Tag 10: Es fehlt noch der Süden

Unser letzter Morgen in Kenmare!

Aus zwei müden Gesichtern gucken sich vier kleine Augen an! Während ich einen Pokal für meine dunklen Ringe unter den Augen bekommen würde, hat es Monika leider mit etwas Kopfschmerzen erwischt. Hoffen wir aber mal, dass der draußen recht stürmisch pustende Wind ihr und ihren Kopfschmerzen gut tun wird!

Ich war zuerst im Bad! Während Monika sich anschließend fertig macht, flitze ich wie ein Idiot durchs Zimmer, um meine Rolle gepackt zu haben, bevor sie wieder aus dem Bad kommt! Juhu! Es hat funktioniert! Sie meint, sie würde mich das nächste Mal am Abhang einfach stehen lassen. Wie meint sie das nur? 😉

 

Die gepackten treuen Rösser vor unserem B&B in Kenmare

 

PSSST! Von dem Foto gestern abend weiß Monika nicht! Sie hatte ein Gespräch mit ihrem Tankrucksack! 😉

 

Heute geht es für uns mit einem kurzen Abstecher noch mal in den Süden Irlands, bevor wir uns bei Cork recht zügig auf den Weg nach Norden machen müssen. Das Wetterradar verspricht für heute einen trockenen Tag, und während morgen hier in der Gegend die Welt untergehen soll, schaut es in der Mitte Irlands für uns im Moment auch noch recht gut aus. Trotz kleiner Augen ist die Stimmung also bestens!

Beim Frühstück lassen wir uns nicht ganz so viel Zeit wie an den anderen Tagen, da wir heute wieder fast 400 km zu fahren haben! Die Motorräder sind gepackt und so fahren wir um 8:45 Uhr in Kenmare ab. Es geht über die N71 nach Süden und schon nach wenigen Kilometern steigen wir hinauf zum Caha-Pass! Hui, ist das heute wieder windig!

Morgenstimmung zwischen Kenmare und Bunane

 

Kurzer Stopp am Druid-View hinter Bunane

 

Jetzt wisst ihr auch, warum der Name “Druid-View”!

 

Das Wetter ist ein Traum und die Berge leuchten uns erwartungsvoll entgegen.

 

Kleine Tunnel am Caha-Pass

 

Bei der Abfahrt vom Caha-Pass hat man einen wundervollen Blick in die Bantry-Bay!

 

Rund um die Bantry Bay

Wir fahren rund um die Bantry Bucht und ein Ausblick ist wieder schöner als der nächste. Aber bei dem Wind kann ich keine Hand vom Lenker nehmen zum Fotografieren, und Aussichtspunkte findet man auf der N71 hier auch kaum. Im Augenwinkel taucht ein Schild zu einem Parkplatz auf und ist so schnell weg, wie es da war! Hätte man den nicht vorher ankündigen können?

Da ergibt sich am Straßenrand doch noch die Chance auf einen kurzen Halt. Die Chance müssen wir einfach wahrnehmen.

 

Die Bantry Bay zeigt sich im diesigen Hintergrund

 

Bantry Bay bei Ballylickey

 

wunderschöne Steinformationen

 

Monika und ihre CBF waren auch mit von der Partie

 

Wir fahren vorbei an Caravanparks, an Golfanlagen und Fishing-Centern! Ich glaube, dies sind neben “geduldig sein” die drei liebsten Hobbys der Iren! Ich mache mal eben aus einer Mücke einen Elefanten: Zumindest sieht das Gebilde so aus, was ich mir mit der Hand auf das Visier wische, als ich eine winzige Fliege entfernen möchte. Wie gut, dass die Sonne auch noch so tief steht, dass sie nun nicht nur blendet, sondern mir meinen Elefanten auch als Schatten in mein Gesicht zeichnet.

 

Sprachlos bis Mizen Head

Ein Tier rennt über die Straße und ich fahre vorsichtig, damit es mir nicht vor die Füße läuft. Oha, es ist nur ein Papiertütentier, Glück gehabt! Wir sind auf der Fähre nach Belfast gewarnt worden, dass die irischen Polizisten gerne die Kamerabilder der Helmkamera als Beweis für Geschwindigkeitsübertretung nehmen. Wo sind denn diese irischen Polizisten, die darauf achten!? Ich habe in der ganzen Zeit noch keinen einzigen gesehen.

Hinter Bantry biegen wir auf die R591 nach Durrus ab. Mizen Head ist unser nächstes Ziel.  An einer Wasserstufe in Toormore muss ich wieder anhalten. Mich machen die Eindrücke sprachlos!

 

Friedhof von Bantry in exponierter Lage

 

Nach der großen N71 ist es ein Genuß, wieder auf den kleinen Straßen unterwegs zu sein

 

Auf dem Weg nach Mizen Head hinter Durrus mit Blick auf die Dunmanus Bay

 

Quer über die Insel Richtung Goleen

 

Toormore – Wasserstufe in die Toormore Bay

 

Die Bilder können die faszinierenden Lichtspiele im Wasser gar nicht wiedergeben.

 

Sprachloses Staunen

 

Es geht nun wirklich an den südwestlichsten Punkt Irlands – Mizen Head. Ich bin ein wenig wehmütig, als wir von den Motorrädern steigen. Laut unserem Plan ist dies mehr oder weniger  das letztes touristische Highlight, zumindest was die Küstenregionen angeht. Wir genießen die Aussicht, die Windstille und die angenehmen Temperaturen. Ich hätte heute morgen eher vermutet, dass wir vor Wind nicht einmal die Motorräder sicher abstellen können.

Siebzehn Fotos und einen Kaffee später starten wir wieder in die nächste Etappe des heutigen Tags.

 

Anfahrt auf Mizen Head mit Blick auf die Barley Cove

 

Barley Cove im Vorbeifahren

 

Ausblick am Mizen Head

 

Kaffezeit, lieber noch im Warmen

 

Noch ein Selfie zum Abschied

 

Über die Mizen Scenic Route bis Skibbereen

Es ist so schön, dass ich spontan beschließe, noch die Mizen Scenic Route abzufahren, die vier Kilometer mehr machen heute den Braten auch nicht mehr fett! Türkisblaues Wasser trifft auf weißen Strand! Sag mal, bin ich in die Karibik abgebogen oder was?

 

Abfahrt von Mizen Head wieder nach Osten

 

Wir biegen auf die Mizen Scenic Route ab.

 

Blick nach Crookhaven

 

Mir ist so warm! Es sind fast 19 Grad, diese Temperaturen sind wir von den letzten Tagen nicht mehr gewohnt. Als wir in Skibbereen tanken müssen, muss auch eine Schicht Kleidung ausgezogen werden. Am Reißverschluss meiner Klim-Kombi bin ich auch jetzt schon wieder gescheitert! Lüfte ich mir halt nur mein linkes Bein.

 

Letzte Ausläufer der Roaringwaterbay vor Skibbereen

 

Tankpause

 

Auf großen und kleinen Straßen an der Küste entlang

Wir kommen auf der N71 weiter gut voran, bevor ich ihn Leap noch einmal eine kleine Schleife bis Ross Carbery drehe! In Glandore wäre das Hotel an der Marina zu verkaufen. Für nur 5 Millionen Euro wäre es eures. Hat wer Interesse? Weiter geht es wieder bis Clonakilty über die N71, bevor wir auf die kleine R600 Richtung Kinsale abbiegen. Es hoppelt ganz schön auf dieser Straße, ist aber kein Vergleich zu den gestrigen Straßen bei Slea Head.  Da war die eine oder andere Bodenwelle dabei, die selbst das Wilbers Fahrwerk an seine Grenzen brachte.

 

Hinter Leap auf dem Weg nach Glandore

 

Links und rechts der Straße ist Wasser. Wir sind auf dem Weg nach Clonakilty

 

In Timoleague zieht mich ein altes Gebäude magisch an. Wir müssen also wenden, damit ich das Gemäuer vor meine Linse bekomme. Beim Absteigen kündigt mein Navi einen fast leeren Akku an. WD40 hilft gegen alles, also werden Kontakte, Stecker, Kabel und Timoleague selber gut eingesprüht.

 

An der Timoleague Abbey

 

Timoleague Abbey

 

Mittagspause in Kinsale

Ein kleines Schild warnt vor Mäharbeiten am Straßenrand. Da mir umgehend der Geruch von frischem Grün in die Nase steigt, fahre ich entsprechend langsam und vorsichtig auf Sicht, bis tatsächlich kurz danach der große rote Mähtraktor vor mir erscheint! Danke liebe Iren, da seid ihr sehr umsichtig.

 

Blick auf die Courtmacsherry Bay hinter Burren

 

Es führen immer zwei Wege nach Rom. Als sich die Straße gabelt und beide Straßen nach Kinsale weisen, entscheide ich mich für die rechte der beiden. Nach ein paar Kilometern taucht Kinsales vor uns auf. Ich finde ein süßes kleines Lokal am Straßenrand, wo wir direkt am Hafen unsere Mittagspause machen. Es gibt Baguette und Suppe mit Knoblauchbrot. Ich freue mich jetzt schon auf den Geruch nachher in meinem Helm! Aber gleichzeitig ist es auch ein Abschied vom Atlantik, den wir hier Richtung Cork verlassen.

 

Anfahrt auf Kinsale

 

Unser süßes Restaurant am Hafen

 

Hafen von Kinsale

 

Mir ist langweilig

Ja, es ist ein Abschied vom Altantik, es ist aber auch für die nächsten 80 Kilometer ein Abschied von kleinen kurvigen Straßen auf der grünen Insel. Wir bleiben zwar von Kinsale aus auf der R660 Richtung Cork, diese hat sich aber zur Hauptverkehrsstraße entwickelt und ein stinkender 8-Sitzer-Bus verpestet für Kilometer die Luft! Mir ist jetzt schon langweilig, wie soll dies erst auf der Autobahn werden. Durch Cork hindurch wird es noch mal spannend. 5-spurige Kreisverkehre lassen den Puls nach oben schnellen, aber durch die irische Gelassenheit kommt man sogar stressfrei durch solche Straßen.

Hinter Cork geht es dann schon auf die Autobahn, immerhin müssen wir noch ein wenig Strecke machen, wenn noch Zeit für etwas Sightseeing bleiben soll. An der Mautstation zahle ich brav den einen Euro, der pro Motorrad fällig wird! Was für Unkosten! 😉

 

Wir sind froh, als wir Cork wieder hinter uns lassen können.

 

Fahrn, fahrn, fahrn auf der Autobahn!

 

Es sieht permanent nach Regen aus, aber wir haben Glück und bleiben trocken. Aber kalt ist es geworden, ich friere an den Händen und am Körper, wie gut dass die warme Jacke im Topcase ist! Es ist aber auch zu doof, dass ich an der Mautstation die Handschuhe nicht richtig über die Jacke gezogen habe und nun ständig den kalten Wind bis unter die Achseln spüren konnte.

 

Rock of Cashel

In Cashel haben wir es an der Ausfahrt Nummer 9 geschafft. Wir verlassen die Autobahn! Anschließend fahren wir wieder auf die Autobahn und nehmen die richtige Ausfahrt Nummer 9 Richtung Rock of Cashel. Ähnlich wie beim Ring of Kerry sollten wir Irland nicht wieder verlassen, ohne hier gewesen zu sein! Aber die Leute haben Recht: Schon aus der Ferne beeindruckt mich dieser Bau, oder das, was von ihm übrig ist.

Bei eisigen Wind drehen wir unsere Runden rund um die alten Gemäuer, deren ältestes Teil der Rundturm, von 1101 ist, andere Gebäudeteile aber im Laufe der Jahrhunderte dazu gebaut wurde, dass sie zum einzigartigen Monument irischer Geschichte macht. Auch wir lassen uns in den Bann der Vergangenheit ziehen.

 

Rock of Cashel

 

Sightseeing im inneren des Monuments

 

Beeindruckende Zeugen irischer Geschichte…

 

… aus ganz unterschiedlichen Epochen.

 

Friedhof am Rock of Cashel, die neuesten Gedenksteine weisen aktuelle Daten auf.

 

Ohne Selfie?! Geht gar nicht!

 

Endspurt nach Kilkenny

Aber so imposant es auch ist und so sehr wir wirklich den Aufenthalt hier genießen, so sehr fühlt sich alles nach Heimfahrt an. Daher satteln wir bald schon wieder die Motorräder und fahren die letzten 60 km bis nach Kilkenny, unserem vorletzten Nachtlager in Irland! Dunkle Wolken drohen vor uns und ich bin mir sicher, dass wir doch noch eine Dusche abbekommen! Aber bis auf ein paar Spritzer bleiben wir tatsächlich trocken und rollen um 17:30 Uhr auf den Parkplatz unseres Hotels.

 

Kurz hinter Cashel ist die Welt noch in Ordnung.

 

Dunkle Wolken drohen Regen an.

 

Typisch irisch:deutlich erkennbare Warnung vor Straßenarbeiten

 

Wir stellen die Gepäckrolle an der der Rezeption ab und gönnen uns erstmal ein Feierabendbier! Aus dem Bier wird auch gleich das Abendessen, dann sparen wir uns den kilometerweiten Weg zu unserem Zimmer ein zweites Mal.

 

Wir haben schon schlechter genächtigt.

 

Prost, Guten Appetit und gute Nacht!

 

Wir genießen die heiße Dusche und strecken unsere müden Glieder aus, wir merken die ungefähr 3.500 Kilometer dann auch etwas.

Gute Nacht!

 

Anmerkungen des Tages:

Anmerkung 1:

Ich habe euch vor drei Tagen ein faszinierendes Naturschauspiel vorenthalten. Zweimal hintereinander haben wir den Touchdown-Punkt eines Regenbogens im Meer gesehen. Da sieht man diesen Punkt schon mal und kommt trotzdem nicht an den Topf mit Gold! Aber ganz ohne Spaß, das war schon toll anzusehen, wie der Regenbogen dem Meer entwächst.

Anmerkung 2:

Wir sind begeistert, wie unsere Motorräder bis hierher durchgehalten haben. Monika meint aber, dass Ihre neue CBF noch mit großen Augen über die Welt staunt, die sie auf ihre alten Tage noch sehen darf bzw muss.

Anmerkung 3:

Ich frage mich seit Tagen, warum es überall in Irland zwei getrennte Wasserhähne für kaltes und für warmes Wasser gibt! Am Warmwasser steht immer: Achtung heiß! Warum mischt man es denn dann nicht sofort, wenn man das heiße Wasser alleine nicht benutzen kann?!

Anmerkung 4:

Das folgende Schild steht immer an Baustellen, bei denen per manuellem Schild der Verkehr geregelt wird. Gestern war so ein Schild etwas verwaschen und hing schief. Da sah es eher aus, als würde der Bauarbeiter auf einem Hexenbesen reiten.

 

Der Ritt auf dem Hexenbesen

 

Anmerkung 5:

Seit heute morgen starre ich bei jeder Pause fasziniert auf den Reißverschluss meiner Motorradhose. Der Zip ist eine Schraube, der ist tatsächlich eine Schraube.

 

Eindeutig eine Schraube

 

Anmerkung 6:

Monika ist fertig mit der Welt. Sie hat heute den ersten Seniorenrabatt ihres Lebens bekommen, und dann auch noch ganz ungefragt. 😉

Anmerkung 7:

Auch ich merke, dass mein Kopf umgeschaltet hat auf “ich habe fertig”! Es fällt mir zunehmend schwerer, mir die Eindrücke zu merken und in passende Worte zu fassen.

 

Die Route:

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2 comments on “Tag 10: Es fehlt noch der Süden

  1. Guten Morgen ☕️
    Na das war ja ein Tag. Immer wieder faszinierend, wie toll du das alles beschreibst. 3500 km- na das sind 3500 km Eindrücke. Da wird selbst die Speicherplatte im Kopf langsam voll.
    Weiterhin gute Fahrt

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