Rechthaberei am Morgen
Guten Morgen Meyrueis! Es war kalt heute Nacht im Zimmer, und wir bleiben lange unter unseren Decken liegen. Noch haben wir auch keinen Blick aus dem Fenster gewagt. Die kleine Schwarze ruft mich vom Straßenrand an und fragt, ob alles in Ordnung sei. Es sei schon 7:30 Uhr und noch keine Rolle verzurrt. Sie hat ja so Recht! Wir stehen also dann doch mal auf und starten in den Tag. Nach dem üblichen Beladen der Motorräder gönnen wir uns ein kleines französisches Hotelfrühstück mit direktem Blick auf die Motorräder! Was bleibt, ist unser banger Blick aufs Regenradar. Monika entscheidet sich für und ich mich gegen die Regenkombi. Das Gute daran ist, eine wird mit ihrer Entscheidung Recht haben.
Abfahrt im Regen
Ich hasse es, wenn Monika recht hat. 😉 Aber das würde ich ja nie zugeben! Es fängt natürlich an zu regnen, als wir in Meyrueis um 8:45 Uhr auf die Motorräder steigen. Wir starten aber wie geplant unsere Route und fahren erst einmal genau entgegengesetzt zu unserem heutigen Zielort nach Süden. Über den Gorges du Trevezel fahren wir in einem Bogen nach Dourbie. Trotz des Regens und der beschlagenen Visiere genießen wir die fantastischen Ausblicke über die Cevennen. Wie viel schöner müsste dies noch bei guter Sicht sein.
In dieser Landschaft könnte ich mich tagelang aufhalten! Nach einer knappen Stunde hört der Regen auf und es fährt sich etwas einfacher. Die Ausblicke sind unfassbar. Ist es hinter der einen Kurve noch ein riesiger Gorge, in den man fast nicht hinabblicken kann, ohne dass es einem schwindelig wird, ist es kurz danach wieder die unendliche Weite der bewaldeten Hügel. Es geht über die Straßen hin und her, es geht über irgendwelche Cols kreuz und quer, uns ist warm, was will man mehr!
Erster Kaffeestopp
Irgendwo im Nirgendwoe zwischen D151 und D986 setze ich den Blinker rechts. Es geht noch weiter nach Süden, denn es gibt sicherlich noch ein paar Straßen der Cevennen, die wir noch nicht unter die Räder genommen haben.
Vor Le Vigan tanken wir erst noch mal die Motorräder voll. Direkt hinter dem Ort finden wir dann auch noch ein kleines Restaurant für unsere Bedürfnisse. Es öffnet zwar erst in einer Stunde, aber wir bekommen dennoch auf der Terrasse sehr gerne schon mal einen Kaffee serviert. Die Sonne kommt raus, und wir genießen die wärmenden Strahlen.
Leicht nordwärts
Das Regenradar gibt grünes Licht, so dass Monika ihre Regenkombi auch sicher wieder in den Koffern verstaut. Wir sind am südlichsten Punkt des heutigen Tages, ab jetzt geht es nordwärts. Erst folgen wir der fantastisch ausgebauten D999 bis Pont d’Herault, dann geht es entlang des Flüsschens Herault weiter Richtung Valleraugue.
Habe ich mich eben noch geärgert, dass ich die warme Jacke drunter gelassen habe, erledigt sich dieses Problem in wenigen Minuten. Hui ist das kalt! Am Straßenrand sehe ich – glaube ich zumindest- den ersten freilebenden Dachs meines Lebens. Er muss allerdings irgendetwas total Leckeres zu fressen gefunden haben, er lässt sich durch uns nämlich kein Stück stören! Weiter geht es Richtung Mont Aigoual. Eine Gruppe hochmotivierter Schüler schlurft mit hängendem Kopf ihrem Lehrer beim Wandertag hinterher. Das muss Spaß machen.
Harte Arbeit für die Fahrwerke
Wir verlassen den über 1500 Meter hohen Berg, und auf der Gegenseite müssen die Fahrwerke der Motorräder ganze Arbeit leisten. Es ist eine ganz schöne Schaukelei und Rumpelei, und ich mag mir gar nicht vorstellen, was gerade bei der CBF los ist! Zwei riesige LKW kommen uns entgegen und wir fragen uns, wohin die beiden in dieser Einsamkeit wollen!
Zurück zum Start?
Es ist Punkt 13 Uhr, als wir in Perjuret Richtung Florac abbiegen. Wenn wir genau hier links fahren würden, dann wären wir in 11 Kilometern wieder an dem Hotel, an dem wir vor vier Stunden gestartet sind. Aber was waren das für wundervolle Kurven, da hat sich jeder Meter gelohnt! Wir haben gefühlt seit 140 Kilometern kein einziges Auto oder Wohnmobil vor uns gehabt.
Mittagspause
Es geht weiter nach Florac, wo wir im Stadtzentrum eine gemütliche Pause machen. Eine heiße Suppe tut gut! Am Nachbartisch sitzt ein Motorradfahrer. Er kommt aus Krefeld und ist auf dem Weg Richtung Süden. Wir kommen schnell in ein Gespräch und die Zeit vergeht im Fluge.
Meine Planung sieht von hier aus eigentlich kleinste Straßen bis Le-Pont-de-Montvert vor. Ich entscheide mich aber um und beschließe, dem Tarn noch ein wenig auf seinem Weg zu folgen. Spontan setze ich ein paar Wegpunkte im Navi um.
Kurven ohne Ende
Kurz hinter Florac muss ich schon wieder anhalten. Am Straßenrand steht ein Schild mit irgendeiner Straßensperrung und ich finde die Orte nicht auf der Karte. Für zwei Minuten stehe ich ratlos herum. Da fährt ein netter Franzose mit dem Auto an uns vorbei. Mein strahlendes Lächeln bringt ihn zum Anhalten, und er erklärt mir sehr freundlich, dass unsere Route frei ist und sich die Straßensperrung auf eine kleine Nebenstraße bezieht. Das sind gute Neuigkeiten!
Die wievielte Schlucht ist das eigentlich heute, die wir fahren? Waren wir heute schon mal am Tarn? Oder war das gestern? Wir vergessen im Rausch der Kurven Zeit und Ort.
Ein Straßenschild warnt uns vor der kurvigen Strecke. Sag mal, haben die einen Vogel? Wir fahren seit 200 Kilometern Kurve um Kurve, und genau jetzt wird davor gewarnt?! Hinter jeder dritten Kehre befindet sich ein kleines Rinnsal, das jeweils eine eigene Brücke mit einem eigenen Namensschild besitzt.
In Le-Port-de-Montvert purzelt der Tarn über dicke Steine in kleine Wasserbecken Richtung Tal.
Ist denn schon wieder Pausenzeit?
Wir verlassen die D998 nach links und wir kommen gut voran bis nach Villefort. Am gleichnamigen See machen wir noch schnell einen kurzen Fotostopp, bevor es zur letzten Etappe zu unserem heutigen Ziel geht. In La Bastide finde ich an einer Straßenecke noch ein Hotel mit einer geöffneten Terrasse. Wir machen eine letzte Rast, bevor es dann aber wirklich weiter geht.
Die letzten Kilometer
Lange bleiben wir nicht sitzen, so gemütlich ist die Terrasse dann leider auch nicht. Die D906 auf den nächsten Kilometer bis Langogne hervorragend ausgebaut und wir wissen mit der hohen Geschwindigkeit fast nicht umzugehen. Die bisherigen 250 km des Tages waren ein einziges rechts-links-rechts-links auf kleinen Straßen. Aber wie haben wir das genossen! In Langogne ist es wieder einmal Zeit, die beiden Damen voll zu tanken. Witzig! Wir stehen genau an der Tankstelle, an der wir vor einer Woche schon einmal früh morgens gestanden haben. Diesmal geht es aber nicht Richtung Süden, sondern wir nehmen die N88 Richtung Norden.
Eigentlich hatte ich noch eine Runde entlang am Lac de Naussac geplant Diese lasse ich aber aus, weil wir auf der Hinfahrt dort bereits waren! An einer großen Baustelle pfuschen wir uns bis zur Baustellenampel nach vorne durch. Als die Ampel auf Grün springt, stehen wir also in der Poleposition und kommen gut bis St-Paul-de-Tartas weiter. Jetzt sind es noch ein paar Meter nach rechts, dann biegen wir nach links ab, überholen zwei Traktoren und dann stehen wir.
Schrittempo
Wir haben es quasi pünktlich geschafft, hinter einer großen Kuhherde den letzten Kilometer bis zu unserem heutigen Quartier her rollen zu müssen. Gemütlich trotten die Damen zum Melken. Vielleicht hätte man auch leise dran vorbeifahren können, aber wir haben es nicht eilig und möchten niemanden stressen. Am Gites angekommen werden wir unglaublich herzlich von der Gastgeberin begrüßt. Wir sind die einzigen Gäste und haben den Aufenthaltsraum des Hauses für uns alleine. Wir können uns also hemmungslos ausbreiten, was wir hervorragend beherrschen. Es gibt noch ein Getränk mit der Gastgeberfamilie. Dann genießen wir es aber, ein bisschen auf den Sofas herumzulungern und die Reste vom gestrigen Picknick aufzuessen.
Wenn die Wettervorhersage stimmt, haben wir morgen noch einen schönen, wenn auch kalten Tag vor uns. Der Donnerstag könnte uns dann noch mal eine Herausforderung sein, aber das sehen wir dann morgen abend.
In diesem Sinne, ab unter die Dusche und dann unter die Bettdecke. Gute Nacht!
Anmerkungen des Tages:
Anmerkung 1:
Für diejenigen, die nicht alle Kommentare zu den Beiträgen nachträglich lesen: Ja, meine Klim-Kombi ist im vergangenen Jahr undicht gewesen, sie wurde aber repariert. Aber das Vertrauen in die Kombi ist komplett verloren nur ein Jahr nach dem Kauf. Daher ziehe ich bei Starkregen eine Regenkombi an. Nochmal möchte ich nicht im Nassen sitzen.
Anmerkung 2:
Mir klebt eine Fliege von innen im Visier. Will sie einfach ein Stück des Weges mitfahren oder bin ich zu langsam gefahren?
Anmerkung 3:
Ich habe gestern mein Motorrad vor einem dicken Blumenkübel geparkt. Heute morgen war dieser von städtischen Mitarbeitern weggeräumt worden. Beim ersten Kaffeestopp fällt mir auf, dass mein Blinker abgebrochen ist. Das kann nur dort passiert sein! Aber schwarzem Gaffa-Tape sei Dank, klebt der Blinker wenige Minuten später wieder an seiner Stelle. So langsam sieht die kleine Schwarze aus, als würde sie ohne Gaffa-Tape auseinanderfallen.
Anmerkung 4:
Der letzte Kaffee im Hotel de la grand Halte war einer der schlechtesten unserer Reise. Monika beschreibt ihn recht treffend als “Kaffee von vorgestern, der durch die warme Milch auch wieder mit aufgewärmt wurde”. Wir brauchen jetzt dringend einen Keks oder so, um den eigentümlichen Geschmack wieder loszuwerden.
Die Route
Der Mt. Aigoual ist auch im Sommer windig und eiskalt, das kleine Museum ist einen Besuch wert (sofern es noch existiert) und wenn man die Zeit hat. Die Cevennen waren früher ein von mir geliebtes Ziel, die Ardeche kann da nicht mit. Aber ihr habt es ja immer etwas eiliger. Gute Fahrt noch.
Hey Julia,
Meyrueis ist so ein wunderbarer Ort – wir haben mehrere Urlaube dort verbracht und die unfassbar geniale Landschaft rundum genossen.
Vielen Dank für Eure Eindrücke – jetzt mag ich wieder da hin, ganz dringend …
WAS für eine geniale Tour!!
Wir haben vor Jahren Anjas linken vorderen Blinker nach einem Umfaller auf Schotterwegen geklebt….drei Jahre später haben wir ihn dann gegen einen neuen getauscht, einen Tag später lag das Mopped wieder drauf und der neue war so zerbröselt dass der alte wieder mit Klebeband rankam…. ist bis heute noch dran und das Mopped nicht nochmal draufgefallen. Fazit: Gaffatape schützt vor Umfallern!
Das ist mal eine gute Idee.. zuhause noch mal professionell ‘basteln’ und dann einfach so lassen
Hm? Schon zwei Tage kein Eintrag? Alles OK bei Euch?
Alles bestens, siehe Eintrag gerade eben…. hast du eigentlich gelesen, dass ich die barocca eigens erwähnt habe?
Oh nein! Überlesen! Hehe, aber gut, dass es mir nicht nur allein so geht. Albrecht hat mich für verrückt und seine 650er für “spritzig, bist im nu dran vorbei” erklärt – aber dann war das nicht nur meine Wahrnehmung!