Tag 4 – Der wilder Norden und Donegal

Guten Morgen aus Bushmills

Wir haben eigentlich wieder relativ gut geschlafen, auch wenn mich persönlich der Durst geweckt hat! Wir haben gestern wirklich zu wenig getrunken. Wie jeden morgen startet Monika im Bad, ich bleibe noch etwas liegen, um kurz danach hektisch werden zu müssen!

Entgegen unserer Erwartungen ist das Frühstück relativ gut und wirklich liebevoll angerichtet! Ein “guten Morgen” oder ein “bitte” hätten wir uns auch gewünscht, aber wir wollen ja nicht anspruchsvoll werden! Einzig als wir zum Abschied nicht wissen, wo wir den Schlüssel hinlegen sollen und nach uns nach unserem Rufen eine verschlafene Wirtin im Jogginganzug gähnend begrüßt, sind wir dann doch froh, die Taverne zeitnah wieder verlassen zu können!

 

Tolles Frühstück – ganz ehrlich

 

Die Bewertung im Internet sind gar nicht so schlecht, aber vielleicht ist die Vor- und Nachsaison einfach nicht lohnenswert genug!

 

Wir starten mit einer Planänderung

Eigentlich sollte es heute nach Malin Head gehen, dem nördlichste Punkt Irlands! Da die kleine Fähre aber seit dem letzten Wochenende wochentags nicht mehr fährt, wäre unsere heutige Etappe bei über 420 km! Das ist uns dann doch zu viel und wir entscheiden uns, die nördliche Schleife auszulassen!

Wir rollen früh morgens Richtung Portrush! Der Unterschied zum Feiertag von gestern ist deutlich zu spüren! In Port Rush ist Rush Hour und die in Schuluniform gekleideten Kinder werden per Bus oder ihren Eltern zur Schule gebracht! Was ein Trubel!

Die ersten Meter am frühen Morgen – wird es wohl Sonne geben?

 

Blick auf den Nordkanal

 

Ich bekomme in Colerain meinen ersten Koller. Ich glaube, dies ist die erste irische Stadt, durch die wir uns gefühlt von corne bis hinten ganz hindurchquälen müssen. Mein Navi möchte uns direkt nach Limavady lotsen, das passt mir aber nicht in den Kram. So entscheide ich spontan in einem großen Kreisverkehr, freundlich winkend doch nach Castlerock abzubiegen.

 

Einmal Londenderry – und vorbei

In Downhill direkt an der Küste weht Sand über die Straßen und die kleinen Häuser ducken sich unterhalb der Felsen zwischen Bahnlinie und Strand! Wer möchte hier wohnen? Es wirkt fast etwas düster, diese Kulisse unmittelbar neben einem unendlichen Sandstrand.

 

Die Häuser in Downhill werden ihrem Namen gerecht

 

Es dauert noch ein paar Kilometer, bis mein Navi und ich uns wieder verstehen und ich alle erforderlichen Wegpunkte nach meinem spontanen Umwe gelöscht habe.

An der ersten Tankstelle fahren wir erfolglos wieder ab. Wir müssten vorher den Tankbetrag festlegen (nein, nicht das Maximum!), was aber keinen Sinn macht, wenn ich den Tank bis auf den letzten Rest vollstopfen möchte! Ein paar Kilometer weiter nutzen wir die Tankpause direkt, um unsere Wasservorräte an einem Eurospar aufzufüllen.

 

Tankpause vor Eglinton

 

Auf Wiedersehen Nordirland

Weiter geht es auf der A2 Richtung “The walled City”, nämlich Londonderry, wo wir von der Schnellstraße einen tollen Blick auf die Altstadt haben! Ich entscheide mich aber, dass wir uns nicht die Stadt mit der best erhaltenen Stadtmauer Irlands anschauen, sondern auf unserer Route Richtung Letterkenny bleiben. In Bridgend verlassen wir United Kingdom und betreten die Republik Irland!

 

Blick auf Londonderry

 

Ein letztes Bild der typisch gleichförmigen englischen Wohnhäuser

 

Schlagartig ändert sich alles: Ich kann mein Navi wieder von Meilen auf Kilometer umstellen, damit ich auch mit den Geschwindigkeitsbegrenzung wieder klar komme und die Schilder sind ab hier alle auf Englisch und Gälisch! Es ist sehr witzig, beim Gälischen hat man ja nicht mal annähernd eine Ahnung, wie man es aussprechen könnte. Auch die Straßen haben meistens einen besseren Zustand und die ganzen Häuser wirken nobler und die Autos größer!

 

Schilder wieder mit km/h

 

Ein Kaffee und dann der Glenveagh Nationalpark

Wir sehen auch die ersten Hinweisschilder zum WAW – dem “wild atlantic way”. In Manorcunnigham machen wir einen kurzen Photoshop, um die Loughe Swilly Bay uns anzusehen.

 

Blick auf die Bay

 

Eine kleine Kaffeebude lockt uns auf dem Parkplatz an, aber viel dringender ist unser Bedürfnis, den morgendlichen Tee erst mal wegzubringen. Also fahren wir noch ein bisschen weiter bis wir in Kilmacrenan einen kleinen Stopp mit Apple Pie und Kaffee machen!

 

Sieht nicht so einladend aus, war aber ein super Café

 

Da schaut jemand glücklich!

 

Sieht das nicht lecker aus!?

 

Wir biegen ab in den Nationalpark und können uns auf den nächsten 28 km nicht entscheiden, ob wir fahren, fahren und wieder fahren wollen oder fotografieren, fotografieren und noch mal fotografieren! Die Hügel liegen in den Wolken, tiefhängender Nieselregen erzeugt eine besondere Lichtstimmung und die Straße quer durch diese karge Landschaft ist einfach faszinierend.

 

Blick bei der Einfahrt in den Glenveagh Nationalpark

 

Neben karger Landschaft auf bewaldete Passagen

 

Wolkenspiel vor einer schier unendlichen Straße

 

Am Dunlewey Lough machen wir einen echten Fotostop und könnten den Tag hier schon einfach auf der Bank sitzend beenden. Man hört: Nichts, Nichts und Wind!

 

Dunlewey Lough

 

Dunlewey Lough Church (also Kirche an dem Tümpel)

 

Einfach nur sitzen und genießen

 

Wetter hängt in der Luft

 

Ich werde beim Fotografieren fotografiert

 

Die beiden Damen waren auch mit dabei

 

Wild Atlantic Way – wir kommen

Hinter Gweedore biegen wir endgültig ab auf den Wild Atlantic Way ab, oder auf den Slí an Atlantaigh Fhiáin, wie der echte Ire sagen würde. Schon lange gibt es keine englischen Ortsschilder mehr, sondern nur noch einsprachig gälische! Ich glaube aber, wir sind richtig, noch orientiere ich mich am Flughafen Schild von Donegal.

Die Grundstücke hier sind verrückt angelegt.  Wenn zwischen zwei alten Klippensteinen etwas urbar gemacht werden konnte, so steht dort jetzt ein Haus! Und zahlt man in Deutschland viel Geld für eine Felsgartengestaltung, so wird hier der Garten einfach um die vorhandenen Felsen dekoriert. Manche Häuser kauern nahezu hinter ihren Felsen und trotzen den Stürmen des Atlantik! Unsere Straße ist genauso angelegt. Kreuz und quer, rauf und runter windet sie sich zwischen den jahrhunderte alten Felsklötzen.

 

Felsgarten auf irisch

 

Blick auf die Gweedore Bay (glauben wir)

 

Auch unsere beiden treuen Rösser dürfen noch mal mit aufs Bild

 

Kleine Farbtupfer unterbrechen die Felsen und das wenige Grün

 

Blick auf die Bay vor Rutland Island

 

Blcik auf Lough Meela

 

Unsere erste Umleitung

Weiter geht es auf der N56 , bevor in Maas leider die Straße nach Portnoo gesperrt ist. Guter Rat ist teuer! Direkt nach Glenties wollen wir nicht. Ich finde einen kleinen Weg durchs Nirgendwo Richtung Ardara, auch wenn ich zwischendurch mehrfach gezweifelt habe, dass dieser Weg überhaupt irgendwohin führt. In Ardara folgt dann gleich die nächste Straßensperrung, aber hier folge ich einfach den vielen Autos und siehe da, hinter der Baustelle spuckt uns der Ort wieder aus!

 

Blick auf den Gweebarra River

 

Ewige Straßen in der kargen Landschaft…

 

… wechseln sich mit ewigen Straßen am Wald entlang ab.

 

Fotoposing bei Dungloez

 

Auch Fahraufnahmen versuchen wir

 

und zwar gegenseitig

 

Die Umleitung, die gefühlt ins Nirgendwo ging

 

Hinter Ardara biegen wir rechts nach Maghera ab. Dies ist nun nicht mehr der Wild Atlantic way, dafür aber viel spannender! Der Weg wird immer kleiner und immer schmaler, und als das Gras in der Mitte des Asphalts immer mehr wird, zweifel ich langsam, ob wir noch so richtig sind! Aber zu zweit haben wir uns immer noch geholfen und so hoppeln wir fleißig zwischen freilaufenden Schafen weiter den Weg entlang! Immerhin sind hier noch mehrere bewohnte Häuser und die Bewohner werden ja auch irgendwie hierher kommen. Ich siniere vor mich hin, was eigentlich passieren würde, wenn wir jetzt einen Abschleppdienst bräuchten. Ich würde zurecht behaupten, ich habe keine Ahnung, wo wir sind und auf die Frage, was passiert wäre, würde ich antworten, ich bin auf Schafscheiße ausgerutscht! Klingt nicht damenhaft, wäre aber vermutlich die Wahrheit.

 

 

Glengesh Pass, beeindruckend steil

 

Auf dem Weg nach Glencolumbkille

 

Wir können uns nicht sattsehen

 

Slieve League Cliffs

In Glencolumbkille hat uns die Zivilisation wieder und wir fahren in Richtung der Slieve League Cliffs. Jetzt zeigt sich der Vorteil, in der Nachsaison unterwegs zu sein. Der Parkplatzwärter erklärt uns ganz freundlich, dass wir nur ein Parkticket ziehen müssten und dann würde er uns bis ganz oben auf dem Platz fahren lassen! Wir finden es super, zwischen den Wanderern hinauffahren zu können und dennoch oben einsame Fotos schießen zu können.

 

Lough Unna

 

Auf dem Weg zu den Klippen

 

Blick in die Tiefe vom Weg zum Aussichtspunkt

 

Mit 601 Metern mit die höchsten Klippen in Europa

 

Das ist fast drei Mal so hoch wie die Cliffs of Moher

 

Es ist kaum eine Menschenseele hier oben

 

Man hätte auch noch hinauf gehen können – hätte! 🙂

 

Ein bisschen etwas zu Erklärung und ein Wanderweg

 

Das Tillinn Café, welches uns schon auf dem Weg nach oben aufgefallen ist, ist dann unser nächstes Ziel! Es gibt heiße Schokolade in flüssiger Form für die Eine,  und warme Schokolade in Brownieform für die Andere!

 

Super leckerer Brownie

 

Ob mich Monika irgendwann steinigt, weil ich in jeder Pause blogge?

 

Doch noch etwas Regen auf dem Weg nach Donegal

Bei der Abfahrt am Tillinn Café beginnt es zu nieseln, was sich auf den nächsten Kilometern noch etwas steigert. Von einem echten Regen sind wir aber noch weit entfernt. Dennoch klemmen wir den Kopf zwischen die Schultern und lassen die letzten 35 Kilometer des Tages an uns vorüber ziehen.

Auf den letzten Kilometern werden wir doch noch etwas nass

 

Jede Menge Schiffe im Hafen von Killybegs, einem kleinen Naturhafen in der Donegal Bay

 

Donegal ist ein wunderschöner kleiner Ort, den wir uns eigentlich ansehen wollten. Da es aber regnet, das Hotel zehn Minuten Laufweite von der Stadt entfernt ist und zu allem Übel auch noch einen Pool und einen Whirlpool hat, überlegen wir nicht wirklich lange und lassen uns vom warmen Wasser müde blubbern.

OK, vorher verwüsten wir wie jeden Abend noch eben das Zimmer.

 

Es ist jeden Morgen ein Wunder, dass das alles wieder in den Taschen verschwindet

In diesem Sinne: Gute Nacht!

Anmerkungen des Tages:

Anmerkung 1:

Neben Karotten-Schafen gibt es auch Tüpfel-Schafe! Zumindest habe ich das gestern gedacht, als ich weiße Schafe mit regelmäßigen schwarzen Punkten entdeckt habe. Beim Vorbeifahren habe ich allerdings gesehen, dass dieses Schaf über und über mit klettenartigen Kugeln übersät war! Ich glaube, das ist wie Filzen, nur eben direkt am Schaf.

Anmerkung 2:

Bevor es zu meinem gestrigen Beitrag Ärger gibt, natürlich weiß ich, dass wir nicht in Irland, sondern noch in Nordirland waren! Aber für mich ist “Irland” ein Synonym für die irischen Insel.

Anmerkung 3:

Habe ich schon mal gesagt, dass Irland an der gesamten Küste nach Fisch riecht!

Anmerkung 4:

Morgens um 10 Uhr am Eurospar überlegen wir erneut, ob wir es nicht doch nach Malin Head schaffen. Aber es macht einfach keinen Sinn. Unser heutiges Hotel hat einen Pool, und Donegal soll sehr schön sein! Wir sind beide dieser Meinung. Monika meint zwar, dass sie dann heute Abend im Hotel ein wenig Weinen wird. Monika, heul leise!

Anmerkung 5:

Bei unserem ersten Kaffeestopp sagt ein älterer Herr vom Nachbartisch etwas zu uns. Wir schauen uns fragend an und ich sage dann mit der Stimme von der Sendung mit der Maus: “Das war Gälisch!”

Anmerkung 6:

Nach unseren Erfahrungen von gestern, dass eigentlich jedes Castle scheinbar in den letzten tausend Jahren schon verfallen ist, beschließe ich, ab jetzt jeden verfallenen Steinhaufen zu fotografieren! Man weiß ja nicht, ob das nicht auch mal ein Castle war.

Anmerkung 7:

Was haltet ihr eigentlich von Schuluniformen? Ich habe das Gefühl, dass ganz viel viel Stress aus dem Thema Mode, Reichtum der Eltern etc. genommen wird. Oder sind es dann alle uniformierte Clowns?

Anmerkung 8:

Ich nutze im Moment die faltbaren Motorradkarten von Biker & Betten! Ich bin aber nicht wirklich begeistert. Es sind zwar jede Menge Routen eingetragen, aber die Markierung liegen zum Teil auf den Straßennamen und auch die Ortsnamen sind nicht immer zu lesen! Dies macht mitunter die Orientierung etwas schwieriger. Ich glaube, ich bleibe dauerhaft bei den Karten vom Know-how-Verlag.

 

Leider nicht die beste Wahl, ab morgen wieder Know-How-Karte

Anmerkung 9:

Wer durch die Grafschaft Donegal fährt, wird viele weiße Säcke auf den dunkelbraunen Hängen liegen sehen. Hier wird Torf abgebaut, getrocknet und dann entsprechend für die Abholung verpackt.

Anmerkung 10:

Es gibt ihn wirklich: Shwan, das Schaf! Hinter einem Hügel schaut mich urplötzlich ein weißes Schaf mit dunklem Kopf und Hängeohren an und macht exakt das “Shawn-das-Schaf-Mäh”! Ich bin glücklich!

 

Die Route:

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One thought on “Tag 4 – Der wilder Norden und Donegal

  1. Das ist das schöne an Irland, die wenigen gut bekannten klassischen Touristenziele sind fast immer voll, aaber es gibt viel mehr andere und schönere Ecken, wo keiner ist.

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