Sardinien – Anreise 2 – Schweizer Pässe

Gut geschlafen

Guten Morgen aus dem Südschwarzwald! Wir haben sehr gut und für unsere Verhältnisse auch lange geschlafen. Daher brummelen wir uns erst um 6:30 Uhr ein verschlafenes “guten Morgen” entgegen.

Per WhatsApp erreichen uns von zu Hause Hiobsbotschaften über das Wetter, was in unserer Gegend heute zu erwarten ist. Na, das motiviert ja mal so richtig! Wir lassen uns davon aber nicht abschrecken und freuen uns auf den heutigen Tag. Mehr Angst haben wir, das Licht im noch dunklen Zimmer anzumachen, da wir dann wieder entdecken, was in so zwei Gepäckrollen alles reinpasst und wieder rein passen muss.

Beim Beladen der Motorräder stellen wir fest, dass es über Nacht geregnet haben muss. Weder davon, noch von der über Nacht lange dauernden Hochzeit haben wir etwas mitbekommen. 🙂

Die ersten Kilometer geht es über winzige Straßen und Höhenzüge Richtung Bettmaringen, bevor wir immer an einer wunderschönen Schlucht entlang Richtung Waldshut fahren. Was ein geiles Stück Straße! Wir beschweren uns im Nano-Bereich über die Restfeuchte verbunden mit den Bitumenstreifen, aber das ist wirklich Jammern auf hohem Niveau!

 

kurvige Schlucht
Mega Start in den Tag!

 

Schweizer Gemütlichkeit

Bei Zurzach überqueren wir die Schweizer Grenze und sind ab nun im Land der Geschwindigkeitsbegrenzungen und teuren Strafen! Und so zockeln wir fortan abwechselnd mit 50, 60 oder 80 kmh und können die Schweizer Landschaft in ihrer ganzen Pracht genießen!

 

Schweizer Zoll
Wir verlassen Deutschland…

 

Alte Holzbrücke
Alte Holzbrücke

 

Kein Wunder, dass die Schweizer so entspannt sind. Sonst würde man das mit diesen Einschränkung auch gar nicht ertragen! Ich falle zweimal schlafend vom Motorrad, aber ein Kaffee bei Sins lässt mich die Augen wieder öffnen. Highlight des heutigen Morgens ist eine wunderschöne alte Maschine, die an der Tankstelle mit Sprit gefüttert wird.

 

histrorisches Zweirad
Und sie fährt tatsächlich!

 

Kurz darauf sehen wir endlich die Berge, die richtigen Berge!

 

Alpen am Horizont
Alpen am Horizont

 

Wenn ich den See seh!

Wir fahren in gemütlichem Tempo immer weiter Richtung Zuger See. Die Sonne lugt endlich durch die Wolken und so können wir wunderschöne Ausblicke auf den See genießen. Wir fahren durch Wohnviertel, in denen einem die Bewohner leid tun, wie sie es auf ihren Terrassenwohnungen bei diesem Ausblick aushalten müssen.

 

Motorräder vorm Vierwaldstädter See
Am Vierwaldstädter See

 

Über kleine Sträßchen erreichen wir den Vierwaldstättersee, den wir nun über Kilometer folgen. Auf der einen Seite bin ich nun nicht mehr böse über die Geschwindigkeitsbegrenzung, weil man immer wieder neue Ausblicke, Einblicke und andere Aussichten hat, auf der anderen Seite ist es streckenweise mit 80 km/h unbeschränkt, so dass wir die kurvenreiche Seestraße schon fast so etwas wie genießen können.

 

Vierwaldstädter See
Vierwaldstädter See

 

Mich beeindrucken auch die gigantischen Lawinen- und Felssturz-Verbauungen, die in weiten Teilen die E41 Richtung Altdorf überragen. Etwas verdächtig finde ich, dass der Fahrradweg jeweils außen auf der ehemaligen Route an den Verbauungen vorbei geht! 😉

 

Lawinen-Galerie
Lawinen-Galerie

 

An einer Bushaltestelle halte ich kurz an, damit wir uns noch mal die Beine vertreten müssen. Monika muss ich wecken, sie ist bei dem ständigen 50 km/h fahren tatsächlich auf dem Motorrad eingeschlafen. 😉

Von Silenen bis Wassen folgen wir dem Weg parallel zur Autobahn. Es ist irgendwo zwischen beeindruckend und erschreckend, wie sich die gesamte Infrastruktur in dieses Tal quetscht. Unsere kleine Straße ist mal links oder mal rechts des Tals, wir unterqueren die Autobahn, die Eisenbahntrasse liegt mal unter und mal über uns und über allem spannt sich ein Netz aus Strommasten und Kabeln. Verwirrend, beeindruckend, beängstigend.

 

Tolles Licht, tolle Berge!
Tolles Licht, tolle Berge!

 

Pässe fahren

In Wassen geht es endlich rechts ab Richtung Sustenpass. Nach den endlosen Kilometern mit 60 km/h auf Landstraßen müssen wir fast wieder dran gewöhnen. Wie ging das noch mal mit dem Kurven fahren?!

Wir genießen die vielen langen und weiten Kurven, die engen Kehren und die fast leeren Straßen auf dem Weg zur Passhöhe.

 

Weg zum Sustenpass
Einfach nur fahren, fahren, fahren!

 

Noch mehr Susten
Noch mehr Susten

 

Ein Fotostopp muss sein, aber dann stürzen wir uns schon wieder den Pass hinab Richtung Innertkirchen. Eine Goldwing vor uns beherrscht perfekt, was sonst nur übermotorisierte PKWs können. In den Kurven stehen bleiben und auf der Geraden die gesamte Leistung des Gefährts auf die Straße bringen. So komme ich daran nie vorbei! Ohne Rücksicht auf uns und die anderen sich mittlerweile hinter der Goldwing stauenden Motorradfahrer behält er sein sehr unkameradschaftlichen Fahrstil bei. Erst kurz vor Innertkirchen hat er ein Einsehen und steuert das nächste Café an.

 

Grimsel? Furka? Egal - Kurven!
Grimsel? Furka? Egal – Kurven!

 

Nach dem Susten kommt der Grimsel. Auch hier hält uns lediglich die Geschwindigkeitsbegrenzung davon ab, den beiden Rössern so richtig die Sporen zu geben. Wir werden dennoch von dem einen oder anderen Schweizer überholt, aber vielleicht zahlen Einheimische andere Strafe als wir. Und außer unseren sind auch keines der anderen Motorräder die für eine Reise beladen. Alles Tagesausflügler! Weicheier! 😉

Noch mehr Pässe

An der Staumauer machen wir einen kurzen Stopp, doch werden wir fast vom Winde verweht! Auf der Passhöhe selber ist es dann aber so angenehm, dass wir uns bei tollster Aussicht einen Kaffee gönnen. Hatte ich erwähnt, dass die Schweiz teuer ist? Aber die 4,50 Euro pro kleiner Tasse Cappucchino ist es uns heute einfach wert.

 

Am Grimsel
Am Grimsel

 

In Gletsch biegen wir direkt wieder nach links ab und nehmen uns noch den Furkapass vor, den wir schon während der Abfahrt vom Grimselpass bewundern konnten. Ein obligatorischer Stopp am Bellevue darf nicht fehlen! Wie lange war ich eigentlich nicht hier?! Vom Gletscher sieht man am Parkplatz gar nichts mehr und hässliche Bauzäune verwehren andere schöne Fotos.

 

Furka und Grimsel
Blick auf Furka (links) und Grimsel (rechts)

 

Die Abfahrt vom Furka ist recht beschwerlich. Eine größere Gruppe Harley-Fahrer macht überholen unmöglich, ebenso wie die Nutzung des dritten Gangs. So schleichen wir in endloser Kolonne, bis ich hinter Realp dann doch endlich vorbeiziehen kann.

Nach dem Pass ist vor dem Pass! Also Blinker rechts und ab zum Gotthard. Hinter Mätteli wechseln wir natürlich auf die alte gepflasterte Straße. Das sonnige Wetter, die 25 Grad – diese Chance müssen wir einfach nutzen.

Jetzt aber wirklich der letzte Pass für heute

Oben am Gotthard dann zunächst die Ernüchterung! Willkommen im Mini-Disneyland der Alpen. Zünftige Musik beschallt den Parkplatz, aus rostigen Anhängern werden halbgare Bratwürste verkauft und jedes Souvenir findet auch irgendeinen Abnehmer. Nehmen sich die Leute eigentlich auch Zeit für die schönen Moment hier oben?

 

See am Gotthardpass
See am Gotthardpass

 

Pass-Schild am Gotthard
Das schöne Pass-Schild

 

Weiter geht es die endlosen Kehren bergab. Leider schafft man es kaum, diese fast übereinander liegenden Kurven und Kehren auf ein Foto zu bannen.

 

alter Gotthardpass
Viel zu entdecken: Den Pass, den Alfa vor mir, den Pass auf meinem Navi und Monika im Rückspiegel

 

Alter und neuer Gotthard
Alter und neuer Gotthard

 

Bis Airolo kurven wir uns schwindelig und lassen die Bremsen unserer beiden Lastesel glühen. Ab dort beginnt wieder das, was so hoffnungsvoll in Wassen endete: Das Schleichen durch Ortschaften, immer Richtung Süden. In Biasca biegen wir ein letztes Mal für heute ab, diesmal ins Val die Blenio, Richtung Lukmanierpass. Aber den nehmen wir erst morgen unter die Räder. Für heute ist Feierabend!

 

Feierabend!
Feierabend!

 

Anmerkung des Tages

Anmerkung 1:

Dass uns ein Schweizer Rentner mitten im Ort überholen lässt, weil wir ihn mit 45 kmh durch die Ortschaft jagen, sagt alles über die Entspanntheit und die Ruhe der Schweizer.

Anmerkung 2:

Erinnerung an mich: Öl nachgucken! Habe die kleine Schwarze heute ganz schön getrieben so vollgepackt. Da braucht sie etwas mehr von dem schwarzen Gold.

Anmerkung 3:

Das Wetter ist, wie es einfach ist! Was wurde wir vor dem Wetter heute gewarnt! Und?! Wie war es?! PHANTASTISCH! Wäre es anders gewesen, wäre unsere Route eventuell auch anders gewesen. Aber so hat man uns vollkommen unnötig bange gemacht!

Anmerkung 4:

Heute kein WLAN, aber fast Monatsende! Na, da lasse ich doch mal das Datenvolumen im Roaming so richtig glühen! 😉

Anmerkung 5:

Ich schreibe, ihr googelt. Was ist das für ein Motorrad und in etwa welches Baujahr?

Detail historisches Motorrad
Detail historisches Motorrad

Anmerkung 6:

Das abendliche Ritual des Verkabelns gleicht einer hochwissenschaftlichen Elektriker-Ausbildung.

  • Notebook aufbauen, USB-Hub anschließen, externe Maus und USB-Stick anschließen
  • TomTom-Kamera anschließen, Fotos von Kamera auf den USB-Stick
  • TomTom-Kamera an USB-Mehrfachladegerät anschließen
  • Handy an Notebook anschließen, Fotos von Handy auf USB-Stick
  • Handy an USB-Mehrfachladegerät anschließen
  • Canon-Kamera an Notebook anschließen, Fotos von Canon auf USB-Stick
  • Canon-Ladegerät anschließen, Akku laden
  • Handy als Hotspot einrichten
  • Fotos auf USB-Stick sichten und sortieren
  • Hochladen….

Was würde ich eigentlich auf einem Campingplatz machen? Die ganze Nacht Fahrrad-Strampeln um genug Strom zu erzeugen! 😉

Anmerkung 7:

Ich bin sauer. Habe mir extra einen Adapter “EU to IT” bestellt, damit ich auch alles anschließen kann. Der Adapter passt hier im Tessin aber nicht. Ich rege mich auf! Monika meint nur trocken: “Könnte daran liegen, dass das hier noch nicht Italien ist!” Ach ja: Habe eine Freundin abzugeben, suche Reisepartner für Sardinien! 😉

 

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14 comments on “Sardinien – Anreise 2 – Schweizer Pässe

  1. Hey Julia, was für superschöne Bilder und deine lockere Berichterstattung haben mir kurz vor Ende nochmal den Sonntag gerettet.
    Gute Fahrt ihr Zwei:-)

  2. Das Moped ist das was draufsteht eine “Gnome et Rhone”, haben Flugzeugmotoren und Motorräder gebaut.
    Baujahr irgendwann in den frühen 20ern würde ich schätzen

  3. Liebe Jule,
    wie immer: Ganz lieben Dank für die tollen Berichte und die Fotos aus großartiger Landschaft. Euch beiden weiterhin eine gute Fahrt und gutes Wetter.
    Ganz liebe Grüße auch von Dagmar.

  4. Ich bin verdammt neidisch auf Deine Begenung mit der Gnome et Rhône. Schon alleine die “Lichtmaschine” (ich vermute, die ist nachgerüstet, original hatte die wohl eine Karbidlampe). Ich sehe einen Riemen, das deutet auf eines der ersten Modelle hin.
    Das Modell D hatte schon Kettenantrieb, ich vermute daher, dass es ein Model C ist, das bis Anfang der 1920er gebaut wurde: 500 ccm, ca. 5 PS.
    Menschen, die französisch lesen können finden sicherlich mehr im Netz heraus.
    Warum hast Du nicht einfach den Fahrer gefragt?

  5. Hallo ihr beiden ich bin zufällig über deine Facebook Seite gestolpert sowie auch instagram und deine eigene Internetseite. Ich finde deine Beiträge super leicht und locker geschrieben somit werde ich weiterhin gespannt an deiner Berichterstattung lesen. Ja und zu der Schweiz kann man sagen Schweizer sind eben halt Schweizer ich kenne die Ecke sehr gut da ich einige Freunde in der Ecke habe. Ich wünsche euch beiden erstmal eine gute Weiterfahrt und wir lesen uns mit Sicherheit noch mal. Dankeschön

  6. Einfach geil euren Blog zu lesen. Danke! Uebrigens wir Schweizer zahlen dieselben Bussen wie Ausländer. 😉 Gute Fahrt und geniesst es. Grüsse aus dem Thurgau vom Bodensee.

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