Pyrenäen – Tag 8 – Regenschlacht

Das Rauschen des Regens

Was für eine Nacht! Erst kann ich nicht einschlafen und dann kommen um 2:30 Uhr andere Gäste in das Hotel und zwar so lautstark, dass man das Gefühl hat, sie fühlen sich alleine im Haus. Seit fünf Uhr hören wir zur Abwechslung dann dem Rauschen des strömenden Regens zu! Es regnet nicht, es schüttet aus Kübeln! Was für ein Start in den Tag! Während wir unsere Sachen packen, befragen wir abwechselnd die Straßenkarte, Google Maps und das Regenradar, wie unser heutiger Tag aussehen könnte. Wir müssen alle Optionen ein wenig sacken lassen und packen zunächst einmal vorm Frühstück alle Sachen wasserdicht ans Motorrad.

Das Frühstück ist wirklich fantastisch! Es gibt die “normalen” Dinge wie Wurst, Käse, Brot und Croissants, dazu aber auch typische Sachen aus Spanien. Es gibt Churros mit Schokobrunnen, es gibt Tortilla und es gibt eine riesige Auswahl an verschiedenen Obstsalaten.

Churros am Morgen vertreiben Kummer und Sorgen

Während des Frühstücks ist der Regen weniger geworden. Monika zwängt sich in die komplette Regenkombi, ich aber möchte mir dieses unwürdige Schaupiel ersparen und verzichte auf die Regenhose. Nur die Jacke, die nehme ich schon alleine wegen der wasserdichten integrierten Sturmhaube. Es nieselt tatsächlich nur leicht, als wir Jaca wieder verlassen. Unsere Navigationsgeräte brauchen etwas, bis sie nach dem Start in der Tiefgarage die GPS Sender dieser Welt wiedergefunden haben.

Kleine Schleife trotz Regens

In Sabinanigo halten wir kurz im Kreisverkehr an und beratschlagen uns. Bleibt der Regen so nieselig, dann wäre es für uns okay und wir würden die geplante Route fahren. Oder kürzen wir hier schon ab und fahren geradeaus in Richtung des neun Kilometer langen Tunnel de Petralba? Den Mutigen gehört die Welt! Wir setzen den Blinker links und entscheiden uns für unsere urprüngliche Route. Es geht die N260 nach Norden Richtung Biescas. Witzig, hier sind bereits Orte auf französischer Seite ausgeschildert, die wir vor ein paar Tagen auf dem Weg zum Atlantik durchfahren haben. Sind wir so nah an der Route der Hinfahrt?

Auf dem Weg von Jaca nach Sabinanigo ein ewig langer Radweg mit eigenen Warnleuchten

 

Es geht im Regen hinauf in die Berge

Auf den nächsten Kilometern wird die Nationalstraße dann doch immer kleiner und auch der der Regen wird immer mehr. Teilweise können wir die Kurven nur im zweiten Gang fahren, weil der Regen quer über die Straße läuft. Nun ja, vielleicht war es nicht die klügste Entscheidung, die erste Schleife des Tages nicht einfach abzukürzen. Aber wir lassen uns doch die Laune nicht verderben und rollen durch das Valle die Broto wieder ins Tal hinab. Inzwischen muss ich ab und zu die Füße anheben, so tiefe Pfützen haben sich auf der Straße gebildet.

Tunnel de Cotefablo auf der N260a
Zwischendurch gibt es auch hellere Momente
Ich bin guter Dinge, als wir auf Fiscal zurollen.

Zeit für eine Pause

Ich habe zwar einen kalten Hintern, aber ich glaube, ich habe immerhin noch einen trockenen Hintern! Ich vermute aber mal, dass ich bei der nächsten Pause dann doch mal lieber die Regenhose anziehe. Sicher ist sicher! In Margudgued haben wir ungefähr 100 Kilometer unserer heutigen Etappe geschafft. Wir tanken die beiden Motorräder voll und machen in der Bar der Tankstelle eine lange Pause, um uns auszutropfen. Der Blick auf das Regenradar verheißt nichts Gutes. Während wir unseren wirklich leckeren Milchkaffee genießen, werden aus dem leichten Regen Sturzbäche. (siehe auch Video in den Anmerkungen) Während es so vor sich hin schüttet, treffen wir eine Entscheidung. Wir löschen die eigentliche Route aus den Geräten und planen von der Tankstelle aus den schnellsten Weg zum Hotel. Auch wenn wir abkürzen, es liegen immer noch etwa vier bis fünf Stunden Fahrt vor uns.

Aus gestern noch leeren Flußbetten sind inzwischen ganz ansehnliche Bäche geworden.
Blick auf den Rio Ara mit alter und neuer Tunnelröhre
Tankstopp
Es regnet Sturzbäche
Während es draußen schüttet, sind wir drinnen happy

Regen ohne Ende

Wir sitzen wirklich lange in der Cafeteria der Tankstelle und hören dem Regen zu. An der Lautstärke auf dem Tankstellendach können wir immer erkennen, ob es gerade nur regnet oder mal wieder aus Eimern schüttet. Es ist fast 11:30 Uhr, als wir uns dann doch wieder in die Regenkleidung werfen. Wir haben ja noch ein ganzes Stück Strecke vor uns. Der Regen ist tatsächlich etwas weniger geworden, aber dieses Glück hält nur kurz an. Ich kann ziemlich genau sagen, dass es zwischen 12 Uhr und 12:20 Uhr mal etwas trockener ist und wir durchatmen können. Aber ansonsten ist es eine Mischung aus viel Regen, sehr viel Regen und sehr viel Regen mit orkanartigen Windböen von der Seite. Entgegenkommende LKW werfen uns die Gischt auf die Visiere und die Autos haben ihre Scheibenwischer auf höchster Stufe. Ob es wohl regnet?!

Die Seen und deren Zuflüsse sind ganz schön angeschwollen
Blick auf das verlassen wirkende Arro
Kann es noch schlimmer kommen? Ja, der Nebel hat uns den Rest der Sicht genommen.
Hatten wir erwähnt, dass es heute geregnet hat?
Richtung Graus sieht der Himmel heller aus – gibt es Hoffnung?

Schnauze voll

Es ist kurz nach 1 Uhr, als ich beschließe, dass es mir jetzt gerade im Moment wirklich reicht! Der starke Wind drückt den Regen seitlich in den Helm und die Handschuhe haben schon vor Ewigkeiten ihre GoreTex-Funktion aufgegeben. Hinter Balaguer tanken wir noch einmal schnell die Motorräder voll. Wir finden eine kleine Bar, in der wir das Gefühl haben, mit unseren nassen Klamotten nicht gleich das gesamte Inventar zu ruinieren. Wir gönnen uns eine Tortilla und einen wärmenden Kaffee. Ja, es reicht mit dem Regen, aber die Stimmung, die lassen wir uns doch von so ein bisschen Wasser nicht vermiesen.

Wir sehen sogar schon wieder etwas Landschaft
Toll bemalte Mauer in Castello de Farfanya
Von diesem überbreiten Traktor mit Begleitfahrzeug werden wir einen Moment ausgebremst
Romantisches Plätzchen an einer Bar vor einem Supermarkt
Einfach, aber lecker

Der Regen hört langsam auf, und laut Regenradar sollten wir sogar das große Glück haben, trocken bis in unser heutiges Hotel zu kommen. Wir freuen uns gerade das erste Mal auf die heiße Dusche nachher!

Endspurt nach St. Llorenc

Es sind noch ziemlich genau 100 km bis zu unserem heutigen Etappenziel in St. Llorenc de Morunys. Mir ist kalt geworden bei unserer Pause und ich bin froh, in der Regenkombi dicht eingepackt zu sein! Es geht zügig voran, aber die Straßen sind dementsprechend auch stinklangweilig! Ich gähne mehr als nur einmal herzhaft in meinen Helm. Aber es wird tatsächlich zunehmend trockener und auch die Straßen beginnen abzutrocknen.

Blick auf Ribelles mit der alles überragenden Burg
Hinter Solsona das letzte Fahrbild des Tages, auch der Technik war es zu nass.

Wir lassen Ponts hinter uns und biegen anschließend auf die C26 Richtung Solsona ab. Dort geht es dann ein letztes Mal links ab zu unserem heutigen Zielort. Laut Karte ist dies eine kleine weiße Straße, aber sie ist perfekt ausgebaut. Wir fahren noch durch einen Tunnel und stehen nach einer Rechtskurve auf der Staumauer des Presa de la Llosa del Cavall. Da meine Helmkamera den Betrieb frühzeitig eingestellt hat, mache ich noch einen schnellen Fotostopp.

Selfie am Stausee
Wer mag, kann hier einen 122 Meter Bungee-Sprung wagen
Toller Blick über den See
Von da sind wir hergekommen

Check-In und Technikprobleme

Die kleine Schwarze zuckt kurz beim Starten, springt dann aber problemlos an! Es sind noch zehn wunderschöne trockene Kilometer, bevor wir um 16 Uhr am Hotel ankommen. Direkt vorm Hotel ist allerdings kein Parkplatz frei und so stellen wir die beiden Damen ein Stück oberhalb auf der Straße ab. Mühsam schleppen wir unser gesamtes Gepäck zum Check-In. Der Hotelier fährt just in dem Moment vor und spricht überraschenderweise nahezu fließendes Englisch. Dies ist dann doch einfacher, als wenn wir uns mit unserem Spanisch behelfen müssen. So ist immerhin auch ein Gespräch über den reinen Check-In hinweg möglich. Wir bekommen noch einen Fön zum Trocknen unserer durchweichten Kleidung und gute Tipps für Lokale zum Abendessen. Ob wir bei den Temperaturen noch mal vor die Tür möchten?

Wir wollen noch schnell die Motorräder umparken, da passiert bei der kleinen Schwarzen gar nichts mehr. Die gesamte Beleuchtung geht zwar an, aber sie startet nicht. Nicht mit eingelegtem Gang und nicht im neutralen Gang! Ich hatte den Fehler schon einmal, da trennte die Kupplung nicht richtig durch meine verstellbaren Hebel. Aber diesmal hilft auch dieser Trick nicht. Gott sei Dank geht es bergab und ich kann die Kleine durchs Anrollen wieder zum Leben erwecken! Nach dem Parken teste ich es noch einmal und wieder gibt sie keinen Mucks von sich. Aber jetzt hilft das Verstellen der V-Trac-Hebel und willig springt meine Süße wieder an! Bitte drückt mir die Daumen für morgen und die weiteren Tage.

Endlich im Hotelzimmer, sehr hübsch hier
Wir haben einen Balkon und direkten Blick auf die Motorräder rechts unter den Bäumen

Wir sind heute nach Karte gefühlt einen riesigen Umweg gefahren, aber so viele Mehrkilometer waren es auf den gut ausgebauten und nahezu schnurgeraden Straßen gar nicht. Aber bei dem strömenden Regen war dies definitiv die richtige Entscheidung! Wir verwüsten mit Regenkleidung, den Motorradkombis und allen anderen zu trockenen Sachen in kürzester Zeit das Zimmer und genießen das Faulenzen auf dem Bett. Die heiße Dusche tut gut, nimmt uns aber den letzten Funken Motivation, das Hotel noch mal zu verlassen. Wir futtern einfach alles Essbare aus unseren Tankrucksäcken auf und genießen es, im warmen Zimmer liegen bleiben zu können.

Dann bis morgen!

Anmerkungen des Tages:

Anmerkung 1:

Das Wetter war heute kaputt. Es kam Wasser raus.

Anmerkung 2:

Ja, heute ist wenig passiert. Außer Regen, davon aber reichlich!

Anmerkung 3:

Monika meint morgens, das es ja total gut sei, dass es morgens schon regnen würde. Denn dann könnte man die Regenkombi ja gleich im Zimmer anziehen. Ich verspreche ihr hoch und heilig, mich später einmal darüber zu freuen

Die Route

Bitte beachten, dass die unsere geplante und nicht die gefahrene Route ist.

8_SA_Jaca_St_Llorenz_343  GPX

50 100 150 200 5 10 15 Entfernung (km) (m)
Keine Höhendaten
Name: Keine Daten
Entfernung: Keine Daten
Minimalhöhe: Keine Daten
Maximalhöhe: Keine Daten
Höhengewinn: Keine Daten
Höhenverlust: Keine Daten
Dauer: Keine Daten
 

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7 comments on “Pyrenäen – Tag 8 – Regenschlacht

  1. < Monika meint … dann könnte man die Regenkombi ja gleich im Zimmer anziehen. Ich verspreche ihr hoch und heilig, mich später einmal darüber zu freuen

    Über deinen Satz zum Abschluss hab ich so gelacht. Diese blöden Regentage. Warum können die einem bloß so die Laune verhageln?
    Es macht Spaß, mit euch auf Tour zu sein. In Spanien war ich bisher noch nicht, und so ist es schön, ein paar Eindrücke zu bekommen.
    Gute Reise weiterhin…

  2. Liebe Julia,
    zuletzt schriebst Du hier im November. Da hattest Du grade einen ganzen Korb Zitronen bekommen. Und nun fährst Du wieder! Das freut mich wirklich, wirklich sehr!
    Und, na klar, die Daumen sind gedrückt für stabiles Wetter und….miraculum….miraculum….für die Neigung der kleinen Schwarzen manchmal keinen Mucks machen zu wollen. Es wird alles gut! Die Zitronnen hast Du ja auch hinter Dir gelassen. Hier im Pott ist der herrlichste Spätsommer. Aber, ich kann ja nicht fahren, ich muss ja Daumen drücken Liebe Grüße, Frank

  3. Die Welt ist ein Dorf! Ich habe auf dem Ras-mussen–Blog vom Jan den Link auf eure Seite gesehen, und irgendwie kam mir das eine Motorrad bekannt vor. Wir waren an dem gleichen Tag wie ihr in dem Hotel. Die KTM, die ihr zugeparkt habt, ist meine. Wir sind an dem Tag auch recht nass geworden, an der Holzverkleidung der Hotelzimmerdecke kann man prima die nassen Regensachen zum Trocknen aufhängen…

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