Letzter Morgen in Elbasan
Guten Morgen Elbasan! Was ich im ersten Moment für Regengeplätscher halte, stellt sich als das großzügige Bewässern der Pflanzen und der Terrasse in unserem Hotel heraus! Ich war mal wieder viel zu früh wach. Wenn ich so in den Spiegel schaue, hätten die Augen und das geknautschte Gesicht noch etwas mehr Schlaf gebrauchen können! Heute heißt es mal wieder zusammenpacken, alles aufs Motorrad zu packen und wir hoffen inständig, dass die Sonne nicht so unerträglich vom Himmel brennt wie gestern.
Wir holen zuerst unsere Motorräder gemeinsam vom Parkplatz und packen sie dann vor dem Hotel schon mal mit unseren Gepäckrollen. Dann wird aber erst einmal gefrühstückt! Wir bezahlen noch schnell und geben das Trinkgeld für die nette Dame, die unsere Wäsche gewaschen hat!
Holprige Abfahrt aus Elbasan
Wir rollen recht pünktlich vom Hotel und halten nach 200 Metern schon wieder. Mein TomTom startet durch und zeigt mir wieder mal den Alexanderplatz in Berlin als ersten Punkt zur Suche nach GPS-Daten. Nun ja, das kann jetzt dauern! Ganz so lang war es dann doch nicht und wir verlassen die Stadt auf dem Weg, auf dem wir sie zwei Tage zuvor befahren haben!
Der Verkehr ist wieder relativ spannend bis zur Umfahrungsstraße. Uns war gestern zu warm zum Tanken, also ist unser erster Stopp heute die Kastrani-Tankstelle auf der rechten Seite. Wir tanken die beiden Damen bis unter die Kante voll und starten geradewegs Richtung Osten, wieder Richtung Ohridsee!
Am Ortsausgang von Mengel überholt mich ein ungeduldiger Albaner und wird 50 m danach von der Polizei rausgewunken! Irgendwie hatte ich es im Urin, dass heute Kontrollen stattfinden.
Ich kann mein Glück kaum fassen. Angenehme 25 Grad wehen durch meine Motorradjacke. So macht das Fahren tatsächlich mehr Spaß als gestern!
Haben wir uns verfahren?
Wo ist eigentlich die katastrophale Bundesstraße von Donnerstagnachmittag, als wir auf Elbasan zugesteuert haben? Haben wir uns Donnerstag noch im Lkw-Verkehr und im beginnenden Regen gequält, so läuft es jetzt fantastisch und die wenigen langsamen Fahrzeuge bis Librazhd lassen sich hervorragend überholen! Es scheint eine neue Umgehungsstraße gebaut zu werden. Viel Bauverkehr und Grundzüge der neuen Straße lassen dies erahnen!
Schon wieder stehen zwei Polizisten am Straßenrand und ich erschrecke mich. Aber sie machen das typisch albanische “Lavazh”, sie waschen gerade ihr Polizeiauto. Etwas weiter sitzt ein Straßenarbeiter unter einem Baum und gönnt sich im Schatten eine Pause. Mal ehrlich, ich habe in den letzten Tagen viele Straßenarbeiter unter einem Baum sitzen sehen.
Auf zum Ohridsee
Hinter Prrenjas wird die Straße bergauf sogar zweispurig und wir kommen wirklich sehr, sehr flüssig voran! Und dann ist er endlich zu sehen – der Ohridsee! Vor Freude und Begeisterung fahre ich am einzigen Aussichtspunkt doch glatt vorbei und hoffe, dass wir in Pogradec noch mal die Chance haben, den See auf unser virtuelles Zelluloid zu bannen.
Wir sind in einer Touristengegend! Die Straßen sind fantastisch ausgebaut, die Hotels rechter Hand sind modern und haben eigene Fußgängerüberwege zum Seestrand. Unser nächstes Ziel ist Pogradec, welches zwar nicht die schönste Stadt hier ist, aber am Sandstrand gönnen wir uns dann doch einen Kaffee.
Pausenzeit am Ohridsee
Monika hasst Espresso und hatte jetzt einfach den kleinsten Milchkaffee der Welt. Wir genießen den kurzen Moment auf der kühlen Terrasse. Nach dem ebenso notwendigen Toilettenstopp komme ich strahlend zu Monika zurück. Ich habe seit Tagen mal wieder auf einer Brille gesessen. Klar, die Hotels hatten normale Toiletten, aber bei allen Kaffeepausen hatten wir bisher Stehklos.
Es geht wieder los
Wir wollen weiter, doch jetzt ist mein Halstuch weg. Ich gehe zum zurück zum Café, da ist es nicht. Ich gehe zurück zum Strand, da ist es nicht. Verzweifelt gehe ich zurück zum Motorrad und nestel an meinem Hals herum. Sehr peinlich! Genau dort, wo es immer ist, ist es auch jetzt, nämlich einfach um meinen Hals gewickelt. Jetzt steht der Weiterfahrt nichts mehr im Weg. Wir biegen von der Promenade rechts ab und stehen an einer relativ steilen Stoppstraße, die nicht einsehbar ist. Rückzug! Wir gehen wie immer auf Nummer sicher und auch hier beschließen wir, dass es eine andere Chance geben wird, auf die Hauptstraße abzubiegen.
Wir verlassen Progradec und fahren Richtung Korca. Es wird warm, aber der Wind bläst angenehm in unsere Richtung. Es läuft flüssig, die Strecke ist aber auch nicht besonders spannend! Neben den trockenen Maisfeldern am Straßenrand sitzen an unzähligen Ständen Bauern und verkaufen ihre Zwiebeln! Und die Kürbiszeit hat begonnen. Denn Kürbisse sehen wir hier das erste Mal am Straßenrand zum Verkauf stehen.
Sightseeing in Korca
Unser nächstes Ziel ist Korca, wo ich ziemlich zentral parken möchte. Wir rumpeln über ausgewaschenes altes Kopfsteinpflaster! So zentral hätte ich es dann auch nicht gebraucht. 😉 Wir nutzen die Chance, das Klein-Paris Albaniens ein bisschen zu erkunden, bevor wir in einer kleinen Bar unsere Mittagspause machen.
Wir gönnen uns Omelett und Waffeln, also nacheinander und jeweils halbe-halbe! Ich habe wirklich lange nicht so leckeres Omelett gegessen. Auf der Toilette dann die nächste Überraschung: Es ist picobello sauber und mit Abstand – mit großem Abstand – die beste Bartoilette unserer Reise!
Kameraausfall
Wir verlassen im hektischen Mittagsverkehr Korca und fahren durch die heiße Ebene Richtung Erseka. Wir kommen wirklich gut voran und ich bin dankbar, dass es zwar warm ist, die Sonne aber nicht so sticht wie gestern. Ab Kamenice kennt mein Navi die Straße dann nicht mehr. Kein Wunder! Sie ist niegelnagelneu und vermutlich noch auf keiner Karte verzeichnet! Auf der Gegenspur sind aber auch schon wieder tiefe Verwerfungen zu sehen. Ich will ja nichts sagen, aber wie kann eine nigelnagelneue Straße schon bereits so zerstört sein! Nach 15 km vor Mollas ist dann urplötzlich Schluss. Es stehen zwei “Durchfahrt verboten”- Schilder links und rechts der Straße und ein kleiner Pfeil weist uns nach links auf eine Verbindungsstraße zur ursprünglichen Strecke.
Wir tanken noch mal die zwei hübschen Damen voll, wer weiß wann es noch mal etwas gibt.
Leider gibt es hiervon keine Bilder, meine Kamera hat unbemerkt den Dienst eingstellt.
Die Straße wird wieder typischer für Albanien. Schlaglöcher wechseln sich mit guten Passagen ab und oftmals ist das Fahren auf der Gegenfahrbahn angenehmer. Hinter Borova muss ich die Kamera wechseln, aus irgendeinem Grund hat der Akku schlapp gemacht.
Abenteuer Endurowandern
Wenige Kurven später macht es sich bezahlt, dass ich wieder Fotos machen kann. War die Straße zuerst eine Rennstrecke, dann typisch albanisch, wird jetzt die ebenso rot markierte Sh75 zur Geländepiste. Sie wird schmaler, dann nur noch einspurig und irgendwann sind wir in dickem losen Gestein!
Wir wühlen uns durch die ersten beiden Passagen und sind froh, die geschafft zu haben! Hätten wir geahnt, dass wir auf der anderen Seite durch mehrere Kehren durch etwas kleineren Schotter wieder bergauf müssen, hätten wir vermutlich unten unsere Zelte aufgeschlagen und auf Hubschrauberrettung gehofft! Da wir aber an der tiefsten Stelle zwischen zwei Baustellen stehen, haben wir die Wahl zwischen Pest und Cholera.
Wir beschließen, die erste Kehre erst einmal gemeinsam zu versuchen, um uns ein Bild davon zu machen, wie steil es ist und wie tief der Schotter ist. Wir sind aber beide nacheinander sehr tapfer durchgekommen, dass war nicht ganz so schlimm wie gedacht. Aber beim Anhalten ist es dann passiert, mir rutscht das Vorderrad weg und da lag sie die Kleine Schwarze!
Es ist aber nichts passiert, ich habe sie wirklich nur im Stand abgelegt. Aber Monika und ich haben sie im ersten Anlauf nicht wieder auf die Füße stellen können. Sofort hat ein albanisches Auto angehalten und mit den zwei Männern stand sie schneller, als wir schauen konnten! Und so habe wir uns dann Kehre für Kehre durch das Geröll gequält und im tiefen Kies uns auch mal wieder gegenseitig geholfen!
Wasser – wir brauchen Wasser
Wir wissen nicht genau, wie wir es geschafft haben, aber irgendwann waren wir oben! Nach feiern wir uns aber nicht zumute. Als wir dann die bereits fertiggestellte Straße mit perfektem Asphalt wieder bergab fahren können, lassen wir es mit ziemlich leeren Augen und Köpfen langsam rollen! Die Trinkwasserquelle rechts ist unsere Rettung. Jacken aus, Arme kühlen, Nacken kühlen und viel, viel trinken! Sind wir schon zu alt für den Scheiß?
Weiterfahrt nach Leskovik
Weiter geht es auf dem nigelnagelneuen Asphalt und so langsam kommt auch mein Gehirn wieder in Gang. Ich kann die Ausblicke wieder genießen und als wir in irgendwo nach Tre Urat abbiegen und noch wirklich wundervolle 10 km bis zur Grenze nach Griechenland haben, fallen mir sogar wieder die riesigen Berge auf der Gegenseite auf!
Griechenland – Land Nummer 8
Am Grenzübergang zwischen Albanien und Griechenland sind alle etwas entspannt. Nichts muss schnell gehen, niemand stresst sich, aber alle sind dabei sehr nett! Wir verabschieden uns von den Grenzbeamten mit den Worten, dass wir uns morgen früh auf dem Rückweg ja wiedersehen!
Wir haben einen Zeitsprunug gemacht mit dem Überfahren der Grenze und sind nun schlagartig 60 Minuten später am Ziel als noch kurz zuvor auf dem Navi angezeigt. Die letzten Kilometer nach Bourazani sind unspektakulär und als wir auf das verlassen wirkende Wildlife Resort zu fahren, hoffe ich wirklich, dass ich das richtige Hotel bei unserer Route markiert habe. Man erwartet uns aber schon, auch wenn wir die einzigen Gäste sind!
Kleinere Reparaturen und dann Feierabend
Wie es ordentliche Reiter machen, werden zuerst einmal die Pferde versorgt. Wir kontrollieren die Reifen, ich fülle etwas Öl nach und klebe absolut fachmännisch den linken Handprotektor. Bei Monika schleift immer für eine halbe Umdrehung das Vorderrad, das macht uns gerade etwas Sorgen.
Auf dem Zimmer dauert es 10 Minuten, bis das warme Wasser läuft, der Pool ist geschlossen, und im Restaurant gibt es auch nur noch das, was irgendwie übrig geblieben ist. Da wir aber eigentlich nur noch Alkohol wollen, ist der Rest auch egal!
Frisch geduscht essen wir also das, was die Küche hergibt und bitten nebenbei noch um eine zweite Bettdecke. Wir sind zwar wie ein altes Ehepaar auf Reisen aber für eine gemeinsame Bettdecke reicht unsere Zuneigung dann noch nicht.
So, und jetzt Kalinìkta, wie der Grieche sagt!
Anmerkungen des Tages:
Anmerkung 1:
Kann mir jemand das albanische System des Busfahrens erklären? Am Straßenrand stehen an allen beliebigen Stellen Menschen, die vermutlich ebenso in alle beliebigen Richtungen möchten! Wann hält dort welcher Bus und woher weiß man, wann welcher Bus dort vorbei fährt. (In Irland hatte ich mich das auch schon mal gefragt.)
Anmerkung 2:
Warum werden eigentlich hier so viele Häuser auf Stelzen gebaut. Kann mir das einer erklären?
Anmerkung 3:
Die Albaner sind wirklich unglaublich gastfreundlich. Am Strand in Pogradec spricht uns ein älterer Herr auf Englisch an, da er über 30 Jahre in Amerika gelebt hat! Er möchte wissen, wie es uns geht und macht Werbung für sein Land.
Anmerkung 4:
Die Albaner sind wirklich unglaublich gastfreundlich. Habe ich das nicht gerade schon mal gesagt? Erwähnenswert ist dabei der nette Pizzabote aus Korca, der uns durch die rumpeligen Gassen der Stadt zu einem kostenlosen Parkplatz geführt hat.
Anmerkung 5:
Die Albaner sind wirklich unglaublich gastfreundlich. Die helfen sogar umgefallenen Motorrädern wieder auf die Beine.
Anmerkung 6:
Sogar das lokale Bier im Hotel bekommen wir mit den Worten vorgesetzt, wir hätten Glück, das wären die letzten beiden Flaschen! Als es mir fast überläuft beim Einschäumen, beschwert sich Monika, ich solle das gute Bier nicht verschütten, es wäre immerhin das letzte.
Die Route:
Hach ist das spannend mit euch! Ja, Albanien hat teilweise was von Norwegen – wäre ich wohl als Nächstes drauf gekommen… Aber echt sehr schön.
Nachdem die Woche sehr stressig war, habe ich mir heute Abend Zeit genommen und bin wieder up to date! Bin schon gespannt, was ihr morgen in Griechenland anstellt… – *grins
Hallo Ihr beiden,
Respekt vor soviel Abenteuerlust. Geröll- und Schotterstrecken sind mir ein Graus, obwohl oder vielleicht deswegen, weil ich auch mal einen Endurokurs gemacht habe. Wir werden jedenfalls keine Freunde mehr. Aber was mich interessiert, ernsthaft, ist, wie ihr euch da gegenseitig helft. Mein Instruktor sagte damals immer nur, helfen kann dir eh keiner, du kommst da durch, darfst nur nicht zu langsam werden.
Euch viel Spaß und alles Gute auf eurer weiteren Reise. Ich bin dabei…
Gaby