Der Motorradblog www.600ccm.info hat eingeladen, seine persönliche Tankstellen-Geschichten zum Besten zu geben.
Ein Blogbeitrag über Tankstellen? Ist das Dein Ernst? Was gibt es denn über Tankstellen zu berichten? Aber je länger ich drüber nachdenke, desto mehr Geschichten fallen mir genau zu Tankstellen oder rundum das Tanken ein.
Hier also mein Beitrag zur #blogparade !
Preisfalle, die erste
Wir Motorradfahrer kennen das: die Tageskilometeranzeige klettert stetig nach oben, die Spritanzeige klettert stetig nach unten.
Hat man das Glück, mit einem sparsamen Motorrad oder einem riesigen Tank ausgestattet zu sein, fängt man vor 400 km nicht einmal an, mit der Augenbraue zu zucken. Andere werden aber schon jenseits der 200 km-Marke sichtbar nervös. Um also akutes Schieben des dann nicht mehr motorisierten Zweirades zu vermeiden, nutze ich gerne die nächstbeste auf dem Weg liegende Tankstelle. Dies kann dann mal eine günstige freie, eine Markentankstelle oder auch einfach die teuerste im gesamten Umkreis sein. Ich mache ja vorher keine einwöchigen Studien über die Spritpreisstatistik meines Zielgebietes.
Überhaupt gar nicht verstehen kann ich dann die Diskussionen um möglicherweise 3 Cent Preisunterschied pro Liter im Vergleich zu einer möglicherweise noch auf der Route liegenden Tankstelle. Diskutieren wir hier gerade über ungefähr 45 Cent Mehrkosten für den kompletten Inhalt des Tanks?! Ich weiß ja nicht, wie hoch bei euch die Ausgaben für euer Motorradhobby liegen, aber die Kostentreiber sind definitiv nicht die 45 Cent Preisunterschied von einer Tankstelle zur nächsten.
Wer also lieber mehrere Kilometer Umweg für eine freie Tankstelle in Kauf nimmt oder auch gerne mal am Straßenrand zehn Minuten auf Bezinpreis-Apps schaut, der möge dies heimlich tun oder nicht mit mir mitfahren. Ich bekomme davon allergischen Hautausschlag! 😉
Preisfalle, die zweite
Letztes Jahr auf Sardinien hatte mir irgendwer gesagt, dass es in Italien teurer ist, wenn ein Tankwart einen bedient! Tankwart? Brauche ich nicht, den schicke ich weg! So war zumindest meine naive Annahme.;-)
Und so rollen Monika und ich auf die erste Tankstelle zu und aus Zeitgründen machen wir es wie immer – einer nimmt die linke Zapfsäule, einer nimmt die rechte Zapfsäule. Dass wir selbstverständlich an der einen Zapfsäule den herannahenden Tankwart mit deutlichen Gesten von dem Motorrad vertreiben, kann man sich bildlich vorstellen! Was wir allerdings nicht wussten, dass dennoch der “servizio”-Preis gilt. Und dieser kann bis zu zwanzig Cent pro Liter teurer sein. Und ich gestehe, dass bei diesem Preisunterschied meine Gelassenheit ein wenig schwindet, sich mein Pulsschlag erhöht und ich dies tendenziell für Wucher halte! Man muss den Italienern aber zugute halten, dass die “servizio”-Zapfsäulen deutlich ausgeschildert sind, wenn man denn das Prinzip verstanden hat. 😉
Shitstorm!
Eine sehr heftige Reaktion auf einen Blogbeitrag habe ich wegen meiner angeblich rassistisch herablassenden Bemerkungen über einen italienischen Tankwart bekommen. Der Liter Super kostete dort 1,99 Euro und ich habe für diesen Preis einfach erwartet, das kein kleiner, ölverschmierter und behaarter älterer Mann sondern mindestens das CocaCola Light-Modell mich als Tankwart bedient!
Wer mich kennt, weiß aber, dass dies ausschließlich meine flapsige Art ist! Immerhin habe ich am letzten Wochenende für ein großes Bier in einem Hotel 5,80 € bezahlt! Und dafür war die Bedienung nicht einmal oben ohne! Und auch das ist nicht sexistisch, sondern wäre wiederum ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis gewesen. 😉
Tankstellen-Romantik
Ist Motorradfahren nicht ein wunderschönes Hobby?! Man fährt über die Lande, genießt den Fahrtwind und träumt von einem kleinen schattigen Café -direkt am Wasser gelegen – welches zu seinem italienischen Cappuccino fantastischen selbstgemachten Kuchen anbietet.
Und man träumt und man sucht, den Blick nach links gerichtet, verzweifelt in die nächste Ortschaft starrend, mit einem Wendehals in jede noch so kleine Gasse blickend, bis man irgendwann bereit ist, jedes beliebige am Straßenrand liegende Lokal zu nehmen. Aber auch diese tauchen nicht auf, bis einen der leere Tank, der schmerzende Allerwerteste und der absolute Entzug von Koffein auf direktem Weg zur nächsten Tankstelle treibt.
Im Schatten einer Zapfsäule stehend, dem Geruch von ausgelaufenen Diesel und frisch gezapften Benzin in der Nase, schlürft man miserablen Automatenkaffee und fragt sich, warum man eigentlich seine Träume nicht verwirklicht.
Tankautomaten
Eines der letzten Abenteuer auf europäischen Straßen ist das Tanken an Tankautomaten! Dort kann man die perfekt beschilderten, mit einer simplen EC-Karte zu bedienenden Automaten von den hochkomplexen oder hoffnungslos veralteten Modellen an französischen Landstraßen unterscheiden. Die zweiteren sind echte Diven was die Akzeptanz verschiedener Karten angeht. So kann man wechselweise seine EC-Karte, die EC-Karte seiner Mitfahrer oder die weltweit von verschiedenen Unternehmen angebotenen Kreditkarten in den gierig schauenden Automatenschlitz stecken, die Wahrscheinlichkeit einer positive Rückantwort ist dabei so hoch wie auf einen Lottogewinn!
Dass man bei dieser Art des Glücksspiels selbstverständlich immer zu zweit an einer Säule tankt, versteht sich von selber! Wer weiß, wann man wieder einmal so einen Lottogewinn hat und die entsprechende Karte mit einem beglückenden “Klack” akzeptiert wird?! Aber auch die Herausgabe des anschließenden Tankbelegs wird mir ein immerwährendes Rätsel bleiben. Manchmal liegt der Beleg ohne weitere Kartennutzung im Ausgabeschlitz, manchmal hilft kein Flehen oder Bitten, um an das begehrte bedruckte Papier zukommen.
Umfallera
Ich schiebe mein Motorrad relativ ungerne, wenn ich nebenher laufen muss. Ja, nennt mich “Mädchen” oder “Weichei” – ist aber so. Ich fühle mich sitzend im “Paddelschritt” einfach wohler! Ich will ja keinen Coolness-Wettbewerb gewinnen!
Warum ich aber ausgerechnet an Tankstellen immer wieder auf die Idee komme, das Motorrad bis obenhin bepackt vom Hauptständer zu hieven, während ich daneben stehe, verstehe ich bis heute nicht! Und nicht nur einmal habe ich anschließend das auf mich zufallende Motorrad so gerade noch mit meinem Körper wieder aufrichten können. Ob ich dadurch etwas lerne?!
Ohne Worte….. 😉
Treffpunkt
Was Tankstellen auch zu etwas Besonderem macht: Sie sind nicht zu übersehen, google kennt sie und praktisch sind sie außerdem. Daher sind sie der perfekte Treffpunkt auf Reisen.
– Man kann tanken!
– Man kann vorher Getrunkenes fachgerecht entsorgen!
– Dauert es mal länger, gibt es auch etwas zu essen!
– Es ist trocken und überdacht!
Wie immer sehr schön be- oder auch umschrieben. Man(n) findet sich selbst wieder und auch mir sind 45ct wurscht. Ach Du hast noch die ehemaligen 50ct und jetzt 70ct Türen vergessen und die vielen Eindrücke von Toiletten und (-sch(l)üsseln) 🙂
Hallo Julia, wieder mal ein herrlich erfrischend geschriebener Beitrag von dir. Dazu kann ich eine kleine Anekdote zu Italien hinzufügen. Servizio ist klasse, wenn du keine Lust hast vom bepackten Motorrad abzusteigen. Aber du kannst glauben, wie einem die Augen aufgehen, wenn der Tankwart kommt, den Rüssel in den Tank steckt und er dabei noch genüßlich eine brennende Fluppe im Mundwinkel hat *AAAA*. Mach weiter so.
Guten Morgen! DAS ist ja auch mal eine echte Tankstellen – Geschichte. Ja, ich hätte auch noch Stunden später ungläubig aus meinem Helm starren.
Da fällt mir spontan eine Geschichte aus der Jugend ein. 5 Jungs in einem Renault 4, alle 5 mit mindestens schulterlangen Haaren, gel-gestyled und gefärbt für die samstägliche Zeitvergeudung in der lokalen Disko. Jugend-Sünde halt ..
Ich saß vorne auf dem Beifahrer-Sitz, als wir an der einzigen Tankstelle des Ortes anhielten. Der alte, abgewitterte Tankwart erhob sich schwerfällig aus seinem Stuhl und schwankte, offensichtlich schwerst betrunken, auf uns zu:
“Ohh, ein ganzes Auto voll Madamsen .. Na ihr Hübschen, wo soll’s denn hingehen?”
Der Fahrer, nicht auf den Mund gefallen, antwortete aufreizend im Falsett. “Wir suchen uns ein paar hübsche Jungs für den Abend. Hättest Du Zeit für uns?”
Der Tankwart, der sich mittlerweile am Auto festhalten musste, meinte lallend “Lass mal gut sein, 5 Madamsen sind 2 zuviel..” und steckte die Zapfpistole in den rostigen Renault. Von seiner gut abgerauchten Zigarette fiel ein Stück Asche auf den Boden ..
Alle 5 im Wagen, wieder im Falsett, aber echt entsetzt “Bist Du verrückt – mach die Zigarette aus! Willst Du uns umbringen??”
Der Benzin-Luis knockentrocken: “Keine Sorge, ich bin gut versichert – und um mich selber ist es nicht schade ..”
Der alte Renault brach nach dem Bezahlen alle Beschleunigungs-Rekorde..
Also ich habe erst letzten Freitag ein neues Kapitel in mein Tankstellen-Story-Buch geschrieben, in dem ich mit einem dir wohl bekannten Pizza-Bäcker und Döner-Connaisseur, an einer luxemburgischen Tanke eine Pizza gegessen habe, mit einem Softdrink runter spülte während wir uns über Gott und die Welt unterhalten haben.
Es war in seiner Schlichtheit ein schönes Erlebnis wie auch alles andere an dem Tag zuvor. Doch das fand ja nicht an einer Tanke statt!
Hallo Julia,
ich verfolge deinen Blog nun schon sehr lange und freue mich jedes Mal auf deine neuen Artikel. Und auch in diesem hast du mal wieder bewiesen, wie sehr du selbst solch einen „normalen“ Tankstellenaufenthalt spannend und emotional machen kannst
Ich wünsche dir weiterhin eine gute Fahrt mit deinem Motorrad und genieß die schönen Sommermonate.
Viele Grüße
Thorsten
Hallo Julia, jetzt weiß ich durch deinen Beitrag hier, warum auf dem Weg nach Südfrankreich in Italien ein wortloses Männchen neben mir stand und mich in seiner offensichtlichen Tankstellenmontur beim Tanken meiner V-Strom groß anschaute. ;0)… Ich hatte wohl so eine Servicio-Säule erwischt….
Alles Gute noch eine schöne Saison für dich!
Ich mag nach den über 3300 km und mehr in einer Woche+ bei immer um die 40 Grad und Sonne ohne Ende gerade nicht mehr fahren….. LG Elke
Zu diesem Thema hab ich auch ne kleine Geschichte. Mit nem Kumpel bin ich von hessen nach Karlsruhe mit unseren Suzuki GS500Es unterwegs gewesen. Um in Karlsruhe mit hilfe meines Bruders die Maschinen zu warten. In der nähe von Heidelberg mussten wir Tanken. Die erstbeste war für uns an diesem sonntäglichem Feiertag gut genug. Ich bin grad am Tanken kommt ein Auto dazu und der Fahrer meint mich einparken zu müssen. Wo bekanntlicher weise die wenigsten Motorräder über einen Rückwärtsgang verfügt. Erstmal zahlen und wieder zum Bock. Die Situation immer noch die gleiche. Ne kleine Lücke seitlich von mir war noch frei. Meinen kleinen handlichen Hobel voll bepackt rum rangiert bis ich draußen war. Beim vorbei fahren an eben besagtem Auto viel mir auf das die Fahrerscheibe komplett geöffnet war. Also bin ich erstmal vom Bock abgestiegen und bin zum Auto hin. Ein griff zum Zündschloss. Mit voller Überraschung ergriff ich den Zündschlüssel und zog diesen ab. Ging zu meinem Moped und warf den Autoschlüssel so weit weg wie mir nur möglich. Das anschließende Spektakel hätte ich mir eigentlich gerne angesehen, aber ich wollte doch viel lieber schnell weiter fahren, wir hatten ja noch einige Kilometer zu machen.
Lustig wie unterschiedlich das Thema Tanken doch von jedem erlebt wird und was man dabei auch so alles erleben kann. Ich hab mich bei einigen deiner Geschichten auch etwas selbst wieder gefunden. Sprit brauchen wir Biker um weiter zu kommen, schieben macht da definitiv keinen Spass, doch wenn dann der Preis pro Liter höher als erwartet ausfällt, dann kommt man doch in’s grübeln.
Viel Spass weiterhin auf deinem Bike.
gruss Marco
Vielen Dank für deinen Beitrag zu meiner Blogparade. Sieben Beiträge sind es insgesamt geworden. Herausragendes Merkmal: Deutsche Motorradfahrer scheinen in Italien die größten Probleme mit dem Tankablauf zu haben. 😀
Super geschriebener und informativer Artikel :-). Eine sehr gute Aufstellung. In diesen Blog werde ich mich noch richtig einlesen