Eiskaltes Nächtchen
Was für eine ruhige Nacht in Gerlos! Man merkt, dass hier kein Durchgangsverkehr ist. Monika hat leider nicht gut geschlafen und ich habe morgens – vermutlich wegen der Kälte am Vortag – etwas die Nase zu.
Beim Blick aus dem Fenster zuerst ein “Juhuu!”! Blauer Himmel kündigt sich an. Beim Blick aus dem anderen Fenster ein “Oh Nein!” Die Autoscheiben sind fest zugefroren!
Als wir unsere Motorräder mit den Rollen beladen, macht der Atem Wolken und die Wiesen rund um die Pension sind weiß! Okay, hole ich doch noch einen Fleecepullover mehr aus einem der Koffer, später wieder ausziehen geht immer!
Während wir frühstücken haben wir einen tollen Blick auf die im Morgenlicht immer heller werdenden scharf konturierten Berge! Wir denken, es wird ein echt wunderbarer Tag zum Abschluss unserer Reise!
Wir haben aber nicht wirklich Lust, jetzt auf wärmere Temperaturen zu warten und noch vor 8:45 Uhr verlassen wir Gerlos!
Wenn 8 Grad vier Mal so warm ist
Bei 2 Grad Außentemperaturen haben die kleinen Anlasser unsere Motorräder Probleme, das zähe Öl und den Motor ans Laufen zu bekommen! Quälend tuckern die beiden Maschinen im Standgas und wir rollen ganz gemütlich aus Gerlos hinaus. Es ist echt kalt und wir haben keine Schicht zu viel angezogen.
In einer Kurve steht der Gasthof “Kühle Rast”! Heute ist hier der Name Programm. 😉 Milchbehälter warten auf ihre morgendliche Abholung, oder steht dort heute schon “halbgefrorenes” ? Über Zell liegt zäher Nebel im Tal! Ein faszinierender Anblick. Nur leider müssen wir dort gleich durch! Die angenehmen 8 Grad von Hainzenberg sind in Aschau schon wieder vergessen und bei 5 Grad legt sich der Nebel wieder auf das Visier und die Kleidung! Aber hin und wieder kann man durch den Nebel hindurch die Sonne erahnen.
Links und rechts der Bundesstraße
Wir verlassen das Zillertal nach Westen und fahren auf kleinen Straßen bis nach Schwaz. Früh queren wir den Inn um auf der anderen Seite der Autobahn die wärmende Morgensonne zu genießen! Wieder wechseln wir die Straßenseite, fahren erneut über den Inn und die A12, um über Tulfes und Sistrans Innsbruck weit oberhalb zu umfahren!
Schon Kaffeepausenzeit?
Die Sonne lacht und wir haben Temperaturen schon ab und zu im zweistelligen Bereich! Gemütlich lassen wir es angehen, als wir uns über Mühltal und Ellbögen Richtung Matrei bewegen! Ein kleiner Renault gibt kräftig Gas, um uns davon zu fahren. Mit quietschenden Reifen und wackelnden Passagieren fegt er um die Kurven. Wir rollen gemütlich und auch ein wenig amüsiert hinterher. Hier sind die wendigen Zweiräder eindeutig im Vorteil.
Wir haben uns eine Pause in der Sonne verdient! Ein toller letzter Tag unserer Reise. Aber ausziehen, ausziehen wollen wir noch keine Kleidungsschicht.
[Ähm – wir haben keine Bilder von der Kaffeepause! Schande auf unser Haupt!!]
Wir gönnen uns eine lange Pause, jede mit Kaffee und einem kalten Getränk. Und wir schreiben mit Hary aus dem V-Stromforum. Er fährt heute die gleiche Runde wie wir, allerdings in entgegengesetzter Richtung. Wir stimmen uns ab, wo wir uns wohl treffen könnten! Der Jaufenpass oder Sterzing wird es wohl werden, denn er ist im Moment schon auf dem Timmelsjoch.
Brenner und der Jaufenpass
Die Sill begleitet uns die alte Brenner-Bundesstraße hinauf. Oder fließt sie uns etwa entgegen?! 😉
In Harland umfahren wir durch TomTom mal wieder zwei Höfe und vier Garagen – aber immerhin wissen wir nun, dass ab einem gewissen Gefälle die Motorbremse auch im 1. Gang nicht funktioniert. Danke TomTom!
In Brenner an der Grenze ist gefühlt die Hölle los! Ist man wieder einmal vorher durch viele kleine Dörfer gefahren, kommt einem hier der Trubel ganz eigentümlich vor. Hinab nach Sterzing ist es auch immer wieder die Autobahn, und deren Brücken, die mich beeindrucken! Beim ersten Unterfahren einer dieser Autobahnbrücken habe ich fast das Gefühl, ich müsste mich ducken, so niedrig wirkt die Brücke. Durch ein paar Baustellen kommen wir nicht wirklich schnell voran, aber das stört auf dieser Strecke nicht. In Sterzing ist viel Verkehr, aber die Verkehrsführung lotst uns sehr schnell Richtung Jaufenpass hinauf.
Als wir den Jaufenpass hinauffahren, blicke ich immer wieder erstaunt auf meine Straßenkarte vor mir! Diese teilt sich in rote Straßen – also Bundesstraßen-, orangfarbene Straßen, dies sind kleinere Bundesstraße oder größere Landesstraßen, in gelbe Straßen (kleinere Landesstraßen) und weiße Straßen auf. Weiße Straßen sind dann fast die kleinsten und böse gesprochen eher asphaltierte Ziegenpfade. 😉
Der Jaufenpass ist mit den Motorrädern wirklich fantastisch zu fahren und macht eine große Freude, aber das dies eine rot markierte Bundesstraße nach Meran ist, ist fast nicht zu glauben! Eine V-Strom mit Zusatzscheinwerfern kommt uns entgegen und Hary und wir winken uns gefühlt mit beiden Armen gleichzeitig zu! Hary gibt Zeichen, dass er wendet und wir uns auf dem Jaufenpass oben treffen. Wie er es innerhalb von zwei Kehren geschafft hat, wieder hinter uns zu sein, frage ich mich vermutlich noch den Rest des Tages! Das ist technisch unmöglich!
Tolles Treffen auf dem Jaufenpass
Statt uns dort zu treffen, fahren wir also gemeinsam ans Passschild vom Jaufenpass und genießen eine lange Pause in luftiger Höhe. Wir haben viel zu erzählen!
Vom Jaufenpass zum Timmelsjoch
Aber irgendwann müssen wir alle weiter und so trennen sich auf dem Jaufenpass unsere Wege. Wieder winken wir wild, bevor Monika und ich uns auf dem Weg hinab nach St. Leonhard machen.
Wir haben immer noch alle Klamottenschichten an und bereuen dies auch überhaupt gar nicht! Es ist nicht mehr so kalt, aber auch nicht wirklich warm. Die Temperaturen pendeln eher um den mal gerade zweistelligen Bereich und nach den Regentagen zuvor möchten wir es lieber zu warm als zu kalt haben!
Durch das Passeiertal fahren wir relativ gemütlich. Ein großer LKW ist vor uns, den man nicht wirklich sicher überholen kann. Ein Motorrad und ein Porsche überholen diesen wirklich in einer Harakiri Aktion! Das brauchen wir einfach nicht, sicheres Ankommen ist wichtiger.
In Moos biegt der LKW ab und ein vor uns fahrender Transporter setzt auch den Blinker sofort freundlich nach rechts und lässt uns direkt in der ersten Kurve überholen! Wir haben freie Fahrt, die wir auch genießen! Nein, wir rasen nicht, aber wir genießen ohne Verkehr unterwegs zu sein. Es ist immer wieder beeindruckend, wie man zunächst durch eher waldiges Gelände fährt und auf einmal das Timmelsjoch vor sich aufragen sieht!
Anekdoten, die man sich nicht ausdenken kann
Zwischen zwei Kehren dann auf einmal Warnblinker! Ein Auto mit Anhänger steht rechts, ein anderes Auto links und ganz viele Personen und ein Schaf auf der Straße! Keine Ahnung, was die da machen! Grübelnd fahren wir weiter!
Bis zum Tunnel genießen wir die Auffahrt bei kühlen Temeperaturen, aber Sonne bis zum Ende! Hinter dem Tunnel dann die große Überraschung: Die Österreicher haben uns die Aussicht geklaut! Dennoch halten wir am Parkplatz am Passschild und machen ein (weiteres) Erinnerungsfoto.
Ein autofahrendes Pärchen erleuchtet uns mit der Geschichte rund um das Schaf! Denn als sie hinauf gefahren sind, stand diess noch weit oben im Hang und konnte nicht mehr vor, noch zurück! Zu der Zeit standen dort auch schon die Retter mit Seilen und bemühten sich anscheinend, das Schaf irgendwie auf die Straße zu bekommen. Wir konnten zumindest erzählen, dass sie dies geschafft haben, am Stück und lebendig und nicht als Schafsbraten!
Die letzten 100 Kilometer beginnen
Beim Bezahlen an der Mautstation stelle ich mit Erschrecken fest, dass die letzten 100 gemeinsamen Kilometer angefangen habe! Es ist auch ein bisschen Wehmut bei der heutigen Tour dabei, wobei das Wetter alles wett macht!
In Sölden klemmt sich ein LKW vor uns und so sind die nächsten Kilometer bis nach Huben eher gemütlicher Natur! Aufregend macht es dagegen der fönige Wind, der ab und zu in den Baumlücken einen fast vom Motorrad weht!
Ein Erlkönig ist vor uns, und wir rätseln, welche Marke sich unter den abgeklebten und von den Formen her veränderten Chassis befindet.
Während Monika sich langweilt, hänge ich meinen Gedanken nach! Was haben wir nicht alles in den letzten beiden Wochen wieder erlebt! Nur eines ist anders: Es ist warm! 😉 Fast zu warm! Und das nachmittags um 15 Uhr das erste Mal an diesem Tag!
Der letzte gemeinsame Kaffeestopp
In Längenfeld genießen wir dann bei warmem Apfelkuchen unsere letzte gemeinsame Kaffeepause. Es sind mal gerade noch 60 Kilometer bis nach Fiss. Kaum zu glauben, dass die Zeit nun doch so schnell vergangen ist.
Endspurt in die Abendsonne
Wir entledigen uns einer Kleidungsschicht und ziehen die Belüftungsreißverschlüsse der Kombis auf. Auf den ersten Kilometern Richtung Sölden neige ich fast dazu, dies zu bereuen. Es ist zwar wärmer geworden, aber die Menge an Zugluft quer durch die Kombi ist dann doch zu viel des Guten. Also wieder etwas schließen – ja, so geht es!
Die Strecke raus aus dem Ötztal ist freitags nachmittags geprägt von Berufsverkehr und anreisenden Wochenendgästen. Gepaart mit den vielen stationären und mobilen (Gruß an die beiden Polizisten rechts im Gebüsch!) und den Ortsdurchfahrten ist dies erfahrungsgemäß eher Pflicht als Kür. Auch unsere Abstecher über die Bundesstraße bis nach Imst gehört eher zu den unaufregenden Passagen. Die beiden Hubschrauber, die nahezu zeitgleich vor Imst an der Station landen und eben starten, gehören da schon echt zu den Highlights!
Aber hinter Wenns im Pitztal haben wir dann noch einmal die perfekten Kurven hinaus zur Piller Höhe. Die tiefstehende Sonne macht uns das Fahren hier extrem schwer, später im Kaunertal ist es kaum besser. Aber wer nach Westen will, muss eben in die Abendsonne schauen! 😉
In Ried bekommt die CBF für die morgendliche Heimfahrt noch einmal frisches Benzin, bevor es die 11 Kehren rauf nach Fiss geht. Wir parken happy und müde unsere beiden treuen Maschinen in der Garage, wo auch sie sich leise knisternd die besten Geschichten der letzten 14 Tage noch mal erzählen.
Früh geht es ins Bett, immerhin möchte oder muss Monika morgen früh um 7 Uhr schon die Heimfahrt antreten, alleine!
Es war eine faszinierende Reise durch die unterschiedlichsten Regione und die Bundesländer Österreichs. Mal sehen, was wir im nächsten Jahr anstellen können!
Anmerkungen des Tages
Anmerkung 1:
Monika schaut in Gerlos aus dem Fenster, es ist noch echt dunkel hier in den Bergen. Sie fragt sich, in welcher Richtung wohl die Sonne aufgeht. Ich sage ihr: “Im Osten!” Es ist und bleibt eine Bildungsreise und man lernt nicht aus. Sie ist mir sehr dankbar für meinen wertvollen Beitrag am Morgen! 🙂
Anmerkung 2:
Ich bin bei Facebook gefragt worden, ob Monika noch mit mir spricht oder ein Einzelzimmer gebucht hat. Immerhin habe ich Wurzenpass und Nassfeld ausgelassen und sie stattdessen durch den Felbertauerntunnel geschickt! Sie spricht noch mit mir und teilt auch noch ein Zimmer! Ich halte das für großes Glück! 🙂
Anmerkung 3:
Wem ist es aufgefallen? Ein Bundesland haben wir nicht bereist!
Anmerkung 4:
Ich teile gerne, auch die Routen. Diese stehen daher unterhalb der Routen als gpx zum Download bereit. Wer eine ITN benötigt, bitte per Mail melden. Ach ja, und bitte die vielen Wegpunkte im Nirwana selber löschen. 😉 #
Die Route
Bravo – war ja eine tolle Reise!
Wien habt Ihr leider nicht bereist 😉 obwohl es in der Umgebung auch schöne Kurven zu befahren gibt!
Den Nassfeldpass auszulassen, war eine kluge Entscheidung.
Der ist auf der (schöneren) Italienischen Seite nämlich gesperrt.
Oh danke! Dann brauche ich mich nicht mehr zu ärgern!
Liebe Julia , was ich dir noch sagen wollte, ich hatte Hilfe beim drehen am Jaufenpass.
Ein Team hat das Moped mit mir drauf auf der Stelle gedreht
Man hab ich mich gefreut euch zu sehen
Ich Danke für diesen schönen Reisebericht
War schön, mal wieder mit Euch mitzufahren, vielen Dank fürs Mitnehmen. Und Hut ab: bei den Wetterkapriolen hätte ich wahrscheinlich nicht durchgezogen, sondern die Auswege in regenfreie Zonen gesucht … und dann auch noch jeden Abend die kurzweiligen Berichte mit den Fotos veröffentlichen – wow!
Ich freu mich schön auf Eure nächste Tour. 😉
Danke, dass ich dank euch in diesem Jahr doch noch ein bisschen Urlaub mit dem Motorrad und im Ausland “machen” durfte.
P.S. hat sich die “zu kurze” Leiter eigentlich inzwischen aufgeklärt?
Leider nicht….