Gut geschlafen im Dardania
Guten Morgen aus Kukes! Wir haben eigentlich ganz gut geschlafen. Das Hotel liegt zwar an der Autobahn nach Kukes, aber die Fenster sind dicht und in der Nacht war tatsächlich nicht so viel los! Früh wie immer wälzen wir uns aus den Betten und starten unser inzwischen routiniertes Morgenprogramm. Waschen, legen, föhnen! Ach nein! Bei uns ist es: waschen, packen, starten!
Wie jeden Morgen packen wir die Rollen auf die Motorräder und kaufen eben noch direkt in dem anliegenden Minimarkt noch den ersten Schwung Wasser für unsere Trinkrucksäcke! Danach bekommen wir vom unvorstellbaren netten Besitzer des Hotels ein für diese Verhältnisse wirklich fantastisches Frühstück vorgesetzt. Alles, was hier auf dem Teller steht, ist regional und Bio, nur bei den Würstchen macht er bezüglich Bio leichte Abstriche!
Ich würde jedem, der in diese Gegend fährt, dieses Hotel absolut empfehlen. Im kommenden Jahr soll sogar noch ein Pool dazu gebaut werden.
Wir starten in die falsche Richtung
Abweichend zur eigentlich geplanten Route umfahren wir heute morgen doch nicht noch eben das Grenzhäuschen zum Kosovo. Die Grenze Richtung Pristinha soll sehr voll sein, die Wartezeit würde unsere Tagesplanung ruinieren. Der offizielle Weg auf die Gegenseite der Autobahn Richtung Kukes ist ein Stück entgegen der Fahrtrichtung die Auffahrt zur Autobahn wieder runter, durch eine schmale Unterführung und im weiten Bogen wieder auf die Autobahn.
Wir müssen tanken und mit fließend händisch und füßisch verstehen wir, dass wir hier mit Visa-Karte bezahlen können. Das ist an den Tankstellen in Albanien eigentlich eher die Ausnahme!
Durch die Region Kukes
Wir fahren einmal quer durch den turbulenten Verkehr von Kukes und sind dann schon auf der SH 31 Richtung Peshkopi. Der Himmel ist etwas zugezogen und wir haben nur 21 Grad! Nach den letzten Tagen fühlt sich das an, als wären wir dem Erfrierungstod nah! Es geht vorbei am Flughafen bei Gostil und plötzlich schlängeln wir uns schon über die ersten Kurven wieder in die Höhe. In den Ortschaften herrscht strenge Geschwindigkeitsbegrenzung, wozu sie einen durch wirklich hohe Betonschweller nahezu zwingen! Es klappert und scheppert ganz ordentlich an unseren Maschinen.
Albanien ist ein Land der Gegensätze.. Wir sehen nigelnagelneue SUVs deutsche Automarken, die an einer der unzähligen Waschanlagen auf Hochglanz gebracht wurden und landwirtschaftliche Geräte, die im westeuropäischen Raum vermutlich nur noch im Museum stehen würden.
In den vielen Kurven zwischen zwei Ortschaften tummeln sich Ziegenhirten mit ihrer Herde und Rudel von Straßenhunden, die in den Müllbergen nach Essbarem suchen und ihre Welpen großziehen.
Wachsam bleiben
Die SH31 ist im Vergleich zu den bisher von uns gefahrenen Strecken fantastisch zu fahren. Aber hier in Albanien darfst du nicht eine Sekunde die Konzentration verlieren, denn die Kurven bleiben relativ eng und hakelig und immer dann, wenn du nicht damit rechnest, ist eben doch ein Schlagloch oder Sand im Weg!
Ich freue mich immer, wenn kein Gegenverkehr unterwegs ist, weil ich dann tatsächlich beide Fahrspuren für meine eigene Fahrlinie zur Auswahl habe. Das würde mir in Österreich nicht einmal im Traum einfallen, hier ist es an der Tagesordnung, die beste Fahrbahn beider Fahrtrichtungen für die eigene Linie zu wählen.
Auf in die Region Diber
In Radomire liegt ein Hund auf der Straße und wirkt wie überfahren! Ich bin heilfroh, als er mir im Vorbeifahren doch mit hochgezogener Augenbraue schläfrig hinterher blickt. Kurz danach steht ein Viehtransporter auf der rechten Seite und vier Schafe mit zusammengebundenen Füßen liegen davor wartend auf ihren neuen Besitzer. Ich bilde mir mal einfach ein, dass sie wohl in ein Alterswohnheim für liebevoll gepflegte Schafe ziehen!
Kaffeezeit
In Kalle machen wir einen Kaffeestopp mit phantastischer Aussicht! Ein junger Mann mit fließendem Englisch bedient uns sehr freundlich um uns dann mitzuteilen, dass er hier eigentlich nur Gast ist, aber der einzige, der auch Englisch sprechen würde.
Hier oben gibt es frisches Quellwasser. Wir dürfen noch mal Wasser mitnehmen, damit wir für das warme Wetter gerüstet sind. Zwei Wasser, den Saft, einen Espresso und das Quellwasser für zusammen 3 Euro – wir sind fast beschämt. Thomas aus Deutschland fährt mit seinem Auto auf den Parkplatz und erzählt uns einen Knopf an die Backe! Nein, uns ist in den Klamotten in der prallen Sonnen nicht warm! Nein, wir wollen auch wirklich nicht weiter! Ja, uns interessieren deine Geschichten sehr!
Auf nach Peshkopie
Irgendwann schaffen wir es uns loszueisen und fahren weiter durch die unendliche Landschaft Richtung Peshkopi. Bald wird die Straße noch breiter und noch besser und ein paar Schüler tauchen am Wegesrand auf und winken uns freundlich zu.
Einkauf in Peshkopi
Am Ortseingang von Peshkopie versuche ich im ersten Supermarkt etwas Brot zu bekommen! Ich werde angeschaut wie eine Außerirdische, muss aber ohne Lebensmittel den Supermarkt wieder verlassen. Am Marktplatz versuche ich erneut mein Glück. Monika und ich halten am Straßenrand! Prompt spricht uns ein junger Albaner an, ob er uns helfen kann. Ich würde Brot suchen, antworte ich! Ja, dann soll ich mal mitkommen, seine Mutter hätte die Bäckerei. 50 m weiter kaufe ich für 70 Cent ein Brot und die ältere Dame freut sich über meine inzwischen drei Wörter albanisch!
Wir verlassen Peshkopi und ich bin nicht wirklich böse drum, dem Stadtverkehr wieder zu entkommen. Wir wurden ja immer vor den albanischen Autofahrern gewarnt. Ich kann mich bisher aber wirklich nicht beschweren. Sie mögen ungeduldig sein und schnell hupen – ich bin auch ungeduldig, aber winke dafür sehr gerne! Wir werden bis auf ganz wenige Ausnahmen sehr bereitwillig vorbeigelassen und immer freundlich gegrüßt!
Im nächsten Ort muss ich sehr schmunzeln. Zwei etwas korpulentere Männer sitzen gemeinsam auf einem Mofa und haben einen Mehlsack auf dem Schoß. Das Losfahren und Gleichgewicht halten scheint sich etwas schwierig zu gestalten!
Auf nach Mazedonien
Wir nähern uns langsam der Grenze zu Mazedonien. Der letzte Ort Albaniens Bllate e Eperme scheint schon etwas wohlhabender zu sein. Es werden überall neue Häuser gebaut und auch ein schwarz in der Sonne glitzerndes Designerhotel zu unserer Rechten deutet darauf hin!
Wir fahren auf die Grenze zu und haben nach wenig Wartezeit die erste der beiden Abfertigungen auch schon geschafft. Voller Euphorie rolle ich an der mazedonischen Kontrollstation am Grenzbeamten erst einmal vorbei. Er nimmt es mit Humor, hält ein kleines Pläuschen und wünscht uns auf unserer Sightseeing-Tour zum Ohrisee viel Spaß!
Македония
Wir sind in Land Nummer sieben: Mazedonien! Was für ein Unterschied zu der Bebauung und Landschaft Albaniens! Es ist viel grüner und die Häuser wirken insgesamt etwas moderner und neuer! Und die Straße! Die Straße R1201 ist der Hammer! Auf den ersten Kilometern kann ich gedanklich noch nicht wirklich loslassen und rechne immer wieder mit einem Schlagloch oder ähnlichem wie in Albanien. Aber je weiter wir Richtung Debar fahren, desto mehr kann auch mein Kopf wieder entspannen.
Debarsee – Debarsko Ezero
Die Kurvenradien sind perfekt und als wir dann den ersten Blick auf den Debarsee werfen können, ist meine Welt in Ordnung! Von meiner Vision eines idyllischen Picknicks am See oder am schwarzen Drim muss ich mich aber leider verabschieden. Denn obwohl mich das Land auf seinen ersten Kilometern ganz anders fasziniert als Albanien, ist hier das Müllproblem noch viel schlimmer. An jeder nur erdenklichen kleinen oder großen Haltebucht liegen Unmengen von Müll und ich habe keine Lust, mich dort eventuell ins Gras setzen zu müssen.
Picknickzeit
Durch völligen Zufall finde ich etwas später eine kleine Sitzgelegenheit, wo wir zumindest in Ruhe picknicken können. Müll gibt es aber auch hier in ausreichender Menge.
Der Ohrid-See
Weiter geht es absolut flüssig über die R 1201 bis nach Struga. Wir scheinen nicht in der ärmsten Gegend Mazedoniens unterwegs zu sein, stehen hier doch modernste Häuser!
In Struga werfen wir einen kurzen Blick auf den Ohridsee. Da der Parkplatz kostenpflichtig ist und wir auf die drohenden Regenwolken schauen, entscheiden wir uns lieber für die Weiterfahrt.
Es geht zurück nach Albanien
Schon ein paar Kilometer später muss ich wieder anhalten, um gefühlt 1,5 Quadratmeter Straßenkarte in die komplett entgegengesetzte Richtung neu zu falten. Es geht wieder Richtung Grenze nach Albanien. Die Straße wird gerade komplett frisch asphaltiert und nur auf den letzten Metern sind die Arbeiter noch mitten bei der Arbeit.
In Gegenrichtung übersieht ein Mercedes die zwei Fräskanten und hüpft gefühlt einen halben Meter weit in den Baustellenbereich.
Die Grenzkontrolle von Mazedonien ist recht einfach beschrieben. An beiden Grenzhäuschen stehen einfach immer nur schwarzen Pfeile mit dem Hinweis, dass man zum nächsten Pfeil weiterfahren soll. Also fahren wir bis zur albanischen Grenzkontrolle und verlieren dort über eine halbe Stunde! Mann sind die heute genau mit jedem Fahrzeug! Selbst mit zwischendurch neu eröffneter zweiter Spur wird es nur unwesentlich besser.
Mühsam auf der SH3
Die ersten Kilometer Richtung Prennjas laufen eigentlich ganz gut, wenig Verkehr und wir können es rollen lassen. Aber das Wetter, das Wetter droht mächtig über uns. Aber dann wird es in Richtung Librazhd immer mühsamer. Erst können wir noch zwei LKW überholen , bis es dann im Ortskern endgültig stoppt! Wir folgen im Schritttempo einem Trauerzug, der auf dem Weg zum Friedhof ist. Ja, der Trauerzug geht tatsählich mitten auf der Bundesstraße!
Neue Herausforderungen
Der Wind wird stärker und die ersten Regentropfen klatschen auf unser Visier. Aber noch ist es so warm, dass die wenigen Tropfen, die es durch die Lüftungsschlitze schaffen, eine willkommene Abkühlung sind! Ich lasse die Füße über den Boden gleiten um zu prüfen, ob die Straßen bei Regen wirklich so glatt sind, wie alle behaupten. Oh ja, das sind sie!
Wir tanken unsere zwei Schönheiten noch mal voll und rollen dann brav dem Navi folgend bis zum Hotel Guri mitten in der Innenstadt!
Für einen kurzen Moment dachten wir, wir hätten es geschafft für heute! Aber dann kam der Weg zum sicheren Motorrad-Parkplatz!
Hotelservice
Ja, dieser Parkplatz ist wirklich sicher. Nicht einmal wir wissen, wie wir dort morgen die Motorräder wieder herausbekommen sollen! Wie soll es dann jemand anders! Im Moment glauben wir, diese 50 m waren die größte Herausforderung der bisherigen Reise! Wie gut, dass wir gleich zwei Nächte hier bleiben!
Wir geben der sehr bemühten Hotelchefin unseren Sondermüll, ach nee, ich meine “die Funktionswäsche”, um sie einmal durch zu waschen! Sie nimmt die Säcke dankend an, wir wissen noch nicht, wann wir unsere Kleidung wiedersehen. Frisch geduscht starten wir dann zu einem ersten Rundgang durch Elbasan.
Elbasan
Wir schlendern ein bisschen entlang der alten Stadtmauer von Elbasan und werfen hier und da mal einen Blick hinter die Mauern. In der Taverna Kala versuchen wir uns an typisch albanischem Essen. Ein Bier darf auch nicht fehlen, aber das kennen wir ja schon aus Kukes. Die Taverne ist eine echte One-Man-Show. Der Koch kocht, bringt den einen Gästen etwas zu essen, nimmt dann unsere Bestellung auf und geht wieder kochen.
Anmerkungen des Tages:
Anmerkung 1:
Ich habe gestern Abend über Facebook noch versucht, eine Info zur R1201 in Mazedonien zu bekommen. Danke an Goran BalkanEro Hartmann, der mir hier noch mal gute Tipps gegeben hat. Zur Route und auch sonst…Du weißt schon!
Anmerkung 2:
Die Grenzüberfahrt in Mazedonien war ja wirklich nett und unkompliziert! Aber dass sämtliche Informationen über dieses Land in mazedonisch und kyrillisch stehen, finden wir sehr nett, hilft uns aber leider keinen Millimeter weiter.
Anmerkung 3:
Gestern auf der Strecke nach Kukes gab es immer wieder Schilder, dass nun drei Kehren kommen, auf Albanisch “3 Kthesa”. Wie viele Kehren vor oder nach diesem Schild kommen, hatte dabei aber eigentlich keine Relevanz. Monika vermutet, es gab einfach einen Sonderposten an verkehrt produzierten Schilder und die wurden dort überall aufgestellt.
Anmerkung 4:
Ich möchte heute noch nicht drüber nachdenken, wo genau unsere Wäsche abgeblieben ist. Aber ich glaube, dass wir morgen unsere Motorräder unter unseren gewaschenen Unterhosen wenden müssen! Es wird mit Sicherheit ein einmaliges Erlebnis.
Anmerkung 5:
Die Route:
Sehr schöne Erfahrung die ihr da habt und in Erinnerung reinmeißelt .
Wäre dir sehr dankbar wenn meinen Synonym bearbeiten würdest und statt BaljanEro BalkanEro schreiben könntest .
Gute Fahrt weiterhin und noch mehr tolle Eindrücke.
Liebe Grüße