zu sein!
Was uns auffällt, sind die vielen, vielen bunten Häuser. Grün, gelb und rot leuchten die Häuser, lila, hellblau und rosa die Zäune. Gerade bei der Sonne noch viel beeindruckender als schon die Tage davor!
In Mustvee wollen wir einen Kaffeestopp einlegen. Laut Straßenkarte muss es hier direkt am Ufer des Sees nur so vor Tourismus wimmeln. Aber nix da! Ein paar Bänke unter Bäumen laden an sonnigen Tagen zum Picknicken ein. Da wir aber gerade den einzigen Schauer des Tages erwischt haben, der die Luft auf angenehme 11 Grad heruntergekühlt hat, verzichten wir auf dieses aus unserer Sicht zweifelhafte Vergnügen.
Hätten wir Picknick gemacht haben wollen, dann hätte Monika auf die Ersatzflasche Wasser zurückgreifen müssen. (Hätte, hätte, Fahrradkette). Den Inhalt der ersten hatte sie nämlich bis zu diesem Stopp dazu verwendet, Ihren Tankrucksack einmal von innen gut durchzuspülen. 🙂
Vor Kalmaküla finden wir dann aber doch noch ein nettes Café. Da sich die eine Wolke schon weitestgehend verzogen hat, können wir sogar auf der Terrasse sitzen und anschließend auch noch ein paar Fotos machen.
Wir beschließen, nicht mehr an jedem Fleckchen Wasser zu halten, welches wir rechter Hand erblicken. Denn bis Tallinn sind es immer noch knapp 300 km, die fahren sich nicht von selbst.
Wir verlassen den Peipussee nach Norden und bringen die gut 40 Kilometer bis Jöhvi schnell hinter uns. Damit uns nicht so langweilig wird, baut der Este an sich hier noch ein bißchen an der Straße herum…
In Jöhvi haben wir den östlichsten Punkt unserer Reise erreicht. Dass diese Stadt sonst in keinem Reiseführer erwähnt ist, wundert uns nicht. Während wir allerdings bei 13 Grad erwarten, dass gleich Pinguine über den Zebrastreifen wandern, laufen hier die Einheimischen mit Shorts und Sandalen durch die Gegend. Die müsssen Glycol in der Muttermilch gehabt haben.
In dem (wie alles hier) unaussprechlichen Ort Kohtla-Järve biegen wir rechts zum Wasserfall von Valaste ab. Nur ein ganz kurzer, wirklich ganz kurzer Fotostop musste auf dem Weg dorthin doch noch mal sein.
Aber auch der Wasserfall mussste als Fotomotiv herhalten, auch wenn es die Brücke in ein paar Jahren wohl nicht mehr geben wird.
Ab hier geht es für uns nun nur noch westwärts. Hinter Aseri biegen wir wieder Richtung Küste ab, immer am Finnischen Meerbusen entlag. Tolle Straßen durch Wälder in allen Farben wechseln sich mit Passagen am Wasser ab.
Auf dem Bild sind Schwäne zu erkennen, die sich hier zu Hunderten tummeln, auf Steinen schlafen oder einfach nur im Wasser dümpeln.
Der letzte Kaffee ist ein Glückstreffer, der kaum zu glauben ist! Im “Jachthafen” von Vergi feiern wir die perfekte Aussicht und sind traurig, dass nur noch weniger als 100 Restkilometer auf dem Tacho stehen!
Wir sind so voller Eindrücke, dass wir gar nicht wissen, wo wir anfangen und wieder aufhören sollen! Ist es tatsächlich erst eine Woche her, dass wir in Swinemünde die Grenze von Deutschland nach Polen übertreten haben?! Ist es tatsächlich erst 8 Tage her, dass wir voller Sorgen und Vorurteilen die Reise in die uns so fremden Länder begonnen haben?!
Gerade Estland ist es wert, einmal wiederzukommen. Phantastische Straßen, eine unglaubliche Vielfalt und Eindrücke, die für einen ganzen Urlaub reichen.
Ein letztes Stück unbefestigte Straße führt uns zum Jägala-Wasserfall, dem größten in Estland.
Da das Wasser ja in den letzten Tagen vom Himmel gefallen ist, kann es nicht gleichzeitig auch beim Wasserfall sein. Dennoch können wir uns kaum sattsehen.
Dann heißt es für uns, ein letztes Mal auf die Autobahn abbiegen, ein letztes Mal in Estland tanken und ein letztes Mal in einer der baltischen Städte vorm Hotel vorfahren.
Aber auch ein letztes Sightseeing gehört dazu.
Morgen geht es auf die Fähre nach Helsinki. Wir hoffen, dort nachmittags noch ein paar finnnische Straßen unter die Räder nehmen zu können.
Anmerkungen des Tages:
Anmerkung 1:
Ganz typisch für das Baltikum sind die kleinen Stände an den Straßen, Kreuzungen und vor Häusern, an denen Privatpersonen das anbieten, was sie gerade anzubieten haben. Der alte Mann seine Kartoffeln, ein paar Kinder Obst aus dem Garten und die nach vorne gebeugte Oma kleine Blumensträußchen aus ihrem Garten.
Anmerkung 2:
Habe ich euch eigentlich schon von den Störchen erzählt? Bis zuletzt hatte ich befürchtet, heimlich noch ein Bild im Zoo schießen zu müssen. Aber Herr Adebar und seine Freunde hatten ein Einsehen und standen zum Shooting am Straßenrand bereit.
Anmerkung 3:
Nach “mit Rosine nach Kijong” muss mein zweites Buch “mit Monika nach Lüllemäe” heißen. Dies war der erste Ort, der nach dem Befahren von Estland auf einem Straßenschild stand. Wir finden, alle Orte sollten Lüllemäe heißen.
Anmerkung 4:
Wie kompliziert die Sprache ist, erkennt man an diesem Schild. Alles was dort steht, passt in Englisch in die paar Zeilen rechts unter dem weißen Kästchen. 😉
Anmerkung 5:
Wo möchte eigentlich das große Motorrad mit der kleinen Frau hin?
Anmerkung 6:
Wir können estnisch. Auf die Frage, was wir morgen machen, antworte ich (zugegebenermaßen nach einheimischen Dunkelbier) “Trallala Motorrääd” – Monika hat mich verstanden.
Da gebe ich doch gerne etwas Nachhilfe in estnisch. Statt “Trallala Motorrääd” muss es heißen “Trallalü Motorrääd” [zweite estnische Vokalverschiebung).
Vallavalitsus wird “Vallavalitsus” ausgesprochen.
Das schwierige Wort auf dem Plakat ist vermutlich “territoorium”. Es heißt auf deutsch “Territorium”. Der Rest ist doch ganz einfach.
Weiterhin eine gute Fahrt wünscht W.S. aus L.
Und Finnisch ist viel einfacher.
Ach Mensch – wir hätten einfach vorher mal fragen sollen… 🙂
„Trallalü Motorrääd“ ist das Motto der Woche 8-D
Ich wünsche euch viel gute Laune und Trallalü 😉
Wow, diese Landschaft!
Danke fürs mitnehmen, wie immer toll zu lesen, ist ja jetzt schon fast vorbei.
Danke fürs mitnehmen, wie immer toll zu lesen, ist ja jetzt schon fast vorbei.
Könnt ihr eure Reise nicht verlängern…? Bitteeeee!!! Wir werden es vermissen, jeden Abend den Bericht zu lesen!
Wir sind gerade an unserer zweiten Station in Südschweden angekommen und haben zwar eindeutig das bessere Wetter (20 Grad und sonnig), aber von Preisen wie 6 Euro für zwei Abendessen träumen wir nur… Da gibts hier gerade mal das Bier zum Essen für – also EIN Bier, natürlich! 🙂
Liebe Grüße!
Und was lese ich dann ab Sonntag?? Maja hat recht, das geht nicht, dass das jetzt vorbei ist. Es gehört auch fest zu meinem Tagesablauf.
Maja, hast du gesehen, die verkaufen in Tallinn an der Stadtmauer im Sommer gar keine Wollsachen! 😀
Trallalü und Trallala, ein Erklärbär im ersten Kommentar