Morgenrot Schlechtwetter droht
Guten Morgen aus Galway. Monika und ich sind heute schon vor dem Wecker wach. Mir geht es heute morgen allerdings nicht wirklich gut, ich habe Kreislauf! 🙁 Im Bett liegend trinke ich schon mal eine ganze Menge Wasser und versuche dann, mit Cola das Stottern meines Motors in den Griff zu bekommen!
Als das Zimmer aufhört zu schwanken, raffen wir uns auf und beginnen unser morgendliches Packritual. Irgendwie ist Monika heute schneller fertig, woher das nur kommt.
Beim Blick aus dem Fenster sehen wir: Nichts! Der Blick in den Hinterhof gibt uns leider keinen Hinweis auf das zu erwartende Wetter! Beim Beladen der Motorräder sehen wir dann am Horizont ein eigentlich wunderschönes Morgenrot. Und kalt ist es geworden! Da muss heute zu Beginn definitiv eine Schicht mehr angezogen werden!
Rund um den Galway Bay
Wir wischen den Morgentau von dem Motorrädern und starten gegen 8:30 Uhr am Hotel Nox in Galway! Die frische Luft tut mir gut und auch der Berufsverkehr heute morgen lässt uns recht einfach Richtung Süden rollen! Die Stadt verabschiedet sich freundlicher als sie uns begrüßt hat.
In Kilcogan biegen wir auf die N67 ab und wollen an Dungaire Castle noch ein Foto schießen. Ein freundliches Schild mit “NO PARKING AT ANYTIME” lässt mich aber den Blinker sofort wieder ausschalten. Typisch für uns machen wir einfach ein paar Meter weiter ein Foto aus der Entfernung. In Kinvarra drehe ich eine Extrarunde um die Kinvarra Bay. Bis hierher ist es fast einer der schönsten Orte unserer Reise!
Burren Nationalpark
Wir fahren ein paar Kilometer Richtung Burren, bevor wir nach links in den gleichnamigen Nationalpark abbiegen!
Der bisher unentspannteste irische Autofahrer fährt vor uns! In den Linkskurven und bei Gegenverkehr nahezu unfähig, das Gaspedal zu finden, fährt er anschließend möglichst zügig uns wieder davon! Da ich heute eh in ein für uns eher gemächliches Bummelzug-Tempo gewechselt habe, lasse ich ihn halt davonziehen!
Die Sonne kommt ab jetzt gerade von vorne und ich erinnere mich daran, dass ich nie wieder morgens Richtung Osten fahren wollte! Sollte uns jetzt ein Fahrzeug entgegenkommen, könnten wir zurecht behaupten, wir haben es nicht gesehen!
In einer vollkommen abgelegenen Kurve machen wir einen kurzen Halt! Fotozeit! Zwei große Traktoren fahren an uns vorbei und ich bin froh, dass wir uns nicht während des Fahrens begegnet sind. Monika meint beim Losfahren, das einmal Hupen “Linkskurve” und zweimal Hupen “Rechtskurve” bedeutet, da sie durch die tiefstehende Sonne absolut nichts sieht und dann einfach mal nach Gehör fährt!
Noch mehr Burren Nationalpark
Wir bummeln weiter gemütlich durch die Gegend und als das Gras mitten auf der Straße weniger wird, scheinen wir auch wieder in belebteres Gebiet zu kommen! Plötzlich ist Monika weg! Links im Rückspiegel nichts, rechts im Rückspiegel nichts! Aber ich hatte aus dem Augenwinkel rechts eine wunderbare Steinwüste gesehen, ich bin mir sicher, sie macht ein Foto! Vorsichtshalber drehe ich um, sehe sie aber da schon wieder ihre Kamera einpacken! Irgendwie kennen wir uns doch schon seit so vielen Kilometern!
Wir fahren auch durch “cycle-event”, sofern ich das Schild am Ortseingang richtig deute!
Auf der Suche nach einem Kaffee in einem Café
Ich beschließe, dass es Zeit für einen Kaffee ist! Nicht, weil ich so viel Durst habe, sondern weil wir schon ein Viertel unserer Tagesetappe hinter uns haben. Wir entscheiden uns, dass das nächste Café unseres ist! In Ballyvaghan suche ich eigentlich das schöne Café mit Meerblick, aber das ist uns heute nicht gegönnt. Nach ein paar Wendemanövern finden wir das Larder Café, wo sich unmittelbar nach uns auch drei irische Motorradfahrer niederlassen! Wir stärken uns bei irischem Apfelsaft und einem unglaublich gehaltvollen Müsliriegel! Aber lecker!
Burren Coast Road
Das Wetterradar besagt, dass wir nass werden, wenn wir auf der Terrasse sitzen bleiben! Also ziehen wir uns schnell an und fahren die Burren coast raod Barren Richtung Black Head. Wir hatten heute morgen die Option, eine Route mit oder ohne diese Küstenstraße zu fahren! Es wäre so schade gewesen, wenn wir genau diese Straße ausgelassen hätten! Wir bekommen ein paar Tropfen ab und geben etwas mehr Gas. Der Vorsprung reicht für ein paar Fotos an Black Head, auch wenn wir nicht einmal die Helme dafür ausziehen. Das drohende Wetter lässt uns schnell wieder auf die Bikes springen und weiterfahren.
Ein Reisebus besetzt mit Rentnern fährt vor uns etwas schnell über eine Bodenwelle und schaukelt mächtig! Ich stelle mir gerade vor, wie die Insassen ihre sieben Sachen und Gebisse alle wieder sortieren müssen und grinse kräftig in meinen Helm!
Über Doolin geht es weiter immer den wild altantic way entlang, denn ein Touristen-Highlight haben wir ja noch auf dem Programm.
Cliffs of Moher
An den Cliffs of Moher verlangen sie 12 € am Touristenparkplatz, damit wir noch die weite Strecke in Motorradklamotten hinauslatschen können! Wir sind dazu zu geizig, denn unfreundlich sind sie auch noch. Wir sparen uns also das Geld und fahren nur zwei Kilometer weiter auf einen kleinen Parkplatz, wo uns ein unglaublich freundlicher Parkplatzwart bis ganz oben an die Klippen fahren lässt! Das nennt man Glück und ich gönne ihm seine 10 € (plus Trinkgeld) von Herzen! Den netten älteren Herrn möchte man als Opa adoptieren!
Schon wieder Pause?
Wir bleiben bei unserem Bummelkurs und stoppen schon 10 km später in Lehinch erneut. Während wir den Surfern bei ihren anfänglichen Versuchen des “Wellenpaddelns” zuschauen, sitzen wir windgeschützt im Beachrestaurant und warten auf unser Essen. Ich habe Lust auf Austern, aber ein halbes Dutzend Austern ist echt kein Mittagessen! Also gibt es Brioche mit Lobster. Ich bewundere Monika, wie sie meine Fischvorliebe so tapfer erträgt! Für sie gibt es Gottseidank Chicken Wings.
Über Miltown Malbay nach Kilkee
Weiter geht es durch Miltown Malbay Richtung Quilty! Bei der Vorbeifahrt an einer Tankstelle fällt mir auf, wie praktisch ich es finde, dass in Irland quasi an jedem Supermarkt eine Tankstelle ist oder an jeder Tankstelle ein Supermarkt! Man muss nur einmal absteigen, kann tanken und gleichzeitig die notwendigsten Dinge einkaufen. Dies ist in Größe und Auswahl nicht mit den Rewe-to-go an Aral-Tankstellen zu vergleichen!
Die Straße vor uns ist hat immer wieder feuchte Stellen, und Pfützen schimmern im Nachmittagslicht. Wir haben wohl wieder alles richtig gemacht, dass wir die Schauer während der Mittagspause abgewartet haben.
Ist heute eigentlich Tag des laufenden Tieres? Mal überquert ein Eichhörnchen die Straße, dann hoppelt etwas Schwarzes vor mir davon und auf einmal sehe ich eine etwas größere Maus über die Straße flitzen! Ich möchte mal gar nicht von den Schwärmen an Staren reden, mit denen wir fast Szenen aus “Die Vögel” nachstellen könnten.
In Kilkee fotografieren wir noch einmal den tosenden Atlantik am Moore Bay.
Abstecher nach Loop Head
Ich ziehe die Kupplung und möchte mein Motorrad starten, aber außer “zurückrollen” passiert erst mal gar nichts. Stimmt ja, man sollte den Zündschlüssel drehen! In dem Moment sehe ich im Augenwinkel auch Monika ein Stück zurückrollen. Ich frage nur: “Zündschlüssel”? Sie nickt! 😉
Kaum fahren wir weiter, verabschiedet sich mein Headset mit den Worten “battery low”! Sie hat eh schon den ganzen Tag viel zu viel geredet und meint jetzt auch noch, englisch reden zu müssen. Dann halt nicht.
Es geht schnurgerade nach Loop Head, bevor wir kurz vor dem Ziel wieder auf kleine Wege abbiegen! An dem Schild nach “Bridges of Ross” biege ich spontan rechts ab. Ein azurblauer Atlantik bricht mit weißer Gischt an den meterhohen Klippen!
Weiter geht es über einen kleinen Damm. Man kann sich hier nur annähernd vorstellen, wie im rauhen Winter die Wellen über die Straße brechen.
Wir haben uns inzwischen daran gewöhnt, dass in den Autos hier die Personen meist auf dem Beifahrersitz sitzen. Als mich aber von der vermeintlichen Fahrerseite ein Hund anlächelt, bin ich doch etwas irritiert!
Windiger Endspurt
Kennt ihr das, wenn man sich winddicht verpackt hat und es an einer Stelle trotzdem reinzieht? Egal wie ich fummel, ziehe und stopfe, der Wind zieht weiter irgendwo an einer Stelle am Hals in den Helm! Es nervt!
Endspurt! Die Route weist noch als Zielpunkt unsere ursprünglich geplante Unterkunft in Kilkee aus. Die Adresse der neuen Unterkunft kennt das Navi leider nicht! Also orientieren wir uns kurz mit Google Maps auf der Karte (it’s so old-school) und ich versuche, im Freiflug unser B&B zu finden!
Wir haben schon 280 km auf dem Tank-Zähler und ich werde etwas nervös, wie weit Monikas CBF noch kommt! Da taucht ein Tankstellensymbol am virtuellen Navi-Horizont auf und ich biege noch schnell nach links ab, um unseren zwei treuen Begleiterinnen ihr Lebenselixier zu spendieren!
Aus Kilrush heraus brauche ich dann noch einen Kreisverkehr mehr, um mich zu orientieren, finde dann aber zielstrebig die R 473 und danach wiederum sogar den richtigen Abzweig nach Killimer! Am B&B fahre ich zunächst vorbei, bis ich auf der Hausrückseite den wunderschönen Wintergarten erkenne. Wir wenden und tuckern leise in die Hofeinfahrt!
Angekommen
Die Inhaberin Bree heißt uns herzlich willkommen und serviert uns sofort einen typisch englischen 5 Uhr Tee im Wintergarten! “Isn’t life beautiful?”, sagt Monika!
Im Wintergarten sind gefühlte 80 Grad und trotz geöffneter Tür kühlt es kaum ab. Da wir hier alleine sind, sitzen wir wenige Minuten später also in unserer langen Unterwäsche im Wintergarten. Das ist nun nicht mehr so British. 😉
Wir klären kurz mit Bree die organisatorischen Themen für morgen, da wir die Fähre nach Tarbert nehmen müssen. Also gibt es um 7:30 Uhr Frühstück! Für den Abend haben wir uns mit Picknick gerüstet und lassen auf uns zukommen, wann wir unser traumhaftes Plätzchen im Wintergarten wieder verlassen!
Wie immer wünschen wir euch eine gute Nacht!
Morgen geht es durch Kerry nach Kenmare!
Anmerkungen des Tages:
Anmerkung 1:
Monika und ich haben in etwa das gleiche Verständnis für Geschichte! Das erklärt auch, warum wir die vielen Sehenswürdigkeiten links und rechts am Straßenrand unbeachtet lassen. Für Monika und mich gibt es drei geschichtliche Zeiträume:
- “Das ist schon lange her.”
- “Das ist schon sehr lange her.” und
- “Ich glaube, das ist noch nicht so lange her!”
Anmerkung 2:
Vielleicht verdeutlicht die etwas überspitzte Darstellung des folgenden Dialogs unser geschichtliches Grundverständnis:
Es trug sich zu an Hadrians Wall.
Ich: “Monika, ich muss mal googeln, was es mit dieser Mauer auf sich hat. ”
Monika: “Das ist der Harians Wall!”
Ich: “Und das bedeutet was?”
Monika: “Ich glaube, das ist was mit Geschichte.”
Anmerkung 3:
Monika meint, mein Motorrad wäre dreckig! Ich weiß schon, warum ich vorne wegfahre. Sonst würde mich ihre dreckige CBF in meinem ästhetischen Empfinden stören. 😉
Anmerkung 4:
Das Wort “bally”, das hier fast jedem zweiten Ortsnamen voran steht, bedeutet Ansiedlung und kommt aus dem Gälischen.
Anmerkung 5:
Es glaubt mir vermutlich keiner, aber ich bin unglaublich hörig! Als ich in Lehinch die Straßenkarte vom Motorrad holen möchte, ruft der Kellner mir den Türcode für die Toilette hinterher. Ganz pflichtbewusst gehe ich also auf Toilette und traue mich nicht mehr, anschließend noch die Motorradkarte zu holen!
Anmerkung 6:
Wer sich heute über die unterschiedlichen Formate der Fotos wundert, tut es mit mir gleich. Die Technik möchte oft nicht so wie ich und leider ist dann abends meine Zeit (und kurz danach auch meine Geduld) begrenzt. 😉
Die Route:
Moin Mädels,
wirklich klasse Fotos und Reiseberichte. Kann mir echt vorstellen, dass es viel Spaß machen würde mit euch zu reisen. Vielleicht solltet ihr mal über eine organisierte Tour „Mädchenmotorrad“ nachdenken. Ich wäre dabei, wenn Termin und Ziel passen.
Ganz grossen Respekt davor, täglich Lust und Zeit auf Fotos und Berichte zu haben. Und dann auch noch toll geschrieben. Danke für‘s Mitreisenlassen.
Gruß
Gaby
Liebe Gaby, danke für dein Lob! Und wenn es mal eine organisierte Tour gibt, dann sage ich Dir mit Sicherheit Bescheid!
Seit Corona war ich nicht mehr beim Friseur, qualifiziert mich das an einer geführten Mädchenmotorrad Tour teilzunehmen?
Joschi Joschmann, das lese ich ja jetzt erst. Sicher, Du dürftest immer teilnehmen! 😉
… Ich würde die Tour vielleicht als Servicefahrzeug begleiten, 😉 und mir dann zwischendurch in aller Ruhe “Geschichte” angucken! Ihr werdet euch also wohl nicht mal Cashel ansehen? *entsetzt ist
Ich musste heute auch viel in den nicht vorhandenen Helm grinsen. Wenn man Jule sehr gut kennt, ist das Ganze noch lebendiger im Kopf!
Ich habe im Moment eh Spaß, weil ich diese Ecke kenne! (inkl. Geschichte!)
ich sag nur: was ist diesem Bett widerfahren? 🙂
Viel Spaß noch euch beiden!
Ich dich auch!
Da gibst du dir solche Mühe mit dem Live-Blogging und ich lese es ein paar Tage später, obwohl ich die Postings gesehen habe.
Da kriege ich fast ein schlechtes Gewissen
Lieber Marcus, es ehrt mich, wen du wegen mir ein schlechtes Gewissen hast. 😉 Wie gut, dass ich nicht seit zwei Jahren für gegenüber eines habe…;-)
In diesem Sinne, bis zum nächsten Fotoshop….;-)
Weißt Du noch, wo genau der Parkplatzopa zu finden war? War das bei Guerin’s Path?
Hallo Ihr 2,
ich bin grad auf diese Seite gestoßen, weil ich überlege, mir eine V Strom zuzulegen.
Die Seite – toll gemacht.
Ich selbst habe seit 1990 den Führerschein und fahre seit 1997 eine GSX 600 f. Aus verschiedenen Gründen habe ich mein Mopped die letzten Jahre ein wenig vernachlässigt, obwohl ich auch gerne Touren gefahren bin. Gaby schreibt oben, dass sie Interesse an einer organisierten Tour „Mädchenmotorrad“ hätte. Falls eine Anfahrt aus dem Rheinland für mich 50 Jährige nicht zu weit wäre, hätte ich auch Interesse. Bisher bin ich fast immer alleine gefahren, weil meine Bekannten keine Moppeds hatten.
Ansonsten wünsche ich Euch weiterhin schöne Reisen und viele Erfahrungen.
Gruß
Nicole
Wie ist der Linksverkehr mit dem Motorrad? Ich fahre selbst nicht mehr aktiv, stelle mir die Umstellung aber spontan anstrengend vor. Mit dem Motorrad muss man ja sowieso immer nochmal mehr aufpassen, als mit dem Auto… Ansonsten: Tolle Fotos <3 Und das Wetter erst!