Guten Morgen
Guten Morgen aus Ratislavice. Ich habe gestern spät abends noch zwei tolle Telefonate führen dürfen und dadurch Unterstützung für den Werkstattbesuch heute bekommen! Diese moralische Unterstützung erleichtert tatsächlich!
Dennoch habe ich auch heute Nacht natürlich ein bisschen drüber nachgedacht, ob das heute alles so funktioniert, ob ich es gut finde, dass mein Kabelbaum zerschnitten werden muss und wie wir die geplante Strecke bis an die rumänische Grenze heute schaffen! So ein Werkstattbesuch kostet ja auch immer etwas Zeit!
Monika hat allerdings auch heute wieder nicht besonders gut geschlafen. Sie hat über gebratene Hähnchen nachgedacht. Und das alles nur, weil seit 2 Uhr ein Hahn in der Nachbarschaft sich die Seele aus dem Leib kräht.
Vielleicht sollte sie es auch mal mit Ohrstöpsel versuchen! 😉
Wetterwechsel?
Was wir aber beide dennoch schon seit geraumer Zeit hören, ist das dumpfe Gewittergrollen in der Ferne! Die Dachflächenfenster unseres Zimmers sind nass und auch die vorbeifahrenden Fahrzeuge hinterlassen deutliche Geräusche auf der nassen Fahrbahn! Müssen wir uns heute tatsächlich wasserdicht verpacken?
Beim Frühstück klatschen die ersten Tropfen auf das Dach und es wird klar, dass wir nicht trocken abreisen werden. Ich bin allerdings optimistischer als Monika, und möchte die regendichte Haube nicht auf den Tankrucksack machen. Sie lässt sich partout davon nicht abbringen, sodass ich mich dem Gruppenzwang beuge und das gleiche mache.
Um Viertel vor neun verlassen wir trockenen Reifens den Hotelparkplatz und steuern die Werkstatt Suzuki Styx in Vladre an.
Nach drei Kilometern kommen die ersten Tropfen, weitere 5 km später fängt es an zu regnen und nach 10 km fahren wir mitten durch den angekündigten Gewitterregen! Was bin ich Monika dankbar für die Regenhaube auf meinem Tankrucksack! Ich hoffe inständig, dass nicht diesmal sie eine Freundin abzugeben hat, weil ich mit meiner Regen App behauptet habe, wir brauchen keine Regenkombi!
Werkstattbesuch
Als wir an der Werkstatt ankommen, sind wir natürlich schon mal richtig nass. Um nicht den gesamten Innenraum zu fluten, ziehen wir uns noch unterm Vordach aus und ich versuche, mein Problem zu erklären. Hurra! Es spricht jemand Englisch und so findet der Mechaniker schnell und reproduzierbar den bereits vermuteten Wackelkontakt im Hauptstecker!
Wir diskutieren in Englisch und slowakisch die Lösungsmöglichkeiten und hoffen, so gut die restlichen 14 Tage Urlaub zu überstehen.
Sogar auf einen Kaffee werden wir hier noch eingeladen! Was für ein Service.
Nach zwei Stunden und einer gemütlichen Runde auf der Couch verlassen wir Suzuki wieder. Selbstverständlich sind neben der Rechnung noch 10 € in die Kaffeekasse geflossen!
Wetterbesserung
Auf den ersten Kilometern begleitet uns noch der immer schwächer werdende Regen. Aber wir sehen am Horizont, wie sich die Sonne immer weiter breit macht. Auch in meinem Herzen ist die Sonne aufgegangen! Meine Suzuki fährt wieder und mit ihrem Bypass sollte sie es bis Deutschland schaffen.
Um etwas Zeit rein zu holen, fahren wir auch heute die ersten Kilometer auf größeren Straßen. Noch vor Sahy müssen wir aber dringend schon mal aus der Regenjacke raus. Kaum ist die Sonne da, sind es schlagartig 10 Grad mehr. Mobile Dampfsauna!
Ich kann mich nicht satt sehen an der abwechslungsreichen Landschaft und den immer neuen Ausblicken!
Winzige Häuser ducken sich am Straßenrand, protzen aber mit prachtvoll gepflegten Vorgärten und sogar Gartenzäunen. Wohnen hier die sieben Zwerge?
Warum fotografiere ich eigentlich immer so gerne Kirchen? Ich glaube, weil sie neben den oftmals verfallenen Häusern so toll restauriert sind und farbenfroh aus der braun-gelben Häusermasse herausstechen.
Ab jetzt geht es immer parallel zur ungarischen Grenze, was auch an den mittlerweile zweisprachigen Straßenschildern zu erkennen ist. Ich kann gar nicht glauben, dass rechts von mir schon Ungarn liegt!
Grenze, die dritte!
Wir sind in Ungarn!
In dem vollkommen unaussprechlichen Ort Balassagyarmat überqueren wir die Grenze von der Slowakei nach Ungarn und decken uns zunächst einmal mit Geld und Lebensmitteln ein.
An den Wechselkurs von 3 Euro = 10000 Forint muss ich mich noch gewöhnen!
In Szecseny ist es dann Zeit für eine Mittagspause im Schatten. Die eben gekauften Lebensmittel wollen ja auch vernichtet werden!
Erste Kurven in Ungarn
Auf kleinen Nebenstraßen nähern wir uns Salgotarjan, hügelig, kurvig, das hatten wir so nicht erwartet. Auch hier präsentieren sich Burgen, Schlösser (oder Klöster) an den Hängen.
Die Landschaft gefällt mir total. Hügelig, teilweise schon braun und verdorrt, aber einfach total abwechslungsreich! Ich weiß gar nicht, was ich zuerst fotografieren soll!
Wir durchqueren Petervasara und hoppeln auf kleinen Straßen und durch enge Kehren auf Eger zu! Wenn sich hier nichts losrappelt, dann verstehe ich die Welt nicht mehr! In Sirok wirft sich eine Burgruine in unser Blickfeld! Da müssen wir hin!
Leider geht die Straße nicht so hoch, wie wir dachten und der Parkplatz kostet auch noch Geld. Nein, dafür ist es heute leider zu spät – die 2 Stunden in der Werkstatt bekommt man auf der Strecke einfach nicht mehr eingeholt.
Obwohl, es ist erst 15:30 Uhr und wir haben nur noch 160 Kilometer vor uns – das habe ich heute morgen schlimmer befürchtet.
Gedanken rund um Eger
In Egerbakta verbrennt irgendwer Gartenmüll, oder die asbesthaltigen Reste der Gartenlaube, oder die ungeliebte Tante. Wer weiß das schon, wenn interessiert es! 😉 Motorräder sehen wir kaum, schon gar keine bepackten Reisenden. Aber wenn man mal eins sieht, finde ich die V-Strom-Dichte tatsächlich sehr beeindruckend.
Durch Eger müssen wir einfach durch – da hilft nichts. Es herrscht Feierabendverkehr, es sind 33 Grad, es gibt Baustellen – lass es bitte bald vorbei sein!
Die Route hat ein Erbarmen und lotst uns in die ersten Weinanbaugebiete um Novaj. Immer wieder sind kleine Höhlen in den Fels gehauen, teilweise im Ursprungszustand, teilweise mit Türen verschlossen oder als Weinkeller genutzt! Auf den Bildern ist das leider nicht zu erkennen!
Noch eine letzte Pause
Wir quälen uns bis zur letzten Pause, denn ich möchte unbedingt unter 100 Kilometer Reststrecke haben, wenn wir wieder aufsteigen müssen. Um meine Geduld restlos zu strapazieren, bummelt ein Daewoo-Fahrer so unendlich langsam um die Kurven, dass ich mich bei unter 20 km/h frage, ob er eigentlich weiß, dass bei Unterschreiten einer bestimmten Geschwindigkeit Motorräder umfallen, mit ihren Fahrerinnen oben drauf! 😉
Nase voll, überholen ist angesagt! Bei den teilweise doch sehr dürftig reparierten Straßen bedeutet dies auch immer ein gewisses Risiko, aber ich werde nicht mit 40 km/h über die Lande zockeln!
Der Fahrtwind hat jetzt 33 Grad, ich würde mal sagen: “Es föhnt mehr, als dass es weht.”
In Poroszlo direkt am See wollen wir dann Kaffee trinken, am liebsten direkt am Wasser. Aber warum haben alle Lokale geschlossen?
Wir fahren zurück zur Hauptstraße und trinken am Straßenrand einfach Cola und einen kalten gesüßten Espresso! Das schmeckt!
Die gemütlichen Loungemöbel helfen nicht gerade bei der Entscheidung, sich aufraffen und weiterfahren zu wollen – äh – müssen!
Als wir wieder aufsteigen, erzählt mein Navi mir etwas von 90 Kilometer und 84 Minuten Fahrzeit!? Den Optimismus möchte ich haben! 😉
Puszta bis zum Abwinken
Ab jetzt fahren wir durch das Ungarn, welches ich vor der Abfahrt vor meinem inneren Auge hatte. Landschaft – elend viel Landschaft, platt wie eine Flunder und endlos. Wir durchqueren die Pustza, oder besser gesagt den Hortobágyi-Nationalpark.
Es geht Kilometer lang geradeaus, links und rechts unglaublich viel nichts! Da kann man sich nicht mal mit Gucken ablenken! Wenn es kein Nichts gibt, dann gibt es mitten im Nichts einen Hof! Mit viel Nichts drum herum!
Selbst dem Wind ist langweilig, so dass er unmotiviert am Horizont eine Staubwolke aufwirbelt!
Auch ich langweile mich und probiere neue Sitzpositionen aus. Etwas am Lenker hochgezogen und ca. 5 cm aus dem Sattel gehoben, umweht der Fahrtwind meinen Hintern! Das hätte ich auch mal früher ausprobieren können. Dafür muss ich nach 90.000 km V-Strom durch die Puszta fahren, um so weltbewegende Dinge herauszufinden! 😉
Eine Kurve kündigt sich an! Ich richte mich aufgeregt auf, nehme den Lenker in die Hand und schaffe die ca. 20 Grad Kurve problemlos! Ich bin eine Heldin! Der erste Kreisverkehr nach 45 Kilometeren geradeaus überfordert mich da schon mehr! Wie ging Lenken noch mal?
Ankunft!
Wir holen noch mal 10 Minuten gegenüber dem Navi heraus und fahren um 18:15 Uhr auf den Parkplatz vom Thermalcamping in dem Ort, den ich nur ein einziges Mal schreiben werde: Hajdúböszörmény. (Sonst bekomme ich Knoten in den Fingern!)
Wir schmeißen uns in die Klamotten und gehen noch schnell schwimmen! Das haben wir uns nach den 380 Kilometern heute und den anderen beiden Fahrtagen verdient.
Leider hat das Restaurant nicht wie angekündigt bis 20:00 Uhr geöffnet – das ist blöd! Aber wir wären nicht wir, wenn wir nicht gutgelaunt eine Alternative finden. Wir finden es ganz schon nobel!
Auf dem Balkon sitzend liest die eine, während die andere die Tastatur ihres Laptops malträtiert! Ich würde mal sagen:
Gute Nacht!
Anmerkungen des Tages
Anmerkung 1:
Harry hatte in Deutschland aufgrund meiner Fehlerbeschreibung ja schon geahnt, dass es ein verschmortes Massekabel im Hauptstecker der V-Strom sein müsste! Da der Fehler beim Klopfen gegen diesen Stecker mal da war und mal wieder nicht, habe ich später das klopfen einfach sein gelassen. Ich war ja froh, wenn sie lief! Der Mechaniker heute hat sehr schnell etwas von “Konnektor” gemurmelt und am Stecker gewackelt! Was war ich froh, dass auch er den Fehler reproduzieren konnte und ich nicht wie eine Spinnerin aussah!
Anmerkung 2:
Wir warten ungeduldig auf das Fertigstellen der Reparatur! Da meint Monika auf einmal: “Hör mal! Das ist doch deine!” Und tatsächlich, aus der Werkstatt klingt das dumpfe Bollern der Hattech-Anlage! Die V-Strom lebt wieder! Peinlich, Monika erkennt mein Motorrad besser als ich!
Anmerkung 3:
Gestern in der Slowakei sind wir mehrfach von Motorradfahrer mit unglaublichen Brülltüten und irrer Geschwindigkeit überholt worden. Wir spielen da nicht mit! Zum einen sind wir auf Reisen, zum anderen hält sich mein Bedürfnis nach Diskussionen in der Slowakei mit einem einheimischen Polizisten wirklich in Grenzen.
Anmerkung 4:
Ich bin ja bekannt für meine Fake News. Wer also noch mal das romantische Bild unseres Picknicks am Mittag ansehen möchte, hier kommt das Foto aus der Gegenrichtung.
Anmerkung 5:
Der Geldautomaten in Ungarn stand in der prallen Sonne. Dementsprechend heiß waren die Tasten. Wer also meine PIN wissen möchte, muss nur das Branding meine Fingerspitzen lesen.
Anmerkung 6:
Wenn ich daran denke, dass noch vor zwei Jahren unsere Reise ins Baltikum über Polen mein größtes Abenteuer war, kann ich gar nicht glauben, dass ich gerade auf dem Weg nach Rumänien bin.
Anmerkung 7:
Neben meinem Geläster über die Puszta weiß ich sehr wohl, dass dies ein Paradies für Flora und Fauna ist. Ändert aber nichts daran, dass es zum Durchfahren eher weniger spannend ist. Monika meinte nur: “Dagegen ist Niedersachsen ein Mittelgebirge!” Recht hat sie!
Anmerkung 8:
Facebook lebt! Danke an Hagen Pietsch und Martin Gasparovic, die mich beide unbekannterweise angerufen und super unterstützt haben. So funktioniert Motorrad-Community!
Die Route
Natürlich kennt Monika den Sound deiner V-Strom besser als du: Sieht hört ihn ja schließlich den ganzen Tag hinter dir 🙂
Schön, euch wieder unterwegs begleiten zu dürfen, gute Reise!
Danke!
Guten Morgen, wieder sehr schön geschrieben. Schön das die V-Strom wieder läuft und hoffentlich weiter durchhält. Und wenn ihr mal in der Nähe von BAd Brückenau seid (wie auf dem Hinweg 😉 ), dann ruf einfach mal durch (0176-60001268) . Wenn ich Zeit habe, dann gibt es auf jeden Fall einen Kaffee oder etwas anderes. Zur Not auch einen Schluck Öl für die Moppeds. Also weiterhin einen schönen pannenfreien Urlaub.
Grüße aus Bad Brückenau.
Schön geschrieben freue mich schon auf morgen. Ride safe Mädels das schwarze nach unten und die Spiegel nach oben. Wünsche Euch noch einen tollen Urlaub. War dieses Jahr auch in Rumänien (Wiederholungstäter) haben aber noch Moldavien, Transnistirien und die Ukraine mit auf dem Programm gehabt.
schöne bilder und gut erzählt, danke,
ich bin grad zurück aus romania und hab diesmal ungarn nur durchquert. übernachtet im motocamp in budapest. rumänien ist ein fantastisches moppedland. in der nähe von sibiu zwischen fagaras und alpina gibts ein gemütliches kleines motocamp, da war ich nun zum 2. mal. doru ist der betreiber, er spricht sehr gut deutsch und ist ein sagenhaft hilfsbereiter freundlicher mensch, im dorf cisnadioara gibts auch die mopped werkstatt eines freundes. http://www.moto-camp.ro.
ich wünsch euch viel gute erlebnisse und unfallfreie tour
moin, hier ist der keksl aus der Dresdener Ecke. Wir waren voriges Jahr mit 14 Bikes in Rumänien. Ihr werdet begeistert sein. Tolles Land, Tolle Leute, alle rundum super.
Wir hatten Rückzu in Eger halt gemacht und uns den einen oder anderen Wein schmecken lassen und uns im Thermalbad etwas entspannt.
Das mit den rasenden Slovaken haben wir auch erlebt und uns auch nicht anstecken lassen.
Ich wünsche euch weiterhin viel Spass und nette Abenteuer.
Gruß Keksl
Hallo,
ich muß immer lachen, wenn ich mitlese. Toll geschrieben!! Klasse Tour – das sieht nach vielen Entdeckungen und noch mehr Spaß aus. Bin gespannt wie es weitergeht…..
Grüße vom Ex-Stromer, Guido
P.S. Ich hoffe das war´s dann mit den technischen Pannen
und wünsche euch viel Sonnenschein.
3 Euro = 10000 Forint
90 Euro = 30000 Forint
Das müssen wir noch einmal üben.